Aus
dem Französischen von Anja Kootz und Tobias Scheffel.
Stuttgart:
Gabriel-Verlag (Thienemann) 2013, 32 S., Abb., Jugendsachbuch, geeignet für
Kinder ab 12 Jahren
Ausführliche Beschreibung
Der algerische Philosoph und Schriftsteller Oscar Brenifier begann seine schriftstellerische Karriere 2010 mit dem Schreiben von philosophischen Leitfäden und Lebenswegweisern. Besonders bekannt für seine Literatur ist die Buchreihe „Philosophieren mit neugierigen Kindern“, in welcher Brenifier existentielle Fragen des Alltags und der Philosophie für Kinder erläutert bzw. seine kleinen Leser zum Fragen und Diskutieren anregt. All dies wird durch entsprechende bunte Illustrationen erläutert. Themen wie 'Ich – Was ist das?' oder: 'Leben – Was ist das?' knüpfen an die Diskussionen und Problemanalysen der großen philosophischen Denker an. So versucht Brenifier u.a. Sartres Existentialismus oder Platons Ideenlehre in seiner Buchreihe für Kinder greifbar zu machen und sie somit an die zentralen Fragen des menschlichen Lebens heranzuführen.
Der algerische Philosoph und Schriftsteller Oscar Brenifier begann seine schriftstellerische Karriere 2010 mit dem Schreiben von philosophischen Leitfäden und Lebenswegweisern. Besonders bekannt für seine Literatur ist die Buchreihe „Philosophieren mit neugierigen Kindern“, in welcher Brenifier existentielle Fragen des Alltags und der Philosophie für Kinder erläutert bzw. seine kleinen Leser zum Fragen und Diskutieren anregt. All dies wird durch entsprechende bunte Illustrationen erläutert. Themen wie 'Ich – Was ist das?' oder: 'Leben – Was ist das?' knüpfen an die Diskussionen und Problemanalysen der großen philosophischen Denker an. So versucht Brenifier u.a. Sartres Existentialismus oder Platons Ideenlehre in seiner Buchreihe für Kinder greifbar zu machen und sie somit an die zentralen Fragen des menschlichen Lebens heranzuführen.
Das
gleiche Konzept bzw. die gleiche Idee lässt sich in Brenifiers Werk „Was, wenn Gott einer, keiner oder viele
ist?“ (‚La question de Dieu’) wieder erkennen. Das mit kurzen Texten
untermalte Bilderbuch reflektiert bzw. erörtert auf kinderfreundliche Art und
Weise die Frage nach Gottes Existenz. Es geht hierbei nicht darum, einen
Gottesbeweis oder eine Gotteskritik zu formulieren, sondern vielmehr die sowohl
bei Kindern als auch Erwachsenen präsenten Fragen offen zu legen, wie
beispielsweise ‚Ist Gott mächtig oder
machtlos? Sind Gott und Allah identisch?’ So regt er generell zum
Diskutieren und Nachdenken an.
In zwölf
gegensätzlichen Illustrationen und Aussagen versucht Brenifier eine Aussage
darüber zu treffen, was wir glauben bzw. nicht glauben und besonders wozu wir
glauben. Dabei ist die Frage nach einem bestimmten Gott relativ unwichtig. Es
geht vielmehr um ein individualisiertes Glaubensverhältnis jedes einzelnen. Man
könnte sagen, dass sich der Ansatz einer Pluralistischen Religionstheologie
(John Hick) zwischen den Seiten des Bilderbuches versteckt hält, denn egal
welcher Religion man sich zuordnet, es lassen sich stets Elemente der
betreffenden Glaubensrichtung in Brenifiers Aussagen und den zugeordneten Illustrationen
wieder finden. Das Buch ist damit weder katholisch, noch evangelisch, weder
schiitisch, noch sunnitisch, auch nicht humanistisch oder buddhistisch, sondern
präsentiert sich als konfessionsübergreifendes religionsphilosophisches
Kinderbuch.
Obwohl
der Titel erst 2013 veröffentlicht wurde, hat Brenifiers “Bilderbuch“ bereits
eine Vielzahl an Preisen gewonnen, so u.a. den Deutschen Jugendliteraturpreis
und den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis.
Betrachtet
man die Lektüre im Detail, so lässt sich erkennen, dass sprachliche Präzision
und gekonnt eingesetzte Schlichtheit dem Werk von Oscar Brenifier und Jacques
Després einen einzigartig treffenden Charakter universeller Zugänglichkeit
verleihen.
Die
Illustrationen von Jacques Després ermuntern den Leser, sich auf eine
Forschungsreise in eine andere und gleichzeitig vertraute Welt zu begeben. Die
futuristisch wirkenden Bilder erzeugen durch klare Linien und eindringlich
harte Farben eine laborartige, kalte Umwelt, die von uniformierten Gestalten in
Ganzkörperanzug entdeckt und bevölkert wird. Zugleich erscheinen die von Després
erschaffenen Wesen fremd und isoliert, aber auch von menschenähnlicher Natur,
da sie mit ihrem Gesichtsausdruck neugierig fragen, bestimmend oder
geheimnisvoll dreinblicken und sich dem Leser/Zuschauer in verschiedenen Rollen
präsentieren. Mal abwesend, abseits und allein, dann wiederum bestärkend in
Beziehung zu einander verbunden und mit aufmunterndem Zuspruch.
