Friedrich Schorlemmer: Unsere Erde ist zu retten.
Haltungen, die wir jetzt brauchen.
Freiburg u.a:. Herder 2016, 157 S.
--- ISBN 978-3-451-34978-2 ---
Haltungen, die wir jetzt brauchen.
Freiburg u.a:. Herder 2016, 157 S.
--- ISBN 978-3-451-34978-2 ---
Der evangelische Pfarrer Friedrich Schorlemmer (geb. 1944) aus Wittenberg gehört zu diesen Persönlichkeiten, denn er steht für das ein, was zu sagen notwendig ist.
Das
hat er bereits in der DDR gezeigt, als er – der engagierte Friedensaktivist –
in einer Symbolaktion im September 1983 mit Gleichgesinnten ein Schwert zu einem
Pflug umschmiedete.
Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass das Wunder Erde friedlich erhalten bleiben muss. So gehören für ihn das Lob der Schöpfung und die Sorge um die bedrohte Erde zusammen (S. 17).
Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass das Wunder Erde friedlich erhalten bleiben muss. So gehören für ihn das Lob der Schöpfung und die Sorge um die bedrohte Erde zusammen (S. 17).
Der
Einstieg in das Thema wirkt wie eine sanftmütige Provokation. Der ehemalige
Prediger an der Wittenberger Schlosskirche schreibt als Prolog einen Brief an den
„Bruder“ Papst Franziskus und versucht damit eine Brücke der Versöhnung vom
Wittenberg der Reformation nach Rom, dem Zentrum der Katholischen Kirche, zu
schlagen. Den Protestanten fasziniert, wie der Papst sich auf die Seite der
Elenden und Unterdrückten stellt und die Verantwortung für die geschundene und
höchst gefährdete Erde anmahnt. Die päpstliche Enzyklika „Laudato Si“ wird für
den Pfarrer darum zu einem Weckruf. Die direkten und indirekten Bezugnahmen
darauf durchziehen das ganze Buch.
Die
einzelnen Abschnitte des Buches sind von ökumenischer Weite geprägt. Denn die
Erde ist das Haus Gottes für alle
Menschen. Solche religiöse Vorgabe ist Anlass, dankbar zu singen. Man muss sich
allerdings auch um die die drohenden Gefahren in einer globalisierten Welt Sorgen
machen, damit nicht die Nachkommen an den weitgehend selbst gemachten Problemen
zugrunde gehen. Von daher fordert Schorlemmer Haltungen ein, „die unsere Welt
braucht“: An Albert Schweitzer erinnernd, nennt er die Ehrfurcht vor dem Leben. Es folgen: Verantwortung übernehmen, Vorausdenkend handeln, Eingreifen und tun was
recht ist, Den Weg des Friedens gehen, Umdenken und umsteuern, Einfach dankbar
sein, Barmherzigkeit üben, Zu sich selber kommen, Staunend leben.
Bei
allen Zukunftsträumen erinnert Schorlemmer daran, dass nicht mehr viel Zeit zum
Umsteuern bleibt. „Alles Voll-und Großmundige ist uns vergangen mit dem
Scheitern des Sozialismus, mit der nach Ende der Blockkonfrontation
ausgebliebenen Friedensdividende, mit dem Desaster der Weltarmutskonferenz der
UNO in Rom, mit der Mauer der Aussichtslosigkeit durch das Heilige Land, mitten
durch die interreligiöse Hoffnungsstadt Jerusalem“ (S. 26). Aber gegen die
erdrückenden Erfahrungen von Konflikt, Leid, Hunger, Flucht, Klima-Katastrophe
setzt der Autor ein positives „Vielleicht“:
„Das Vielleicht bricht den Kreislauf des erbarmungslosen Faktischen, der eisernen Notwendigkeiten, der unbeeindruckbaren Kausalitäten auf“ (S. 26).
„Das Vielleicht bricht den Kreislauf des erbarmungslosen Faktischen, der eisernen Notwendigkeiten, der unbeeindruckbaren Kausalitäten auf“ (S. 26).
Der
Schlussabschnitt des Buches ist ein doppelter Epilog. Schorlemmer lässt eine 1982
unter den Bedingungen der DDR formulierte Vision erneut aufleuchten „Eines
Tages / als wir erwachten / war alles verändert“ (S. 148): Es wäre der wahr gewordene
Traum von menschenwürdigen Städten und Dörfern, einer gesundeten Landschaft, von ökologisch
verantwortlichen Fortbewegungsmitteln und einer Gesellschaft, in der die Verdienstunterschiede
minimal wären (S. 149). Es ist und bleibt die Vision einer glücklich machenden
Einfachheit, die nichts mit Einfältigkeit zu tun hat. Dieser Vision schließt Schorlemmer
Pfingsten 2016 die konkrete Utopie für ein Ökumenisches
Konzil an. Dieses „solle sich ausdrücklich davon fernhalten, gegenseitig
Häresien zu identifizieren. Man solle kommunizieren, nicht exkommunizieren“ (S.
153). In Hans Küngs Weltethos sieht er dafür einen wichtigen Ansatz. Die
historischen Konfessions-Differenzen müssten zweitrangig werden.
Es wäre
noch schöner gewesen, wenn Schorlemmer in seiner Vision eines Ökumenischen
Konzils ausführlicher die anderen Religionen mit einbezogen hätte (vgl. S.
152) Immerhin gibt es solche religiösen
Friedenspotentiale, wie sie zum ersten Mal beim Weltparlament der Religionen schon 1893 in Chicago angesprochen
wurden. 1993 – ebenfalls in Chicago – nahmen zahlreiche Vertreter/innen der
verschiedenen religiösen Traditionen die Vision einer versöhnten Welt wieder
auf, indem sie auf die starken Tendenzen zum Frieden, Barmherzigkeit und Liebe
innerhalb ihrer jeweiligen Religion verwiesen. Dieses „Parlament“ tagte seitdem
mehrfach und zuletzt 2015 in Salt Lake City. Bereits 2009 hatte die
bekannte Religionswissenschaftlerin Karen Armstrong eine Charter of Compassion initiiert. Konfessionen und Religionen übergreifend
wird an das Mitverantwortlichsein in der Welt erinnert: Nur Kompassion, Mitfühlen und Mitleiden können
Wege für eine friedliche und heilvolle Zukunft eröffnen !
Friedrich Schorlemmer hat mit diesem Buch einen beeindruckenden Anstoß gegeben.
Seine Herausforderung müsste zügig im Sinne der größeren Ökumene der Religionen angenommen und weiter umgesetzt werden. Damit der Traum nicht ein Traum bleibt …
Friedrich Schorlemmer hat mit diesem Buch einen beeindruckenden Anstoß gegeben.
Seine Herausforderung müsste zügig im Sinne der größeren Ökumene der Religionen angenommen und weiter umgesetzt werden. Damit der Traum nicht ein Traum bleibt …
Die Zeit drängt. Das DDR-Friedenssymbol mit dem Bezug auf den Propheten Micha (4,1-8) Schwerter zu Pflugscharen gilt gerade in unserer von Konflikten und Terror beunruhigten Zeit, und zwar in jeglicher ethischen Hinsicht: Für den Frieden, für die Völkerverständigung, für die Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse, für die Menschenrechte, für den Dialog der Religionen …
Reinhard Kirste
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