Freitag, 28. September 2018

Christliche Islamtheologie als dialogischer Zugang zu wechselseitigem Verstehen

Anja Middelbeck-Varwick: 
Cum Aestimatione
Konturen einer christlichen Islamtheologie

Münster: Aschendorff 2017, 387 S. 
--- ISBN 978-3-402-13169-5 --- 
„Mit Wertschätzung“
gegenüber dem Islam konzipiert
Anja Middelbeck-Varwick in ihrer 
vorliegenden Habilitationsschrift eine christliche Islamtheologie, die eine konfrontative Grundhaltung durch eine dialogische ersetzen möchte. Diese Bereitschaft und Fähigkeit zum
Dialog zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie nicht mehr allein nach universalen Heils-, Wahrheits- und Geltungsansprüchen fragt, sondern, bedingt durch veränderte Verständigungsinteressen, ein wechselseitiges Verstehen befördern möchte (50). 

Nur über eine solche Hermeneutik des wechselseitigen Verstehens kann zu einer positiven Haltung der Differenz gefunden werden, die es erlaubt auch Differenzen in zentralen Glaubensfragen, so beispielswiese die „Jesulogie des Koran“ (149f.) oder die christliche Beurteilung Mohammads, zu behandeln (210). Somit kann gerade die Anerkennung der Differenz als Zeichen der Hochachtung gegenüber dem Dialogpartner gedeutet werden (46).
Ihren Ausgang und ihr Fundament findet diese dialogische Haltung
im Neuaufbruch des II. 
Vaticanums, insbesondere in der „Magna Charta der christlich-muslimischen Beziehungen“, der Erklärung Nostra Aetate (28). Interessant in Bezug auf eine christliche Islamtheologie ist hier die Erkenntnis, dass das Konzil neben sehr wertschätzenden Aussagen über den Islam die beiden größten „offenbarungstheologischen Klippen“ umschiffte: so finden sich weder Aussagen zur Offenbarungsschrift noch zum Propheten Muhammad. Middelbeck-Varwick deutet dieses Schweigen als bewusst inkludierte Leerstelle, die einerseits Raum für weitere Verständigung lässt, andererseits aber, insbesondere beim heutigen Stand der christlich-muslimischen Beziehungen, pointiertere theologische Positionen erfordert (21f.). 


Vor diesem Hintergrund sind die konsequente Betonung des mutualen Inklusivismus bzw. der erkenntnistheoretischen Prämisse, dass Verstehen einerseits stets bedeutet, das zu Verstehende in ein eigenes Vorverständnis zu integrieren (53) und andererseits die Begegnung mit der anderen Religion den eigenen Glauben nie ohne Spuren des Fremden hinterlässt (45) interessante systematische Aspekte des Bandes, da sie einen möglichen Weg für eine derartige weitere Verständigung und Pointierung aufzeigen.
Konkrete Ansatzmöglichkeiten einer solchen weitergehenden Verständigung sieht die Autorin beispielsweise in der christlichen und muslimischen Anthropologie und Ethik. In beiden Religionen wird der Mensch als auf Gott hingeordnet verstanden, weswegen wahres Menschsein-Können anthropologisch in der Anerkenntnis dieser Verwiesenheit auf Gott begründet ist (229f.). 

Die ethische Konsequenz hieraus ist sowohl im Islam wie im Christentum eine Lebensgestaltung, die sich weniger in der Beurteilung konkreter Einzelhandlungen erschöpft, sondern vielmehr darin, den Menschen auf die Gemeinschaft mit Gott auszurichten (358). 
Neben weiteren systematischen Anregungen bietet „Cum Aestimatione“ außerdem detaillierte Studien zu theologischen Einzelfragen und zeigt in der Kombination beider lohnenswerte Felder für die Weiterarbeit an einer christlichen Islamtheologie auf.
Bernhard Kohl / Toronto
Zuerst erschienen in academia.edu

Montag, 24. September 2018

Denis Diderot: Die Spannung von Vernunft und Religion


Denis Diderot (1713-1784):
Die Unterhaltung eines Philosophen
mit der Marschallin de Broglie
wider und für die Religion.

Aus dem Französischen übersetzt
und mit Addenda von Hans Magnus Enzensberger

Berlin: Friedenauer Presse 2018, 30 S.
---
ISBN 978-3-932109-84-3 ---

Der französische Originaltext: hier
Er entstand vermutlich 1776 in den Niederlanden. 
Der kleine Verlag „Friedenauer Presse Berlin“ zeichnet sich dadurch aus, dass seit 1973 Essay-Hefte erscheinen, die wichtige Themen gesellschaftskritisch ansprechen. Es sind nicht selten Kabinettstücke intensiver Auseinandersetzung mit den Grundproblemen des Menschseins.
In dem vorliegenden Essay erleben wir ein Gespräch des atheistischen Philosophen Crudeli mit der ursprünglich nicht genannten Marschallin de Broglie. Hinter Crudeli lugt natürlich der Aufklärer Diderot hervor. Die Marschallin dagegen präsentiert sich als gläubige Katholikin. Ihr versucht Crudeli die Sinnlosigkeit der Religion nachzuweisen, indem er existentiell bohrende Fragen stellt: 

Wieso lohnt es sich, im Diesseits auf vieles zu verzichten, nur damit man unter Umständen eine Belohnung im Himmel erhält? Was würde sich eigentlich im irdischen Leben ändern, wenn man nicht an ein Jenseits glaubte, ja wenn man sogar ohne Glauben leben würde? Und gerade bei einer Weltschöpfung durch Gott kommen heftige Zweifel auf, sofern man diese Geschichte nur logisch weiterdenkt.

