Mittwoch, 3. Mai 2023

Joseph Croitoru: Orientbilder in Deutschland zwischen Faszination und Ablehnung


     



Joseph Croitoru:

Die Deutschen und der Orient.
Faszination, Veranchtung und die Widersprüche der Aufklärung

  • München: Hanser 2018, 416 S.
  • --- ISBN 978-3-446-26037-5 ---


--- Rezension bei bei "Perlentaucher": hier


Verlagsinformation
Woher kommt unser zwiespältiges Verhältnis
zum Orient? 
Joseph Croitoru über ein unbekanntes Kapitel
deutscher Ideengeschichte 

Die Deutschen stehen seit Jahrhunderten in regem Austausch mit der islamischen Welt. Und doch sind sie hin- und hergerissen zwischen Faszination und Verachtung. Für Joseph Croitoru öffnet sich dieser Zwiespalt schon im Zeitalter der Aufklärung. Bei Staatsmännern wie Friedrich dem Großen, Denkern wie Herder und Autoren wie Lessing finden sich Klischees, die uns noch heute begegnen: Luxus und Reichtum, Falschheit und Faulheit. Die Aufklärung war aber doch mit dem Anspruch angetreten, sich des eigenen Verstandes zu bedienen? Dieses Buch ist ein Appell, in der Auseinandersetzung mit dem islamischen Orient endlich den Maximen der Aufklärung gerecht zu werden – was heute dringender nottut denn je.
INHALT Einleitung 9 KAPITEL 1: Friedrich der Große als Trendsetter: Neue Orientpolitik und osmanenfreundliche Gesinnung Der roi philosophe blickt kritisch auf die Instrumentalisierung der Religion – auch im Orient 14 | Der islamische Prophet  – ein »Betrüger« 17 | Voltaires islamfeindliches Theaterstück Mahomet findet Beifall am preußischen Hof 19 |
Marquis d’Argens – noch ein islamkritischer Gesinnungsgenosse des Preußenkönigs 21 | Neue Pfade: Friedrich II. sucht Verbündete im Orient und betreibt muslimfreundliche Medienpolitik 25 | Preußens mühsame Annäherungsversuche an die Hohe Pforte 29 | Berlin setzt auf die Käuflichkeit der Osmanen 32 | Der Kriegsherr in Not: Friedrich II. besingt die Türken als letzte Hoffnung 35 | Vorurteile scheinen bestätigt: Die osmanische Gesandtschaft in Berlin fasziniert und irritiert 38 | Der orientalische Gast wird zur Last: »Mamamouchi« 41 | »Die Türken sind habgieriger als die Juden« 46 | Wider den kriegslüsternen Türkenfeind Voltaire: Friedrich II. als Anwalt der Osmanen 51 

KAPITEL 2: Lessings Bemühungen um ein positiveres Orientbild – preußischer Zensurdruck als Motor, der Publikumsgeschmack als Bremse Der junge Lessing: Spielerische Reflexion über okzidentale Orientklischees 58 | Lessing in Berlin: Aufwertung des Islam im Zeichen der orientfreundlichen Politik Friedrichs  II. 62 Als Übersetzer von Friedrichs II. Hofgast Voltaire: Gerühmte Toleranz des Islam als Christentumskritik 67 | Lessings beschönigende Darstellung der von ihm übersetzten Geschichte der Araber von Marigny 70 | Rettung des Cardanus – vorsichtiges Plädoyer für ein differenziertes Muhammad-Bild 75 | Letzte Berliner Orientepisode: Die Fragmente Phatime/Fatime 80 Als Dramaturg und Theaterkritiker in Hamburg: Lessings Orientbild zwischen aufklärerischem Anspruch und Anpassungszwängen 86 | Bibliothekar in Wolfenbüttel: Wiederaufleben der Orientbeschäftigung in einem neuen aufklärerischen Umfeld 102 | Der Fragmentenstreit: Islamthematik wird für Kritik an der christlichen Orthodoxie instrumentalisiert 105 Nathan der Weise: Interreligiöse Verbrüderung triumphiert über christlichen Fanatismus 113 
KAPITEL 3: Von der Vernunft zur Empfindung:
Der arabische Orient wird zum poetischen Faszinosum – und das reale Arabien wird entdeckt Zwei Leipziger Streiter für das dichterische Erbe Arabiens: »Literaturpapst« Gottsched und der Arabist Reiske 119 | Poetische Schönheit im Koran: Der Vorstoß des Göttinger Orientalisten Johann David Michaelis 127 | Das Studium des Arabischen aus dem Griff der Theologen be - freien: Reiske leistet Pionierarbeit 130 | Orient als Konversationsthema: Gottsched und Reiske begegnen Friedrich dem Großen im besetzten Leipzig 138 | Reiskes Proben der arabischen Dichtkunst und seine Verteidigung Muhammads 142 | Das Interesse am Arabischen wächst: Frorieps Arabische Bibliothek als Zeichen eines Gesinnungswandels 146 | Zwischen Faszination und Ablehnung: Aufklärungskritiker Hamann und der junge Herder blicken auf den islamischen Orient 148 | Wider die Koranbegeisterung: Michaelis’ Kehrtwende und die Debatte um die erste deutsche Koranübersetzung 157 | Zaghafte Annäherung: Der junge Goethe und sein Dramenfragment zu Muhammad 161 | Muhammad als Dichter bewundert: Boysens Koranübersetzung und Gleims koraninspirierte Dichtung Halladat 169 | Wie viel Poesie ist im Koran? Boysens Übersetzung begeistert und entzweit 176 | Das neue Araberbild – Carsten Niebuhrs Arabienreise 183 | Rezeption von Niebuhrs Beschreibung von Arabien 192 