Das
Geschick der Illustration besteht darin, dass die sprachlich treffend
formulierten Gegensätze in eine ebenso treffende Bildsprache übertragen werden,
indem die Bilder ähnlich einfach und konkret „sprechen“ wie die Texte. Der
inhaltliche Gegensatz wird unter anderem durch farbliche Kontraste (schwarz und
weiß) unterstützt. Passende Symbole (wie beispielsweise Licht klar gebündelt
oder vielfach geteilt) veranschaulichen die Aussagen.
Darüber
hinaus zeigen die Illustrationen den bewussten Einsatz eines Konzepts
räumlicher Struktur, das Größenordnungen schafft und dadurch Gewichtungen in
der Bedeutung stimmig mit dem Text verknüpft.
Inhaltlich
gelingt es den Übersetzern Anja Kootz und Tobias Scheffel, das französische
Original Oscar Brenifiers in ein konkretes, ansprechendes und recht genau
formuliertes Deutsch zu übertragen.
Die
Aussagen darüber, welche konträren Vorstellungen von Gott existieren, bestechen
durch ihren einfachen und präzisen Charakter. Das Gesagte scheint universell
nachvollziehbar, da Merkmale religiöser Eigenarten und Sichtweisen
gegenübergestellt werden, ohne dabei wertend zu beurteilen oder konkrete
Religionen oder Gruppierungen zu benennen. Die 12 formulierten Gegensätze
begegnen sich mit einer Offenheit, die sich in allen Perspektiven gemeinsam finden:
Sie wollen Antworten auf Fragen des menschlichen Lebens geben. Es ist die Suche
nach diesen Antworten, die jeder Sichtweise bzw. Vorstellung ihre Berechtigung
erteilt und die Sehnsucht des Menschen nach Erklärungen seines Selbst in der
Welt in den Mittelpunkt stellt. Ein Vorzug liegt auch darin, dass der Text
unterschiedliche Perspektiven und Herangehensweisen in Bezug auf Religion,
Kultur und Freiheit zum Ausdruck bringt. Es wird implizit in den Vordergrund
gestellt, dass der Mensch grundsätzlich eine Wahl- und Entscheidungsfreiheit
über sein Denken besitzt. Damit regen die Worte zum Nachdenken, Zweifeln und zu
einer Auseinandersetzung mit religiöser Vielfalt an. Auch auf das
Konfliktpotenzial gegensätzlicher Weltanschauungen wird explizit hingewiesen,
so dass menschliches Denken und Handeln in einen folgenreichen Zusammenhang
gestellt wird.
Dadurch,
dass keine Position über eine andere gestellt wird, verdeutlicht Brenifier die
Komplexität der Fragestellung und die Grenzen menschlicher
Problemlösungsfindung, da keine universell eindeutige Antwort gegeben werden
kann. Richtig und falsch werden nicht gegeneinander gesetzt, sondern ein
Diskurs, ein Nachdenken und „Sich-Austauschen“ wird angeregt. Gleichzeitig wird
aber auch die Entfernung der einzelnen Positionen zum Ausdruck gebracht, die
mitunter zu weit auseinander liegen, um sich in einer Art „Kompromiss“ treffen
zu können.
Bilanz
Sowohl
Text und Bild schaffen in ihrer Komposition einen sehr gelungenen,
ansprechenden Zugang zu der Frage nach Gott, die eine Pluralität an Antworten
eröffnet und diese gleichberechtigt nebeneinander stellt.
Allerdings
fehlt ein Hinweis darauf, dass der gegenseitige Respekt und die Akzeptanz
gegensätzlicher Denkweisen als grundlegende Haltung anzusehen ist. Nur so
können Unterschiede in einem übergreifenden Zusammenhang zusammengebracht
werden. Es wird nämlich nicht explizit erklärt, wie nun mit den
unterschiedlichen Vorstellungen umgegangen werden soll. Es lässt sich im
klassischen Sinn kein Fazit oder eine konkrete Handlungsanweisung ableiten, die
beispielsweise darauf hinweisen könnte, dass die Vielfalt vom Austausch lebt,
und zwar von einem Austausch auf respektvolle und anerkennende Art und Weise.
Die
Lektüre spricht mit ihrer Fragestellung grundsätzlich eine altersübergreifende
Zielgruppe an, wobei die inhaltlichen Aussagen von Kindern und Jugendlichen
unter 12 Jahren wohlmöglich nicht hinlänglich erfasst werden können. Dennoch
dient das Werk zur Inspiration und zur Legitimation religiöser Vielfalt und kann
dementsprechend eingesetzt werden.
Die
Übersetzung des französischen Titels (‚La question de Dieu’) in: ‚Was, wenn
Gott einer, keiner oder viele ist?’ greift über eine wörtliche Übersetzung
hinaus und nimmt dadurch inhaltlich etwas vorweg, was der Originaltitel so
nicht benennt. Das erscheint jedoch nicht unpassend und erzeugt sprachlich eine
interessante und reizvolle Fragestellung.
Rezension
von Anna Cristina Paldino und Jost
Benedikt Rudloff
im Rahmen des Seminars „Interreligiöse Horizonte“
TU Dortmund, Sommersemester 2014
im Rahmen des Seminars „Interreligiöse Horizonte“
TU Dortmund, Sommersemester 2014
Rz-Brenifier-Gott-TU-DO,
22.04.14
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