Dieser Streit über die Religion geschieht scheinbar ganz oberflächlich mit Scherzen und Anekdoten. Hinter der zur Schau getragenen Leichtfüßigkeit hat die Vernunft zwar nicht die vollständige Oberhand, aber der aufklärende Zweifel fängt an zu wirken …

Um eine Ahnung von der Art dieses Gesprächs zu bekommen, hier ein kleiner Auszug:
Crudeli: „Für Sie ist es ein verlockender Gedanke, sich ein Wesen vorzustellen, das zu Ihren Häuptern wohnt, Sie auf der Erde wandeln lässt und Ihre Schritte festigt. Erhalten Sie sich den hohen Beschützer Ihrer Vorstellungen, der Ihnen zuschaut und für Ihre Handlungen ein Vorbild abgibt.
Die Marschallin: „Sie haben, wie ich sehe, nicht den Ehrgeiz, mich zum Unglauben zu bekehren …
Crudeli: Ich möchte, dass jeder auf seine Weise denkt, vorausgesetzt, dass er mir die meine überlässt. Wer fähig ist, sich von seinen Vorurteilen zu befreien, der hat es nicht nötig, sich aufklären zu lassen.
Marschallin: Glauben Sie denn, dass der Mensch ohne Aberglauben leben kann.
Crudeli: Nein. Nicht, solange er unwissend und ängstlich ist …“
Hans Magnus Enzensberger merkt zu diesem anonym geschriebenen Essay an: Diderot hatte freundschaftliche Kontakte zum russischen Gesandten in Paris und Den Haag und fungierte auch als Mittelsmann der Bildankäufe für die Zarin Katharina II. So nutzte er die Möglichkeit, diesen Essay gewissermaßen in seinen Kunstkommentaren etwas zu verstecken: „Ohne seine italienische Maskerade hätte Diderot es kaum wagen können, seinen Dialog über die Religion zu veröffentlichen. Doch dem Versteckspiel war keine lange Dauer beschieden. Einem Journalisten namens Métra gelang es bald, das Geheimnis zu lüften“ (S. 25). Für Diderot hatte dies jedoch trotz der letzten Jahre des Ancien Régime keine persönlichen Konsequenzen.
Es lohnt sich, diesen originellen Text erneut zu lesen, denn dem Geist der Aufklärung muss angesichts zunehmender Akzeptanz rechtsextremen Gedankenguts unbedingt mehr Gehör verschafft werden.
English Summary
We follow here a conversation between the atheistic philosopher Crudeli and the originally not mentioned Madame Marshal de Broglie. Behind Crudeli we recognize Denis Diderot, the proponent of the Enlightenment. The Marshal, on the other hand, presents herself as a devout Catholic. Crudeli tried to prove her the futility of religion by asking existentially boring questions.
This dispute about religion seems to be superficial with jokes and anecdotes. Reason does not have the complete upper hand, but the enlightening doubt begins to be effective …
It is worth to read this smart text again, because the spirit of the Enlightenment must be given more voice in the face of an increasing acceptance of right-wing extremist ideas.

Weitere Schriften

·     Gründe, meinem alten Hausrock nachzutrauern / Über die Frauen. Zwei Essays.
Aus dem Französischen übersetzt von Hans Magnus Enzensberger.
Berlin: Friedenauer Presse 1992, 32 S.

Diderot beklagt: "Warum habe ich ihn nicht behalten? Er passte mir so gut, dass ich mich ausnahm wie von Künstlerhand gemalt. Der neue, steif und förmlich, macht mich zur Schneiderpuppe? Ich sehe aus wie ein reicher Tagedieb, man sieht mir nicht mehr an, wer ich bin..."

·     Philosophische Schriften (Hg. Alexander Becker)
Frankfurt/M: suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2084,
2013, 281 S.
Infos und Leseprobe:
https://www.suhrkamp.de/buecher/philosophische_schriften-denis_diderot_29684.html

·     Die Nonne. Roman. Frankfurt/M.: Insel TB 1973 (9. Aufl.), 325 S.
Vollständiger Text in „Projekt Gutenberg“:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-nonne-663/1
·     Dies ist keine Erzählung. Aufklärerische Geschichten.
Berlin: Die Andere Bibliothek. Edition Holbach 2018, 240 S.

Details:
https://www.die-andere-bibliothek.de/Extradrucke/Dies-ist-keine-Erzaehlung::756.html
·     Rameaus Neffe. Ein Dialog. Frankfurt/M. Fischer TB, 2008, 160 S.
Mehr: https://de.wikipedia.org/wiki/Rameaus_Neffe
Reinhard Kirste 
 Rz.Diderot-Religion, 25.09.18 


Samstag, 22. September 2018

Miteinander und interreligiös im Kindergarten feiern

Schon länger bemühen sich PädagigInnen aus Wissenschaft und Praxis sach- und kindgemäße Möglichkeiten für das interkulturelle Lernen im Kindergarten bereit zu stellen. Der Don-Bosco-Verlag hat eine ganze Reihe von Materialien dazu veröffentlicht.
Details: hier
Hierher gehören auch interreligiöse Materialien, die besonders Feste und Feiern in den Blick nehmen. In diesem Rahmen erschien bereits 2015:
Naciye Kamçılı-Yıldız / Şenay Biricik / 
Katharina Kammeyer / Claudia Tombrink:     
Kinder feiern Ramadan. Ein interreligiöses Praxisbuch für den Kindergarten
.              
München: Don Bosco 2015, 96 S., farbig illustriert, inklusive einem Downloadcode für Zusatzmaterial wie Bastelvorlagen, bildhafte Erzählvorlagen, Elternbriefe u.ä.

Rezension: hier
Hinzu kamen Praxisanregungen, denen man anspürt, dass sie schon in einer Reihe von Kindergruppen ausprobiert wurden, u.a.: 
Opferfest - Bildkarten zum Erzähltheater/Kamishibai (Frühjahr 2018) --- Rezension: hier

Nun folgt ein weiteres Praxisbuch, das für die Kinder im Kindergarten
geradezu einen Fest-Rhythmus im Laufe des Jahres eröffnen kann: 


--- Viola M. Fromme-Seifert (Erzbistum Paderborn)
--- Naciye Kam
çılı-Yıldız (Universität Paderborn)
--- unter Mitarbeit von Stefanie Poritzki (Kath. Familienzentrum St. Hedwig Iserlohn):
    Miteinander feiern. Die 7 schönsten Feste für interkulturelle Kita-Gruppen
München: Don Bosco 2018, 149 S. 96 S., farbig illustriert, inklusive einem Downloadcode für umfangreiches Zusatzmaterial 


Man erhält hier neben den methodisch übersichtlich dargestellten Praxisanleitungen auch wiederum die wichtigsten Informationen zum gesellschaftlichen bzw. religiösen Hintergrund des betreffenden Festes. Der Schwerpunkt liegt wieder auf Christentum und Islam. In diesem Buch sind es - mit dem Herbst beginnend: Erntedank, Sankt Martin, Weihnachten, Ostern, Ramadan, Opferfest.

Das Zusatzmaterial ist wiederum so konkret praxisorientiert erarbeitet, dass es dazu einlädt, mit Kindern immer wieder ausprobiert zu werden:

Und noch eine schöne Besonderheit aus der "Praxiskiste" - die Gebetskarten im 
interreligiösen Kontext sind sprachlich ganz auf Kindergartenkinder eingestellt:
und ermöglichen entsprechende Körperbewegungenbeim Gebet.


Gebetskärtchen-Set: 32 Karten mit Begleitheft

Beispiel eines Gebetskärtchens und Anleitung
für die Körperbewegung


Material zu Advent und Weihnachten für das Erzähltheater








Mittwoch, 19. September 2018

Leo Trepp: Das Judentum besser verstehen - aus der Vergangenheit lernen



Gunda Trepp: Der letzte Rabbiner. Das unorthodoxe Leben des Leop Trepp.
Darmstadt: Theiss (WBG) 2018, 280 S., Abb., Bibliografie, Glossar

ISBN 978-3-8062-3818-1  (Erscheinungstermin: 11.10.2018)



Verlagsinformation
Leo Trepp war bis zu seinem Tod im Jahr 2010 der letzte Rabbiner, der noch in der Zeit der Nationalsozialisten amtiert hatte. Schon bald nach der Schoah kehrte er regelmäßig nach Deutschland zurück. Er half, neue jüdische Gemeinden zu etablieren, lehrte, trat in einen intensiven interreligiösen Dialog und schrieb das meistverkaufte deutschsprachige Buch zum Judentum.

Leo Trepp: Die Juden. Volk, Geschichte Religion [1987 u.ö.].
Reinbek b. Hamburg: Rowohlt TB 1998, 414 S. --- Rezension: hier


Frei von Schuldzuweisungen unterhielt er Zeit seines Lebens einen Dialog mit jungen nichtjüdischen Deutschen. Die neue Generation trug für ihn, wenn auch keine Schuld, so doch die hohe Verantwortung, aus der Vergangenheit zu lernen, um in der Gegenwart richtig zu handeln. Dazu gehörte aus Trepps Sicht auch, sich aktiv Wissen über Kultur und Ethik der Juden anzueignen, um neuem Antisemitismus vorzubeugen. 




