Hamid
Reza Yousefi: Interkulturelle Kommunikation.
Eine praxisorientierte Einführung.
Darmstadt: WBG 2014, 204 S., Grafiken, Glossar
--- ISBN 978-3-534-26260-1--- auch als E-Book erhältlich ---
Eine praxisorientierte Einführung.
Darmstadt: WBG 2014, 204 S., Grafiken, Glossar
--- ISBN 978-3-534-26260-1--- auch als E-Book erhältlich ---
Ausführliche Beschreibung
Hamid
Reza Yousefi, Privatdozent für interkulturelle Philosophie und Geschichte der
Philosophie an der Universität Koblenz-Landau versucht seit Jahren, ein
sinnvolles Zusammenleben von Menschen verschiedener Lebenstraditionen zu
fördern. Er untersucht dazu verschiedene Konzepte gesellschaftlicher
Zusammenhänge. Das hat auch zur Gründung des Instituts zur Förderung der
Interkulturalität in Trier geführt. Neben philosophiegeschichtlichen und
religionswissenschaftlichen Begründungen geht es ihm um Kommunikationsmöglichkeiten
in einer pluralen Gesellschaft. Hier versucht er zugleich eine pädagogische
Basis zu schaffen.
In
seinem neuesten Buch benennt er die Zielrichtung einer „tragfähigen
Kommunikation in interkultureller Absicht“ folgendermaßen: „Eine zentrale
Aufgabe einer solchen Umgangsform besteht darin, die Wirklichkeit
wissenschaftlich zu beobachten und pädagogisch-dialogisch zu vermitteln.“ (S.
7). Nur die dialogische Vermittlung ermöglicht überhaupt den Erfolg für eine
zukünftige auf Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit ausgerichtete Gesellschaft.
Dazu bedarf es zum einen, die verschiedenen Kulturbegriffe auf eine solch
tragfähige Brückenfunktion zu untersuchen und daraus eine dialogische Pädagogik
der Interkulturalität zu entwickeln. Dazu müssen zum anderen aber auch die
Konfliktpotentiale gezeigt sowie kulturelle Grenzziehungen hinterfragt und
überwunden werden.
Seinen
Erfahrungshintergrund nimmt der Autor aus sog. deutsch-iranischen Tauschfamilien, also Familien und Gruppen, in denen
zwei Kulturen in einer kürzeren oder längeren Zeitphase aufeinandertreffen oder
wo eine solche interkulturelle Partnerschaft mit ihren Chancen und
Schwierigkeiten durchgängig gelebt wird. Das können auch deutsch-türkische,
deutsch-afrikanische, deutsch-arabische Familien sein. Im Fokus-Beispiel stehen
bei Yousefi Menschen mit deutsch oder iranisch geprägten Lebensstilen.
Detailliert beschreibt der Autor im 4. Kapitel, wie eine solche Patchwork-Gruppierung funktioniert, wenn die deutsche Mutter mit der Tochter zum iranischen Vater mit dessen Sohn in den Orient umzieht, während die iranische Mutter mit der Tochter nach Deutschland kommt. Nun müssen kulturelle und sprachliche Hindernisse sowie unterschiedliche Biografie-Voraussetzungen in Einklang gebracht werden. Um aus solcher Konstellation kontextuell-pädagogische Konsequenzen abzuleiten (Kapitel 5), fragt Yousefi schon im Kapitel 1, wie interkulturelle Kommunikation überhaupt zustande kommt bzw. wo Hinderungsgründe liegen. Dazu führt er theoretische Ansätze der Kommunikationsforschung vor, indem er sich neben anderen besonders auf Karl Jaspers, Hans-Georg Gadamer, Georg Auernheimer, Jürgen Habermas und Friedemann Schulz von Thun bezieht und dabei kommunikative Veränderungen durch Migrationsbewegungen im Auge behält. Es geht also immer darum, wie der Andere von der Aufnahmegesellschaft gesehen wird und wie sich dabei Integration oder Desintegration entwickeln.
Detailliert beschreibt der Autor im 4. Kapitel, wie eine solche Patchwork-Gruppierung funktioniert, wenn die deutsche Mutter mit der Tochter zum iranischen Vater mit dessen Sohn in den Orient umzieht, während die iranische Mutter mit der Tochter nach Deutschland kommt. Nun müssen kulturelle und sprachliche Hindernisse sowie unterschiedliche Biografie-Voraussetzungen in Einklang gebracht werden. Um aus solcher Konstellation kontextuell-pädagogische Konsequenzen abzuleiten (Kapitel 5), fragt Yousefi schon im Kapitel 1, wie interkulturelle Kommunikation überhaupt zustande kommt bzw. wo Hinderungsgründe liegen. Dazu führt er theoretische Ansätze der Kommunikationsforschung vor, indem er sich neben anderen besonders auf Karl Jaspers, Hans-Georg Gadamer, Georg Auernheimer, Jürgen Habermas und Friedemann Schulz von Thun bezieht und dabei kommunikative Veränderungen durch Migrationsbewegungen im Auge behält. Es geht also immer darum, wie der Andere von der Aufnahmegesellschaft gesehen wird und wie sich dabei Integration oder Desintegration entwickeln.
