Freitag, 18. August 2023

Vielfalt christlicher Themen in der indischen Kunst ---------- Von der Mogul-Zeit bis heute (aktualisiert)

Anand Amaladass, SJ / Gudrun Löwner:
Christian Themes in Indian Art.
From the Mogul Times till Today.

New Delhi: Manohar 2012, 428 S., Abb., Index,
Namen der vorgestellten Künstler
--- ISBN 978-81-7304-945-3

Die evangelische Pfarrerin und Dozentin am Theologischen College in Bangalore, UTC, Dr. Gudrun Löwner (auch INTR°A-Mitglied) hat mit diesem fast 3kg schweren Werk, das sie zusammen mit dem Jesuiten und Sanskrit-Spezialisten Anand Amaladass aus Madras/Chennai veröffentlichte, eine bahnbrechende Arbeit geleistet. Hier wird mit vielen gut reproduzierten Bildern ein grundlegender Einblick in die komplementäre Beeinflussung christlicher Künstler aus dem indischen Raum gegeben. Allein das Durchblättern des umfangreichen Bandes lässt die LeserInnen in eine besondere Variante des Orients eintauchen, nämlich in die Verbindung von indischer Tradition und christlicher Beheimatung im Kontext des Subkontinents.

Die Themenvielfalt und bildnerische Verdichtung nimmt alte Tempelskulpturen in den Blick, zeichnet die Bedeutung der (Miniatur-)Malerei in der Zeit der Mogul-Kaiser nach und stellt offensichtlich alle wichtigen Künstler der Moderne vor. Zwischen Pakistan, Bengalen und Südindienmit Goa tut sich ein Universum der malerischen Gestaltung auf, das auch vielen Indien-Freunden kaum bekannt sein dürfte. Dass die Heiligen und Maria dabei eine besondere Rolle spielen, verwundert angesichts der Vielfalt hinduistischer Glaubenstraditionen, Göttinnen, Götter und Avatare kaum, zeigt aber auch bis in die Architektur, dass die Architektur der Kirchen aus der heutigen Zeit nicht als Europa-Import verstanden werden will, sondern sich auf die Muster genuin indischer Baumeister und ihrer Traditionen bezieht.
Die beiden Autoren haben ihr Werk in 8 Kapitel gegliedert. Sie beginnen mit den ersten interkulturellen Begegnungen in Indien, beschäftigen sich dann mit der Mogul-Zeit, um sich dann bengalischen Künstlern seit dem 16. Jh. zu widmen (Kap. 1–3).
Aus dem 19./20. Jahrhundert werden zuerst nicht-christliche und dann christliche Künstler vorgestellt (Kap. 4 + 5) Ein besonderen Schwerpunkt bekommt das Buch dann speziell mit südindischen Künstlern (Kap. 6). Ein ausführlicher Abschnitt (Kapitel 7) gehört der populären christlichen Kunst generell. Die Autoren konzentrieren sich dabei auf die sog. Warli-Malerei, benannt nach einem Stamm in Maharashtra (der Staat mit der Hauptstadt Mumbai/Bombay), der Darstellung der Jesus-Mutter Maria, hinduistischen Einflüssen und sogar mit Darstellungen auf indischen Briefmarken. 
Das letzte Kapitel (Kap. 8) geht dann auf die indische Kirchenarchitektur ein, und zwar in der portugiesischen und britischen Kolonialzeit sowie in der Moderne.
Das Buch ist in gut lesbarem Englisch geschrieben und bietet eine starke Motivation, über die Flexibilität christlichen Glaubens in diesem asiatischen Kulturkreis nachzudenken.
Gudrun Löwner hatte seit Jahren viele Recherchen vor Ort durchgeführt und oft komplizierte Vorarbeiten für dieses umfassende Werk geleistet.
Dazu gehört übrigens auch ihr in Deutsch erschienenes Buch:
Christliche Themen in der indischen Kunst.
Ein Überblick über die Mogulzeit bis heute. 
Frankfurt/M.: Lembeck 2009
(übernommen von der Evangelischen Verlagsanstalt [EVA] Leipzig).


Reinhard Kirste


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