John Shelby Spong:
Jenseits von Himmel und Hölle.
Eine neue Vision vom ewigen Leben.
Aus dem Amerikanischen übersetzt
von Gerhard Klein.
Ostfildern: Patmos 2011, 221 S.
--- ISBN 978-8436-0028-6
Jenseits von Himmel und Hölle.
Eine neue Vision vom ewigen Leben.
Aus dem Amerikanischen übersetzt
von Gerhard Klein.
Ostfildern: Patmos 2011, 221 S.
--- ISBN 978-8436-0028-6
InterReligiöse Bibliothek (IRB):
Buch des Monats September 2012
Buch des Monats September 2012
- Zum Tod von John Shelby Spong 16.06.1931 - 12.09.2021) früherer Bischof von Newark
(Episcopal News Service, 13.09.2021)) - Mehr zu John Shelby Spong (wikipedia.en)
- Weitere Infos im Kontext von "Tiempo Axial", no. 18
und: Anstöße für einen Neuanfang des Christentums
Kurzbesprechung: hier
Ausführliche Besprechung
Ausführliche Besprechung
Der Autor dieses
Buches, John Shelby Spong (geb. 1931-2021) war 20 Jahre anglikanischer Bischof von
Newark im US-Bundesstaat New Jersey. Danach übernahm er einen Lehrauftrag an
der Harvard-Universität. Er gehört zu den bekanntesten religiösen Autoren der
USA. In seinen Büchern vertritt er mutige Thesen für ein erneuertes und
gegenwärtiges Christentum jenseits des bisherigen Christentums.1 Spong
versucht, eine postmoderne Weltsicht mit einem
Glauben zu verbinden, der die Naturwissenschaft ebenso wie wichtige
bibelexegetische Erkenntnisse ernst nimmt. Für das praktische Leben müssen
diese auch ethisch im Sinne des Engagements für die Ausgegrenzten umgesetzt
werden.
Das Korrelationsverständnis von Paul Tillich, der global
religionspluralistische Ansatz von John Hick und die ökologisch geprägte
Philosophie von John B. Cobb werden ebenso wie die Feministische Theologie zu
Wegweisern glaubensmäßigen Umsteuerns, das sich an den Fragen nach Leben und
Tod zu bewähren hat.
Als alter Mann, der
nun sein letztes Buch veröffentlicht, ist ihm klar geworden, dass er dies nur
als persönliche Beschreibung darlegen kann und nicht als christliche Theorie
über Himmel und Hölle (Kap. 1).
Wohin
führt die christliche Hoffnung? Zuerst einmal ist es nötig, ehrlich zu sein und
sich klar zu machen, dass über den Tod nur aus der Sicht der Lebenden
gesprochen werden kann. Angesichts der Evolution ist unser irdisches Leben ein
„Zufallsprodukt“, eine für religiöse Menschen ausgesprochen unbequeme Einsicht
(Kap. 2). Aber was hat der Zufall mit der Ewigkeit zu tun? Immerhin lässt sich
sagen, dass alles Lebendige eng miteinander verbunden ist, aber auch der
Vergänglichkeit angehört (Kap.3). Die ersten Erfahrungen mit dem Tod als Kind –
auch der frühe Tod des Vaters – bringen den Autor in Widersprüche zu dogmatischen
Vorstellungen von Himmel und Hölle (Kap. 4). Von daher untersucht Spong nun
genauer sein zunehmendes religiöses Interesse, das bei ihm erhebliche Glaubensveränderungen
bewirkte: Es war ein Weg von der Meinung über eine irrtumslose Bibel zu einer Kirche,
die nicht irrt (S. 61) mit den passenden spirituellen Ritualen (Kap. 5).
Die
nächste Glaubenswendung kommt für ihn im Zusammenhang des menschlichen
Überlebenstriebs und der nicht zu leugnenden Sterblichkeit. Religion wäre dann
der menschlich erzeugte Versuch, sich einen Gott als Sinnorientierung zu schaffen
(Kap. 6). Der Tod als Schicksal des Lebens und die Todesfurcht nötigen darum zu weiteren kritischen
Nachfragen über die Wirkweise religiöser Systeme: „Ist es möglich, dass die
Religion, statt die Wirklichkeit zu verändern, uns nur hilft, uns vor der
Wirklichkeit zu verstecken, die wir emotional nicht begreifen können?"
(Kap. 7, S. 75). Hier wird man allerdings fragen müssen, ob Spong nicht besonders
überzeugend mit einem an Barth und Bonhoeffer orientierten Religionsbegriff
arbeitet und nur dadurch zu einer Position jenseits der Religion kommt.
Auf
dem Weg dorthin räumt er zuerst mit der Irrtumslosigkeit der Bibel als
unfehlbares Wort Gottes auf. In einem zweiten Schritt hält er fest, dass neue
Situationen schon immer die Religion verändert haben, sie also offensichtlich den
Bedürfnissen des Menschen dient (Kap. 8). Damit ist allerdings auch der religiösen
Manipulation Tür und Tor geöffnet, indem man die moralischen Regeln als
göttlich sanktioniert behauptet. Wer will schon dem Zorn Gottes verfallen? (Kap.
9). Diese Himmel- und Hölle-Vorstellungen religiöser Systeme bricht der Autor
nun in einem dritten Schritt auf, indem er sie als zeitbedingte Bilder für den
Wunsch nach Vollkommenheit und Erfüllung einstuft (S. 106, Kap. 10). Vierter
Schritt: Die Überwindung kindlicher Vorstellungen – auch durch die
naturwissenschaftliche Erkenntnisentwicklung. Deshalb kann man getrost den
traditionellen Gottesvorstellungen, auch einer Reihe biblischer Gottesbilder,
absagen, besonders der Vorstellung eines von außen eingreifenden Gottes („Tod
der Religion“, Kap. 11). Darwin und Nietzsche werden darum zu
Orientierungsposten (Kap. 12) eines veränderten Gottesbildes, das Spong am
deutlichsten in J.A.T. Robinsons Buch „Gott ist anders“ (1963) beschrieben sah.
Das den Autor lange prägende externe Religionsverständnis einer „Gottheit über
uns“, möchte er überwinden zugunsten einer „Gottheit in uns“ (S. 128). Und so
ist „das Göttliche, das wir immer suchten, eine Dimension des Menschlichen“
(Kap. 13, S. 138). Man merkt, dass sich Spong mystischen Sichtweisen annähert.
Von daher gewinnt das Johannes-Evangelium für ihn eine ganz neue,
weiterführende Bedeutung (Kap. 14). Aus diesem leitet er unter Berücksichtigung
der synoptischen Evangelienberichte auch sein erneuertes
Auferstehungsverständnis ab – im Sinne eines Symbols umfassender Wirklichkeit
(Kap. 15): Es ist die Fähigkeit, nicht in Todesfurcht zu leben, „sondern eher
durch die Wirklichkeit des Todes dazu gerufen“ zu sein, nämlich, „so aufrecht
und leidenschaftlich unser Menschsein zu leben, dass sogar der Tod überwunden
wird“ (S. 165). Es ist der Weg in das „Jesus-Bewusstsein“ und zugleich in die
„Zeitlosigkeit Gottes“ (S. 165). Damit benennt Spong – immer wieder biografisch
verdeutlicht – die wahre Bedeutung der Religionen: Sie sollen nicht für ein
kommendes Leben befähigen, sondern „Teil … des Seins einer vollkommenen,
selbstbewussten Menschheit […] sein“ und damit fragen, was Gott heute bedeutet (Kap. 16, S. 181).
Angeregt durch John Hick, kommt der Autor am Schluss (Kap. 17) zu der
Überzeugung, dass das irdische Leben „nicht alles“ ist, aber es gilt „so zu
leben, dass ich jeden Tag als einen Teil der Ewigkeit erfahre“ (S. 189). Spong
verstärkt dies noch im Nachwort im Blick auf die bewusste freie Entscheidung
zum eigenen Tod.
Dieses
Buch zeichnet durch seine ganz persönlich eingebettete Ehrlichkeit eine
Hoffnung auf die Ewigkeit, die entscheidend im Hier und Jetzt realisiert wird.
Diese gegenwärtig-zeitbedingte Sicht auf die Zeitlosigkeit des ewigen Lebens
ist zwar nicht Religion, wie Spong sie umschreibt, aber durchaus eine Glaubens-
und Lebensveränderung, wie sie manch Mystiker von einst schon auszudrücken
suchte. – und allerdings doch ein Neuverständnis wahrhafter Dimension von
Religion!
Ergänzendes:
Cecilia DOCKENDORFF: «Variaciones religiosas en el cristianismo occidental y latinoamericano: Una observación desde la teoría de sistemas sociales».
(Concreta su tesis en
Gretta VOSPER, John Shelby SPONG, Don CUPITT, Marià CORBÍ, José Amando ROBLES y José María VIGIL).
Revista MAD 34(2016)106-132, Revista bianual del Magister en Análisis Sistémico aplicado a la sociedad, perteneciente a la Facultad de Ciencias Sociales de la Universidad de Chile. DOI: http://dx.doi.org/10.5354/ 0718-0527.2016.40617 (über academia.edu)
(Concreta su tesis en
Gretta VOSPER, John Shelby SPONG, Don CUPITT, Marià CORBÍ, José Amando ROBLES y José María VIGIL).
Revista MAD 34(2016)106-132, Revista bianual del Magister en Análisis Sistémico aplicado a la sociedad, perteneciente a la Facultad de Ciencias Sociales de la Universidad de Chile. DOI: http://dx.doi.org/10.5354/
Reinhard Kirste
Rz-Spong-Himmel-Hölle, 31.08.12
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