Johannes Marböck: Faszination
Bibel.
Hg.: Franz Kogler / Irmtraud Fischer / Franz Hubmann
Theologie im kulturellen Dialog,
Bd.27.
Innsbruck-Wien: Tyrolia 2014, 288 S., Register, Lebenslauf, Literaturangaben
---ISBN 978-3-7022-3323-5 ---
Innsbruck-Wien: Tyrolia 2014, 288 S., Register, Lebenslauf, Literaturangaben
---ISBN 978-3-7022-3323-5 ---
Ausführliche Beschreibung
Dieses
Buch wirkt fast wie eine Art Festschrift. Die Herausgeber, alle mit der Bibel
theologisch(-praktisch) befasst, präsentieren Beiträge zum Verständnis der
Hebräischen Bibel, des Alten Testaments. Der Autor, Johannes Marböck, katholischer
Priester und inzwischen emeritierter Professor, lehrte Altes Testament in Linz
und Graz. Er hat maßgeblich an der Revision der (katholischen) Einheitsübersetzung
mitgewirkt. Bei ihm verbindet sich die spirituelle Freude an der biblischen
Botschaft mit exegetischer Sorgfalt. Wichtig ist ihm neben der verständlichen
Weitervermittlung der biblischen Schätze, diese gerade für heutige Menschen zum
Leuchten zu bringen. Das möchten die Herausgeber besonders hervorheben.
Im Kapitel 1: Dynamik des Wortes wird
deutlich, wie durch das 2. Vatikanische Konzil auch für katholische Christen
die Bibel mehr und mehr zu einer geistlichen Expedition werden konnte. Zugleich
hebt Marböck die Wichtigkeit des Alten Testaments zum Glaubensverständnis der
Christen hervor. Er erinnert an die Menschen verändernde Kraft, die sich aus
den Weisungen Gottes ergeben und das Volk Israel prägen. Unter Berufung auf das
kommunikative Geschehen der Feier von Neujahr in Nehemia 8 zieht er darum
Konsequenzen für heutiges Christsein: „Wenn wir Christen in liturgischen Feiern
unserer Bibel … ebenfalls etwas von dieser Ehrfurcht entgegenbringen, mag uns
die Lesung aus Nehemia 8 erinnern, dass wir dabei bereits Mitteilhaber und
Miterben am fundamentalen Reichtum und den Wurzeln der Heiligen Schrift unserer
älteren jüdischen Brüder und Schwestern sind (vgl. Römer 11,18-20)“ (S. 52).
Im
Kapitel 2 wird die spirituelle Kraft
des Gebetes thematisiert, die aus den göttlichen Weisungen Orientierung für
das eigene Leben ermöglicht. Die Psalmen
mit ihrer beeindruckenden Sprach- und Bildkraft sind dafür ein herausragendes
Beispiel. Aber auch die drei Männer im Feuerofen (Daniel 3) spiegeln in der
Bildinterpretation eines Kirchenfensters von Margret Bilger existentielle
Erfahrungen von Rettung aus der Not und Schauen des Göttlichen in extremer
Situation (S. 111). Schade, dass das Glasfenster nur in einem Detail in
schwarz-weiß anzuschauen ist.
Im
Kapitel 3 dokumentiert sich zugleich
die theologische Offenheit des Autors, wenn er schreibt: „Die
Weisheitsliteratur des Alten Testaments schlägt wie kein anderer Teil der Bibel
Brücken zum Denken der Kulturen ihrer altorientalischen Umwelt …“ (S.116). Die
Vielfalt biblischer Ausdrucksweisen wirkt darum als Einladung ins Haus der
Bibel, dessen unterschiedliche Räume dem Glaubenden damals Freiheit und zugleich
existentielle und gemeinschaftliche Orientierung boten. Offensichtlich können
diese Texte Ähnliches – gerade auch in ihrer weisheitlichen Ausrichtung – auch
heute noch leisten. So lassen die Erfahrungen Hiobs als des Leidenden –
christlich gesehen – wirkungsgeschichtliche Anklänge bis in die Passion Christi
zu. Kohelet (Prediger Salomo), Jesus Sirach und die Weisheit Salomos machen
deutlich, dass Vertrauen auf Gott ethisch in kluges Handeln, Herzensbildung und
ehrliche Aufrichtigkeit umgesetzt werden will. Dazu muss man „über Grenzen
hinweg auf das weite Feld der Erfahrungen … hören, die Menschen im Umgang mit
der Welt, mit sich selber gemacht haben“ (S. 154).