Seine Frau Gunda Trepp
 führt in dieser Biographie die unvollendete Autobiographie ihres Mannes mit ihren eigenen Erinnerungen zusammen. Daraus entsteht ein Bild von Leo Trepp, das ihn auch acht Jahre nach seinem Tod wieder lebendig erscheinen lässt. 
Leo Trepp wächst in einer neo-orthodoxen Familie in Mainz auf, in der Theaterbesuche und klassische Literatur ebenso zum Alltag gehören wie Torastudium und Synagogenbesuche. Nach Promotion und Rabbinerausbildung amtiert er als letzter Landesrabbiner in Oldenburg, unter den kritischen Blicken der Nationalsozialisten, die bald, bis auf zwei Mitglieder, seine gesamte Familie ermorden sollen. Nach seiner Entlassung aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen 1938 entkommt Leo Trepp zuerst nach England und geht dann in die USA. 
Das Buch beschäftigt sich nicht nur mit der schleichenden Entwicklung hin zur Diktatur in der Weimarer Republik und der nationalsozialistischen Herrschaft, mit der er als Rabbiner direkt konfrontiert war, sondern erzählt von dem, was man als Vermächtnis der deutschen Juden bezeichnen kann, nämlich mit dem Weg, ein fruchtbares Leben in zwei Kulturen zu führen. Das galt nicht nur für die Juden, die eher säkular und assimiliert waren, sondern ebenso für die Orthodoxen, die religiöse Gesetze strikt einhielten und sich genauso aktiv der Kultur und Politik ihrer Heimat widmeten. Ein guter Staatsbürger, so hatte schon der Begründer der deutschen Orthodoxie, Samson Raphael Hirsch, gelehrt, muss seine Kultur nicht verlassen. Im Gegenteil, er kann mit den Ideen und Gedanken seiner Religion und Ethik die Kultur seines Landes befruchten, und umgekehrt. Im Hinblick auf heutige Diskussionen um Heimat, Leitkultur und Identität ist eine Auseinandersetzung mit diesen Gedanken hochaktuell. 
Leo Trepp riet muslimischen Vertretern auf einer von ihm angeregten Konferenz in Hamburg bereits in den siebziger Jahren, sich diesen Weg der religiösen deutschen Juden anzusehen und so etwas wie einen Islam für Deutschland und Europa zu entwickeln. Was die Bürger eines Landes neben der Verständigung auf eine Verfassung und auf die für alle geltenden Gesetze eint, ist dieses: Sie müssen sich, so war Trepp fest überzeugt, mit aller Kraft für dessen Wohl und Zukunft engagieren und dafür arbeiten. Sie müssen nicht nur Bürger, sie müssen Bürgen für ihr Land sein, wie er in einer Rede sagte. 

Die Autorin: 
Gunda Trepp hat nach Jurastudium und Ausbildung an der Henri-Nannen-Journalistenschule als Anwältin und als Journalistin für Zeitungen wie den Spiegel, die FAZ und die Berliner Zeitung gearbeitet. Sie lebt heute als Autorin in San Francisco und Berlin.

Rainer M. Schießler - Kirchenreform "von unten": Empathie und Weltoffenheit (aktualisiert)

Rainer Maria Schießler: Himmel, Herrgott, Sakrament.
Auftreten statt austreten
.
München: Kösel (Random House) 2016, 11. Aufl., 256 S.
--- ISBN 978-3-466-37147-1 ---
Der Titel könnte wie ein echter bayerischer Fluch wirken. Die Anspielung ist ja auch gewollt, aber dem beliebten Pfarrer zweier Münchner Gemeinden geht es um mehr als nur um öffentlichkeitswirksame Rhetorik. Ihm liegt der christliche Glaube am Herzen, lässt er doch schon einen „Geschmack“ des Himmels erahnen, wenn man sich auf Gott in irgendeiner Weise einlässt. Nun verkündigt der Pfarrer die frohe Botschaft oft mit unkonventionellen Mitteln. Während sich an vielen Orten die Kirchen leeren, muss sich Rainer Schießler keine Sorgen machen. Seine Gottesdienste sind ein Anziehungsmagnet für Gläubige und weniger Gläubige. Er bringt das Altgewohnte und oft Gehörte in einen unerwarteten Zusammenhang, wenn er z.B. am Heiligabend mit den Besuchern nach der Christmette den Geburtstag Jesu mit einem Sektempfang feiert. 