KAPITEL 4: Die Türkei wieder im Zentrum der Aufmerksamkeit:
Die deutsche Öffentlichkeit zwischen Türkenhass und OsmanenApologetik Deutsche Debatten über das Osmanische Reich im Vorfeld des russisch-österreichischen Türkenkriegs (1787–1792) 196 | Der türkeifeindliche Bestseller des Baron von Tott 205 | Der russisch-österreichische Türkenkrieg bricht aus: Niebuhrs Beitrag zur Debatte um die Lage des Osmanischen Reiches 209 | Die preußische Sicht auf den Türkenkrieg unter dem Gebot der Zurückhaltung 214 | Die Berliner Blätter über den Türkenkrieg 218 | Österreich tritt in den Krieg ein 222 | Um Ausgewogenheit und Relativierung bemüht: Die Berliner Presse über das Kriegsgeschehen im Jahr 1788 224 | Anderswo in Preußen wird über den Krieg öffentlich polemisiert: Dichter Gleim spitzt seine Feder gegen die Türken 230 | Antitürkische Ressentiments und aufkeimender Philhellenismus in Gleims Umfeld 234 | Scharfe Kritik an Gleim und am Türkenkrieg aus dem preußischen Halle 239 | Angriff aus dem Süden Deutschlands gegen die Türkeiapologeten 244 | Das »großherrliche Leckermaul«: Bürgers Münchhausen wird im Kriegsjahr 1788 mit Türkenklischees gewürzt 249 | Dem Volk aufs Maul geschaut – eine Antikriegsschrift aus dem Berliner Untergrund 252 

KAPITEL 5: Die Risse werden tiefer:
In Preußen steht man zu den andernorts verschmähten Türken Preußische Publizistik und die Kriegsjahre 1789 und 1790 260 | Wielands Teutscher Merkur und der Türkenkrieg: Balanceakt zwischen Differenzierung und islamkritischer Polemik 263 Tendenziöse Auswahl zuungunsten des Propheten Muhammad: Übersetzungsauszüge aus Edward Gibbons Universalgeschichte 265 | Die Debatte über Muhammad reißt nicht ab 271 Wielands finsteres Islambild: Im Goldnen Spiegel entrinnt der Sultan knapp einer »dschihadistischen« Erziehung 281 | Fortsetzung des Goldnen Spiegels: Der verbannte Hofphilosoph Danischmend bekämpft weiter die Eiferer und wird fast selbst zum islamischen Despoten 284 Schach Lolo: ein verkommener Sultan aus dem Figurenarsenal des Goldnen Spiegels als Parabel über Machtmissbrauch 287 | Wielands Oberon überspitzt mit blutigen Gewaltszenen Klischees über Muslime 292 | Osmanenkritischer Kommentar zum Türkenkrieg: Das Schauspiel Theodora oder die Ankunft der Türken im Teutschen Merkur 295 

KAPITEL 6 - Preußens Einsatz für den Frieden zwischen Eigennutz und Türkenfreundlichkeit
Der steinige Weg zur preußisch-türkischen Allianz von 1790 301 | Friedrich Wilhelm II. wird als Friedensstifter besungen 304 | Der osmanische Gesandte Ahmed Azmi wird in Berlin hofiert – und inspiriert 307 | Preußen kommt um einen Kriegseintritt gegen Russland an der Seite der Pforte herum 316


Der Autor: 

Joseph Croitoru, 1960 in Haifa geboren, ist promovierter Historiker und freier Journalist. Er studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Judaistik in Jerusalem und Freiburg. Seit den 1990er Jahren schreibt er regelmäßig ...
Weiteres Buch von Joseph Croitoru:

Der Märtyrer als Waffe.
Die historischen Wurzeln des Selbstmordattentats

München: Hanser 2003, 304 S.

Der Märtyrer als Waffe


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