Im Kapitel 4 wird dann der Ruf der Propheten von Marböck
vergegenwärtigt. Der ältere Jesaja als Heils-Rufer zum Glauben kommt ebenso zur
Sprache, wie Deuterojesaja sowohl mit seinen Tröstungen wie mit seiner geradezu
hemmungslosen Direktheit. Es geht um die Lasten des Ertragens, wie es der scheiternde
„Knecht Gottes“ erleidet und gerade dadurch zum Ermutiger wird. Das sprengt den
Rahmen eines Volkes und gewinnt universale Weite, so dass alle Völker in das Heilsangebot Gottes einbezogen sind, eine
geradezu interreligiöse Entgrenzung (S. 195). In Konsequenz gehört Jesus von
Nazareth in diese Reihe der Knechte Gottes hinein. Hier kann auch die Kirche
lernen, sich universal zu öffnen. So wird sie zu Pilgerin mit allen anderen –
eine beeindruckende Vision des Tritojesja unter dem Symbol des himmlischen
Jerusalem. Der Prophet Jeremia lebt dieses göttliche Ja unter den Bedingungen
der Eroberung und der Deportation der Juden nach Babylon 587 v. Chr. konsequent
und beeindruckend vor.
Im
Kapitel 5 wird der Blick auf
alttestamentliche apokalyptische Bilder
der Endzeit und den Zerbruch der bisherigen Welt gelenkt. Die geopolitische
und georeligiöse Situation unmittelbar vor dem Exil, in der Zeit der
„Wegführung“ und im Neubeginn nach 538 v. Chr., zeigt sich in unterschiedlichen
Reaktionen zwischen Deuterojesaja und dem Danielbuch. Marböck blendet darüber
hinaus die Geschichte der Jenseitsvorstellungen zwischen dem Alten Ägypten, der
Levante und dem Zweistromland sowie zwischen den Jesaja-Propheten und dem
Danielbuch ein – und auch hier erscheint die Gelassenheit weisheitlicher
Erfahrung. Die Engelgeschichten im Alten Testament wirken schließlich wie ein
Verbindungselement zum Neuen Testament.
Im
Kapitel 6 zeigt die historische
Fokussierung auf das „Heilige Land“ nachdrücklich,
wie „das Heilige“ angesichts des vielen „Unheiligen“ dringend gebraucht wird – auch
im Blick auf die heutige Situation im Nahen Osten eine als Mahnung wirkende
Vision des „Heiligen Landes“. Aber auch der Jahrhunderte dauernde, oft
gewaltsame und immer wieder theologisch hoch gespielte Antijudaismus machte eine
Neubewertung des Verhältnisses der Christen zu den Juden dringend. Hier hat das
2. Vatikanische Konzil endlich wichtige Marksteine der Versöhnung für den
christlich-jüdischen Dialog und für das Gespräch mit Israel gesetzt.
Bilanz: Die Wirklichkeit Gottes, wie sie die
alttestamentlichen Schriften vielfältig bezeugen, lädt ein, die Liebe Gottes im
Umgang mit den Anderen zu praktizieren, und zwar in unterschiedlichsten
gesellschaftlichen und politischen Bedingungen. Hier findet eine Entgrenzung des
Heilswillen Gottes über die jeweilige religiöse Tradition hin auf alle
Menschen, auf die Völkerwelt statt. Johannes Marböck hat das am Alten Testament
gezeigt. Sein Beitrag im Kapitel 7
betont dies noch einmal in einer Art Überblick als faszinierende Vision des göttlichen Heils für die Völker. Davon erzählen
die biblischen Bücher auf unterschiedliche, aber immer auf Hoffnung orientierte
Weise. So können die Erfahrungen der Früheren die Heutigen ermutigen, den
Spannungen der Gegenwart die Vision vom Gottesfrieden entgegenzusetzen.
Reinhard Kirste,
Rz-Marböck-Bibel, 13.05.14
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