Man merkt es: Schießler möchte die Kirche sinnlicher und anfassbarer machen. das gilt nicht nur im Blick auf die Sakramente (Taufe, Beichte, Kommunion, Firmung, Hochzeit, Beerdigung). Dazu gehört auch, Kirche "mitten in der Welt" zu (er-)leben, z.B. als kellner auf dem Münchner Oktoberfest, bei locker-ernsten Gespächen im Radio und Fernsehen und auch beim Engagement für Flüchtlinge. Die vielen Geschichten und Anekdoten, der 56jährige erzählt, sind aber nicht nur zum Schmunzeln.
Seine bisherige Biografie weist neben den „Erfolgen“ auch manche Tiefen auf. Manchmal hängt es damit zusammen, dass der begeisterte Motorradfahrer sich über kirchliche Konventionen und dogmatische Verengungen kühn hinwegsetzt, wie beispielsweise sein mitfühlender Umgang mit homosexuellen Gläubigen oder aus der Kirche Ausgetretenen.
Sein Motto ist: „Du musst die Leut mögn!“ (S. 114). Gelernt hat er in seinem Nebenjob offensichtlich das Taxifahren auch eine „Haltemarke“ angesichts der ihn belastenden Ausbildung im Priesterseminar.
Schießler erinnert daran, dass sein Wunsch, Priester zu werden, sich für ihn in einem ersten „Anlauf“ als Mönch bei den Kapuzinern als Sackgasse herausstellte. Aber einer der Mönche wird in seiner Bescheidenheit und Demut für ihn zum Lehrer und Vorbild (S. 42–45). So steht Schießler zu seinem Entschluss, (zölibatärer) Priester zu werden; die Nächstenliebe Jesu treibt ihn an und bestätigt ihn auch. Aus der eigenen Erfahrung von einer „Karriere nach unten“ möchte er jedem angehenden Seelsorger empfehlen, „nachts Taxi fahren in einer Großstadt oder als Wiesnbedienung arbeiten. Da lernst du alles fürs Leben – egal, welchen Beruf du später ausübst … das ist der Hauptgrund meines Hierseins. Seelsorge“ (S. 244).

Nach mancher Hürde durch den Weg in die Kirchengemeinden, zuerst als Lernenender in Bad Kuhlgrub, dann Rosenheim und Giesing und schließlich München, hat er auch sehen müssen, dass er eigentlich nirgendwo Wurzeln schlagen kann, weil der Bischof ihn jederzeit abberufen kann. Auch hier dürfte ein Grund liegen, dass  selbst er, der sein Priestersein mit ganzen Herzen auslebt, oft allein und völlig einsam dasteht. So hat er durchaus unter dem Zwangszölibat zu leiden, und das “Nachhausekommen“ in seine ungemütliche Dienstwohnung verstärkt diese Einsamkeit. Wer sorgt sich denn wirklich um die Seele des Seelsorgers? „Im Zölibat ist da niemand, der auf dich wartet. Da ist keine Wärme. Spätabends steh ich manchmal so im Zimmer und höre dem Rauschen des Verkehrs zu. Dann kommt diese Bitterkeit. Dreiundzwanzig Jahre Einsamkeit in dieser Wohnung – so lange währt jetzt die Zwangsehe mit dieser Dienstwohnung. Und mit diesem Gefühl setze ich vermutlich die Tradition meiner Vorgänger fort, die hier nichts anderes empfunden haben können als ich: Leere“ (S. 32).
Bei allen Belastungen aber schlägt die antreibende Liebe Jesu zu den Menschen bei ihm immer wieder durch. Sie bleibt die lebendige Motivation, ehrlich, kreativ und nah an den Menschen die Barmherzigkeit Gottes im Alltag wie am Sonntag deutlich werden zu lassen und so auch Trost, Vergebung und Hoffnung zu vermitteln.
Angesichts der Erfahrung mit Sterbenden, besonders auch geprägt durch den Tod seiner Mutter (S. 82–85), wird ihm das Loslassen an jedem Abend in der Komplet deutlich: „Sie steht für das Loslassen all der Niederlagen, aber auch all der schönen Erfolge des Tages. Du musst alles hergeben …Gibt es den guten Tod? Ich finde, jeder Tod ist gut, weil er das Leben vollendet“ (S. 252). So will er, der lebensvolle Priester, das Leben bewusst loslassen können, wenn es an der Zeit ist. Für das Leben danach muss er sich keine Sorgen machen, die Verantwortung hat ihm Christus abgenommen, aber: „Ich habe jedoch eine Verantwortung für das Leben davor. Wir müssen jetzt leben. Hier und heute. Hier und heute entscheiden wir, ob das Leben Himmel oder Hölle wird“. Das geschieht wie Jesus es vorgelebt hat durch „bedingungslose Liebe“ – zu andern Menschen wie zu dir selbst und zum Leben“ (S. 253). Und weil dieses Leben ständige Veränderung ist, gilt es, sich nirgendwo festzuklammern oder gegen den Strom (in die Vergangenheit) zurückzuschwimmen: „Gehst du nicht mit der Zeit – dann vergehst du mit der Zeit“ (S. 97): Das gilt für den einzelnen Menschen wie auch für Institutionen und eben auch für die Kirche. Schießler macht deutlich, dass dies nicht Anpassung an den „Zeitgeist“ ist, sondern kreative Umgestaltung und dabei bewusst an die „Ränder“ zu gehen, wie Papst Franziskus das ausgedrückt hat (S. 17). „Die Apologeten des Gestrigen und der angeblich reinen Lehre raunen immer, die katholische Kirche müsse aufpassen, dass ihr Anspruch auf absolute Wahrheit nicht verwässert wird. Aber es gibt keine absolute Wahrheit, die Menschen aufstellen können! Wir Katholiken müssen lernen, dass wir nur ein Versuch, ein Weg von vielen sind – auch wenn die Botschaft der Liebe vermutlich eine der stärksten ist und mehr gebraucht wird im Wertekanon denn je“ (S. 21). Das ist ein gutes Wort auch für die evangelische Kirche angesichts mancher Jubiläums-Feier zum Thesenanschlag von 1517 !

Wer schmunzelnd und zugleich nachdenklich Schießlers „Lebensreportage“ mit den eingestreuten Reflexionen gefolgt ist, kann sich nur wünschen: Wir brauchen mehr solche Pfarrer/innen und Seelsorger/innen, dann wird die Kirche nicht nur bunter, sondern auch glaubwürdiger.

Das neue Buch von Rainer Maria Schießler:
Jessas, Maria und Josef. Gott zwingt nicht, er begeistert.
München: Kösel (Random House) 2018
Verlagsinfo, Inhaltsverzeichnis, Leseprobe: hier

Reinhard Kirste (ev. Pfarrer) 
CC

Freitag, 14. September 2018

Griechen und Römer - unser geistiges Erbe - scheinbar nutzlos und doch unentbehrlich



Maurizio Bettini: 
Superflu et indispensable

Überflüssig und unentbehrlichA che servono i Greci e i Romani?

À quoi servent les Grecs
et les Romains?
Wozu sind die Griechen und die Römer gut?
Traduction (Italien) : Pierre Vesperini 


    • --- Hors collection - Essais
Paris: Flammarion 2018, 216 pp.

  • --- EAN: 9782081425330  --- 
  •  
  • ISBN: 9782081425330


        Maurizio Bettini (geb. 1947) ist Professor für klassische Philologie an der Universität Siena und leitet das Institut für Anthropologie der antiken Welt. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher zur Mythologie und Anthropologie und schreibt regelmäßig für die Tageszeitung »La Repubblica«. 

      In diesem Buch stellt er die Frage: 
      Die ganze Welt weiß es: seit Jahrhunderten spricht keiner mehr Latein oder Alt-Griechisch.Wozu sind also diese Sprachen für uns noch nützlich?
      In einer Gesellschaft jedoch, die das Ideal der Rentabilität vorantreibt, und zwar bis in die Sprache, die sie benutzt, gewinnt diese Frage eine neue Brisanz. Die wenigsten machen sich klar, dass unsere Weltwahrnehmung durch die antike Kultur getränkt ist. Natürlich kann man sich nicht darauf beschränken, unsere "Wurzeln" bei den Griechen und Römern zu suchen. Vielleicht orientiert sich unser Interesse eher an den  Unterschieden zu ihnen. Ihr geschmeidiger Polytheismus ist für alle fremden Götter offen. Die weit verzweigte römische Familie, in der der mütterliche Onkel sich zum Vertrauten seiner Neffen verpflichtet sieht, ist weit von unserem Modell des nuklearen Zeitalters entfern. Da wo wir von Leuten "der Farbigkeit" sprechen die Römer von Leuten "ohne Farbe" .
      Was zeigt allein dieses Beispiel? Griechen und Römer sind uns gleichzeitig  fremd und vertraut. Sie oft besuchen, heißt auch, sich auf ihre Gedankenwelt einlassen. Das bedeutet nicht nur, unser Gedächtnis genauer zu erforschen, sondern auch, sich der Andersheit zu öffnen, also auf das Ganze gesehen, die unentbehrliche Nutzlosigkeit sorgsam zu pflegen !

      Verlagsinformation
    Tout le monde le sait : depuis des siècles, plus personne ne parle le latin ni le grec ancien. Alors, à quoi peuvent-ils encore nous être utiles?
Voilà bien, avance Maurizio Bettini, une question révélatrice de notre époque, obsédée par l’efficacité, infiltrée par l’idéal de rentabilité jusque dans le langage qu’elle adopte. Bien sûr, 99 % des élèves n’utiliseront pas les langues et les civilisations antiques de leur vie. Mais la culture doit-elle vraiment servir?
Toute notre perception du monde est irriguée par la culture antique. Cela étant, peut-être ne faut-il pas se borner à chercher nos «racines» chez les Grecs et les Romains. Peut-être l’intérêt réside-t-il, au contraire, dans nos différences. Leur souple polythéisme est ouvert
à tous les dieux étrangers. La vaste famille romaine, où l’oncle maternel se doit d’être le confident de ses neveux, est loin de notre modèle nucléaire. Là où nous parlerions de gens «de couleur», les Romains parlent de gensdecolor : «sans couleur».
Grecs et Romains nous sont à la fois étranges et familiers. Les fréquenter, c’est aussi bien explorer notre mémoire que s’ouvrir à l’altérité : cultiver, en somme, le superflu indispensable.

Donnerstag, 13. September 2018

Das Barnabas-Evangelium - eine Chance für den christlich-islamischen Dialog? (aktualisiert)

Cover: Turban-Verlag Bonndorf 1994 
Die türkische Regierung präsentierte im Jahre 2012 ein bisher geheim gehaltenes Dokument des "Barnabas-Evangeliums". Das Buch, in Leder gebunden, soll etwa 1500-2000 Jahre Jahre alt sein. Es wurde allerdings bereits 1984 bei einer Polizeiaktion in der Südosttürkei entdeckt.
Diese Geschichte intensivierte die von muslimischer Seite immer wieder vertretene Behauptung, dass es sich hier um ein originales christliches Evangelium handele. Allerdings werden dort von den klassischen vier Evangelien abweichende Ansichten vertreten.
Auch in der 1994 erschienenen einzigen deutschen Übersetzung des Textes wird sehr deutlich diese islamische Position aufgenommen, wie die Überschrift schon ankündigt:
Das Barnabas-Evangelium. Wahres Evangelium Jesu, genannt Christus, eines neuen Propheten, von Gott in die Welt gesandt, gemäß dem Bericht des Barnabas, seines Apostels.


Ein  erster Überblick
Es sind schon lange zwei Manuskripte des Barnabas-Evangeliums (BE) bekannt, ein vollständig italienisches in der Nationalbibliothek Wien und ein spanisches in der Universität Sydney.
Details: Wikipedia.en
Diese Texte wurden lange von
christlichen Forschern als Fälschung abgetan.
Ausgabe Oxford 1907
mit durchscheinendem Faksimile
 des Exemplars der Handschrift
aus derWiener Nationalbibliothek, S. 132

Lässt man all die religiösen Parteinahmen für oder gegen den Text beiseite, so gehen die meisten Forscher inzwischen auf Grund  historischer- und literarkritischer Analysen nicht von einer bewussten Fälschung aus, sondern vielmehr von der schwierigen Situation iberischer Morisken, d.h. spanischer Muslime unter christlicher Herrschaft nach 1492.

Weiteres: Die Iberische Halbinsel nach 1492 unter christlicher Herrschaft:
Mudejaren und Morisken


Eine Reihe international renommierter Forscher haben sich mit diesem Text und seiner Herkunft befasst. Es seien nur genannt: Henry Corbin,
Luigi Cirillo und Michel Frémaux,
Jacques Jomier OPJan Joosten  sowie unten ausführlicher dargestellt: 1. Jan Slomp,
2. Christine Schirrmacher, 3. Gerard.A. Wiegers, 
4. Míkel de Epalza und
5. Luis Bernabé Pons.
 

Das Ergebnis findet sich in dem 2017 erschienenen Band:
David Thomas / John Chesworth (eds.): Christian-Muslim Relations. 
A Bibliographical History. Vol. 9. Western and Southern Europe (1600-1700). 
Leiden/Boston: Brill 2017 (Print und Online)
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe: hier



1. Jan Slomp
Der reformierte Pfarrer Jan Slomp (geb. 1932) war von 1977-1993 Islambeauftragter der Reformierten Kirchen der Niederlande. Viele Jahre arbeitete er auch als Sekretär und dann Vorsitzender des "Islam-in-Europa-Komitees" der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (C.C.E.E.). Bereits 1997 hatte er einen präzisen Überblick zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung um das Barnabas-Evangelium vorgelegt:
The Gospel of Barnabas in Recent Research.
Islamochristiana 23 (1997), 81-109: Der vollständige Text (in CIG e.V.): hier
1998 fasste er zusammen:
Das Barnabas-Evangelium - zur Forschungslage.
In: Reinhard Kirste / Paul Schwarzenau / Udo Tworuschka (Hg.): Die dialogische Kraft des Mystischen. Religionen im Gespräch Bd. 5 (RIG 5). Balve: Zimmermann 1998, 624-625
Der Text zum Download: hier

Nach 20 Jahren weiterer Recherche legt er nun seine Schlussbilanz vor: 
The Gospel of Barnabas.
In: Christian-Muslim Relations. A Bibliographical History (CMRBH).
Vol. 9: Western and Southern Europa (1600-1700). Leiden/Boston: Brill 2017, pp. 671-688
Deutsche Zusammenfassung des Beitrags: hier

"The argument for a Morisco origin 
can explain all aspects and most of the details of the text"
(p. 676)


Eine persönliche Bilanz von Jan Slomp:
 "
Ich fasse zusammen: Luis Barnabé Pons und Gerard Wiegers studieren die  Morisco-Ursprungsgeschichte des BE . Sie schreiben nicht über die Wirkungsgeschichte, sie erwähnen diese nur. Christine Schirrmacher recherchiert vor allem die Wirkungsgeschichte. Ich studierte Ursprung und die Wirkung und habe beide verbunden in CMRBH.  Christine Schirrmacher (1992) und Luis  Bernabé Pons (1998) haben Dissertationen über das EB geschrieben. Sie haben dafür auch  mein Material benützt. Weil ich ja schon 1973 in Pakistan mit den Nachforschungen anfing. Mein Ressource war damals vor allem Jacques Jomier OP und später auch Mikel de Epalza. Mit ihnen hat sich eine Freundschaft entwickelt. Weil ich jetzt 85 bin,  höre ich auf. Gerard Wiegers, Christine Schirrmacher und Luis Bernabé Ponst sind viel jünger und arbeiten weiterhin an diesem Thema."