Dass
sich durch solche Veränderungen in der Bevölkerung auch Kulturverständnisse
verändern, liegt auf der Hand. Dabei ist übrigens keineswegs von vornherein
klar, was Kultur überhaupt ist (S.
25f). Mit Beispielen aus der Geschichte im Spiegel moderner Kulturtheorien schält
Yousefi Zugänge zur Interkulturalität heraus, so dass er in Kapitel 3 vorläufig definiert:
„Interkulturalität ist der Name einer Theorie und Praxis, die sich mit
historischen und gegenwärtigen Verhältnissen der Kulturen und der Menschen als
deren Träger auf der Grundlage ihrer völligen Gleichwertigkeit beschäftigt“ (S.
55) und damit die Menschenwürde in den Mittelpunkt rückt.
Im 5. Kapitel werden die bisher gewonnenen
Ergebnisse von Kommunikation, hermeneutischen Voraussetzungen, und
gegenseitigem Verstehen in eine dialogische
Pädagogik übergeführt, und zwar im Blick auf interkulturelles Lernen im
Bereich der Erwachsenenbildung, der Berufspädagogik, der Sozialpädagogik und
der Medien. Kulturelles, gleichwertiges Miteinander kann sich jedoch nur unter
Heranziehung pluralistischer Methoden entwickeln (Kapitel 6). Den Medien fällt dabei eine besondere
Aufklärungsfunktion zu (Kapitel 7). Das
heißt, dass von keiner Seite Vereinnahmungen auf Kosten des Anders-Seins des
Anderen erfolgen dürfen und damit jegliche Dominanzansprüche abgewehrt werden.
Die Kulturwissenschaft dürfte hier der geeignete Ort sein, an dem all diese
interkulturellen Zusammenhänge am sinnvollsten gebündelt und systematisiert
werden.
Die Zwischenbetrachtung
am Schluss des 7. Kapitels kann
darum für eine interkulturelle, begegnungsoffene Friedenspädagogik insgesamt
gelten: „Es geht nicht um bloße Annäherung bspw. zweier Kulturregionen wie
Orient und Okzident, sondern um einen konstruktiven Austausch von Inhalten, um
eine dialogische Kritik, um eine friedliche Konfliktbewältigung“ (S. 175)
Bilanz: Yousefi trägt insgesamt recht komprimiert die
Möglichkeiten interkultureller Kommunikation vor, und zwar so, dass zum einen
die Grundmuster von Akzeptanz, Vorurteil und Verweigerung offenkundig werden
und zum andern aus den Kommunikationsmodellen sich Möglichkeiten
herauskristallisieren lassen, die auch in der Praxis die Begegnungsfähigkeit
zwischen Menschen und Gruppierungen verschiedener Herkünfte befördern. Da dem
Autor zugleich eine interkulturelle Didaktik am Herzen liegt, setzt er seine
Erkenntnisse optisch in entsprechende Grafiken um und erleichtert damit das
Verstehen. Die zusammenfassenden Merksätze erlauben, dann Zwischenergebnisse
klarer zu erkennen, um von da aus dem weiteren Gedankengang nachzuvollziehen.
So ist ein Handbuch entstanden, das erlaubt, von erfahrener Praxis auf die
Grundkonzepte menschlichen Miteinanders zurückzuschließen und Modelle der
Verständigung bewusst weiter bis in den Alltag hinein zu realisieren.
Vgl.
übrigens dazu auch diese Bücher des Autors:
--- Grundbegriffe der interkulturellen Kommunikation. Stuttgart: UTB 4127, 2014, 126 S.
--- Die Bühnen des Denkens. Neue Horizonte des Philosophierens. Münster u.a.: Waxmann 2013, 259 S.
--- (zusammen mit Philipp Thull, Hg.): Interreligiöse Toleranz. Von der Notwendigkeit des christlich-islamischen Dialogs.
Darmstadt: WBG 2014, 156 S.
--- Grundbegriffe der interkulturellen Kommunikation. Stuttgart: UTB 4127, 2014, 126 S.
--- Die Bühnen des Denkens. Neue Horizonte des Philosophierens. Münster u.a.: Waxmann 2013, 259 S.
--- (zusammen mit Philipp Thull, Hg.): Interreligiöse Toleranz. Von der Notwendigkeit des christlich-islamischen Dialogs.
Darmstadt: WBG 2014, 156 S.
Reinhard Kirste
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen