Der bereits 2006 erschienene Band der Reihe Religionen im Gespräch (RIG) hat angesichts der wesentlichen gesellschaftlichen, politischen und religiösen Veränderungen im mittelöstlichen und fernöstlichen Raum sowie in der arabischen Welt nichts von seiner Aktualität verloren. Gefährliche Konfliktsituationen und beeindruckende Aufbrüche durch die Begegnung der verschiedenen Religionen und Kulturen liegen hier dicht beieinander.
Zugleich ist eine Jahrhunderte alte Orient-Faszination in Europa faktisch ungebrochen.
Zugleich ist eine Jahrhunderte alte Orient-Faszination in Europa faktisch ungebrochen.
Reinhard
Kirste, Paul Schwarzenau,
Udo Tworuschka (Hg.):
Europa im Orient - der Orient in Europa.
Religionen im Gespräch Bd 9 (RIG 9).
Balve: Zimmermann 2006, 528 S.
--- ISBN 3-89053-106-7 ---
Udo Tworuschka (Hg.):
Europa im Orient - der Orient in Europa.
Religionen im Gespräch Bd 9 (RIG 9).
Balve: Zimmermann 2006, 528 S.
--- ISBN 3-89053-106-7 ---
>>> Zu den drei Rezensionen >>> scroll down
Ergänzend: "Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen"
Beiträge zum Downlaod
--- Raimon Panikkar: Estudio preliminar sobre la sabiduría oriental /
Vorstudie zur östlichen Weisheit (S. 11-32)
--- Christoph Elsas: Religionsfreiheit wozu?
Grundwerte im Dialog nach dem Irakkrieg (S. 252-258)
--- Martin Bauschke: "Die Stunder der Märtyyrer"
--- Raimon Panikkar: Estudio preliminar sobre la sabiduría oriental /
Vorstudie zur östlichen Weisheit (S. 11-32)
--- Raimon Panikkar: Die Aufgabe der Philosophie
angesichts einer bewaffneten Vernunft (S. 33-43)
--- Martin Repp: From Disputations to Dialogue
- An Inquiry into Forms of Religious Communication in Japanese Buddhism
and European Christianity (S. 44-59)
--- Ashgar Ali Engineer: Inter-Faith Relations in Medieval India (S. 98-103)
--- Ashgar Ali Engineer: Islam and modern Age (S. 104-113)
--- Fatma Sagir: Globalista-Tour ...
zu europäisch-muslimischen Identitäten (S. 194-203)
Ein Kommentar zum Text: hier
angesichts einer bewaffneten Vernunft (S. 33-43)
--- Martin Repp: From Disputations to Dialogue
- An Inquiry into Forms of Religious Communication in Japanese Buddhism
and European Christianity (S. 44-59)
--- Ashgar Ali Engineer: Inter-Faith Relations in Medieval India (S. 98-103)
--- Ashgar Ali Engineer: Islam and modern Age (S. 104-113)
--- Fatma Sagir: Globalista-Tour ...
zu europäisch-muslimischen Identitäten (S. 194-203)
Ein Kommentar zum Text: hier
Grundwerte im Dialog nach dem Irakkrieg (S. 252-258)
--- Martin Bauschke: "Die Stunder der Märtyyrer"
- Beobachtungen zum Islam und seiner "Talibanisierung" (S. 268-277)
--- Reinhard Kirste: 15 Jahre West-östlicher Diwan in Iserlohn (S. 342-345)
--- Reinhard Kirste: Qantara.de und Babelmed
- Europäische Tore zur islamischen Welt (S. 374-377)
--- Reinhard Kirste: 15 Jahre West-östlicher Diwan in Iserlohn (S. 342-345)
--- Reinhard Kirste: Qantara.de und Babelmed
- Europäische Tore zur islamischen Welt (S. 374-377)
--- Raimon Panikkar: Some Observations on Religious Dialogue (S. 378-392)
--- Hamid Reza Yousefi: Toleranzmonopol
und die Hermeneutik der Macht (S. 428-453)
--- Zwei Rezensionen von RIG 9: "Europa im Orient - der Orient in Europa"
und die Hermeneutik der Macht (S. 428-453)
--- Zwei Rezensionen von RIG 9: "Europa im Orient - der Orient in Europa"
Die drei Rezensionen
1. Thematische Übersicht und Orientierungsbeispiel
Globalista-Tour - zu europäischen muslimischen Identitäten
Pia Stumpf und Jan-Wilhelm Bauckloh genannt Lohmann
im Rahmen eines
Seminars an der TU Dortmund, SoSe 2012
Der Herausgeber, Reinhard Kirste (geb. 1942) ist nicht nur evangelischer Theologe und Lehrbeauftragter
der Technischen Universität Dortmund [bis Wintersemester 2018/19], sondern auch Koordinator der Interreligiösen
Arbeitsstelle (INTR°A) e.V. in Westfalen [bis 2018].
Zusammen stellte er mit Udo Tworuschka (geb. 1949), bis 2011 Professor für Religionswissenschaften an der Theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena, und Paul Schwarzenau (1923 – 2006), Professor der Technischen Universität Dortmund für Evangelische Theologie und ihre Didaktik, den Schriftenband „Europa im Orient – Der Orient in Europa“ zusammen.
Zusammen stellte er mit Udo Tworuschka (geb. 1949), bis 2011 Professor für Religionswissenschaften an der Theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena, und Paul Schwarzenau (1923 – 2006), Professor der Technischen Universität Dortmund für Evangelische Theologie und ihre Didaktik, den Schriftenband „Europa im Orient – Der Orient in Europa“ zusammen.