2. Christine Schirrmacher
Die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher (geb. 1962) von der Universität Bonn hatte bereits in ihrer Dissertation die Debatte auch im deutschen Sprachraum in Bewegung gesetzt:
Mit den Waffen des Gegners. Christlich-muslimische Kontroversen im 19. und 20. Jahrhundert. (Dissertation) Klaus-Schwarz-Verlag, Berlin 1992
Abstract bei Cambridge University Press: hier

Anlässlich der deutschen Ausgabe des Barnabas-Evangeliums 1994 durch den islamischen Turban-Verlag in Bonndorf (Schwarzwald), gab Christine Schirrmacher einen Gesamtüberblick: "Wurde das wahre Evangelium Christi gefunden?"
Der Artikel im Institut für Islamfragen: hier

Dort heißt es u.a.: 
"Das heute vorliegende Barnabasevangelium enthält islamisches Gedankengut, das - obwohl außer von der Person Muhammads nirgends offiziell vom Islam die Rede ist - stark an den Koran und die muslimische Überlieferung erinnert. Da der Islam erst im 7. Jahrhundert n. Chr. entstand, kann das Evangelium nicht aus frühchristlicher Zeit stammen ... Aussagen des Barnabasevangeliums sind zudem mit der Geschichte und Geographie Palästinas unvereinbar, so daß es kaum vorstellbar scheint, der Autor des Barnabasevangeliums könnte in Palästina gelebt haben. Darüber hinaus fehlt eine verläßliche Quelle, die vor dem Beginn des 18. Jahrhunderts von dem Inhalt des Barnabasevangeliums berichtet. Aber auch darüberhinaus sprechen etliche Anhaltspunkte aus dem Text selbst für ein spätmittelalterliches oder frühneuzeitliches Abfassungsdatum zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert."

3. Gerard A. Wiegers
Der niederländische Religionswissenschaftler Gerard A. Wiegers (Universität Amsterdam) hat mit ziemlicher Sicherheit nachgewiesen, dass der Autor des Barnabas-Evangeliums (BE) ein gewisser Alonso de Luna ist. Seine Emigration als Moriske führte ihn bis nach Rom und Istanbul. 

Martin Mulsow beschreibt den Nachweis von G.A. Wiegers, nämlich dass Alonso de Luna als Autor des BE höchstwahrscheinlich in Frage kommt.
In: Herbert Jaumann (Hg.): Diskurse der Gelehrtenkultur in der frühen Neuzeit. (Berlin: De Gruyter 2010), 
S. 458f. Wichtiger Belegtext: 
G.A. Wiegers: ‘The persistence of Mudejar Islam? Alonso de Luna, the “Lead Books” and the Gospel of Barnabas’ In: Medieval Encounters, 12(3) 2006, pp. 498-518.
Beitrag auf academia.edu: hier


4. Míkel de Epalza
Der Religionswissenschaftler und Arabist
Míkel de Epalza
Das Moriskenproblem zum Beginn
der Herrschaft Philipps II. (1527-1598).
Teruel:
Centro de Estudios Mudéjares 2010
(1938-2008)  von der Universität Alicante gehört zu den Promotoren des christlich-islamischen Dialogs. Er forschte intensiv über die religiös-politische Situation im Zusammenhang der "reconquista" auf der Iberischen Halbinsel. Zum Barnabas-Evangelium hielt er resümierend fest:

 "Der Jesus des Barnabas-Evangeliums ist ein vollständiges Jesusbild von Muslimen für Christen innerhalb der unterdrückerischen Koordinaten der spanisch-katholischen Gesellschaft ...,
eine muslimische Kopie des christlich-evangelischen Bildes. Es ist im Grunde ein islamisches, in der Form verchristlichtes Bild, das einzige, das die spanischen Muslime bekennen konnten, die vor den Augen ihrer katholischen Mitbürger im Spanien der Habsburger wie Christen zu leben gezwungen waren."

Míkel de Epalza - Schlussabschnitt
 "Ein Evangelium gemäß dem Islam ..."

Aus: Jesus zwischen Juden, Christen und Muslimen.
Frankfurt/M.: Lembeck 2001/2002, 2. Aufl., S. 151
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Gesamttext als PDF: hier



5. Luis Bernabé Pons


Der Islamwissenschaftler Luis F. Bernabé Pons (geb. 1963) hat lange an der Universität Alicante mit Míkel de Epalza zusammen gearbeitet. Er  sieht den Ursprung des Textes ziemlich eindeutig in Granada nach der "reconquista" angesiedelt. 
Mit seiner Doktorarbeit 1995 sicherte er seine Thesen umfänglich ab und führte damit auch die Forschungen von Míkel de Epalza weiter:
El Evangelio de San Bernabé.
Un evangelio islámico espa
ñol. 
Universidad de Alicante 1995, 260 S.


Diese Ergebnisse stellte er als Kommentar zu der von ihm edierten spanischen Ausgabe des Barnabas-Evangeliums voran:  
El texto morisco del Evangelio de San Bernabé. 
Granada: Universidad de Granada 1998, 312 S.,
davon 52 S. Kommentar.
 


Weitere Informationen:
Die Bedeutung der Iberischen Halbinsel für den Trialog



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