Dieser
Schriftenband, aus der Reihe „Religionen im Gespräch“, ist in vier Teilbereiche
unterteilt. Der erste Hauptblock umfasst 21 Beiträge zum thematischen
Scherpunkt „Orient und Orientalismus vom
Mittelmeer bis nach Fernost“, die im jeweiligen Anschluss von einer
Kurzzusammenfassung auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch begleitet
werden. Aus diesem Block wird unten ein Essay von Fatma Sagir genauer
beleuchtet. Der zweite Hauptblock umfasst 12 spezielle Dokumente oder Berichte. Im dritten Teil werden sechs grundsätzliche Beiträge zum
interreligiösen Dialog angeführt. Im
vierten Teil werden 27 Rezensionen vorgestellt.
Im Anschluss
finden sich weitere Informationen zu aktuellen Ereignissen aus den Jahren 2004
bis 2006, Informationen zum INTR°A-Projektpreis
für Komplementarität der Religionen und Informationen über die Autorinnen
und Autoren der einzelnen Beiträge.
Orientierungsbeispiel:
Zu dem
thematischen Schwerpunkt verfasste Fatma Sagir, Nachfahre muslimischer Migranten in Europa und seit 2005 Lektorin der
türkischen Sprache an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, ein Essay mit
dem Titel „Globalista Tour … zu
europäischen-muslimischen Identitäten“.
In diesem Essay
verbindet sie eine Reise als Erwachsene von Deutschland in die Türkei mit den
Erlebnissen aus ihrer Kindheit auf exakt eben dieser Reise. In diese Reise, mit
ihren vielseitigen Eindrücken, sind Informationen und Gedanken zum Thema
Migration, europäisch-muslimischer Identität und allgemeine Überlegungen zum
Thema Reisen verflochten. Dabei liegt der Hauptfokus auf der Identitätssuche
und Identitätsfindung. Zuletzt wird Istanbul als „Schmelztiegel der Kulturen“
beschrieben und einen Blick auf die muslimische Jugend geworfen.
Stilistisch setzt
Fatma Sagir in ihrer Reise dem „Aufbrechen“ ein „Ankommen“ gegenüber. Das
Element des „Aufbrechens“ bezieht sich hierbei auf die Thematik von Migration
und Reisen, während das „Ankommen“ die Diversität der Gesellschaft als Chance
darstellt. Unter den Teilüberschriften „Crossing the bridge …“ und „Globalista
Beats“ beschreibt sie die Landeseigenschaften und Landesphänomene mit der neuen
jungen Generation der muslimischen Jugend.
Biografisch-bibliografische Daten:
- Veröffentlichungen von Reinhard Kirste >>>
- Udo Tworuschka: Biografisches und Veröffentlichungen
- Paul Schwarzenau: Leben und Werk
- Fatma Sagir (Universität Freiburg/Br.)
- Homepage von Fatma Sagir
2. Begegnung mit der islamischen Welt
Besprechung von Pfarrer Dr. Wolfgang Pfüller, Eisenach
Besprechung von Pfarrer Dr. Wolfgang Pfüller, Eisenach
Die 1990 begonnene,
zweijährig erscheinende Reihe „Religionen im Gespräch" (RIG) war ein
Markenzeichen der im Jahre 1989 gegründeten „Interreligiösen Arbeitsstelle e.V
in Westfalen" (INTR°A). Mit Band 9 endet die Reihe. Keineswegs freilich
enden damit die Aktivitäten der um den interreligiösen Dialog sehr verdienten
„Interreligiösen Arbeitsstelle", wofür vor allem deren rühriger Koordinator
Reinhard Kirste sorgt (vgl. nur unter www.interrel.de).
Der Band ist in vier
Teile gegliedert. Auf die „thematischen Schwerpunkte" (hier: „Orient und
Orientalismus vom Mittelmeer bis nach Fernost"), die den Großteil des
Bandes ausmachen, folgen „Dokumente und Berichte", „Grundsätzliches zum
interreligiösen Dialog" sowie „Rezensionen".
Ein Schwerpunkt ist
die Begegnung und der Dialog mit der islamischen Welt. Darauf möchte ich mich
konzentrieren. Er spielt zum Beispiel eine erhebliche Rolle bei dem von Kirste
vorgestellten wichtigen interreligiösen Projekt in Iserlohn/ Westfalen, das
sich „West-östlicher Diwan" nennt und seit 1991 besteht. „Im Grunde hat
mit diesem Diwan eine geistige Wanderung, eine interreligiöse Pilgerreise
begonnen, von der zu hoffen steht, dass sie dem Zusammenleben von Menschen
verschiedener Glaubensweisen und damit auch der deutschen Gesellschaft in
unserer Region zugute kommt" (S. 343). Wichtig für den Dialog mit der
islamischen Welt ist auch Kirstes Hinweis auf zwei Internet-Publikationen: www.qantara.de,
ein Medium, „das in seiner Informationsbreite im Blick auf die
arabische Welt, den Mittleren Osten mit der Türkei und dem gesamten Mahgreb für
den deutschsprachigen Raum absolut einmalig sein dürfte" (S. 374), und www.babalmed.net,
eine 2001 eingerichtete Webseite, „sozusagen die
Mittelmeer-Kulturseite der Europäischen Union in Englisch und Französisch mit
elektronischen Artikeln in verschiedenen anderen Sprachen" und als solche
„gewissermaßen das Tor Europas zur Welt des Orients" (S. 375).
Bemerkenswert scheint
mir auch der Beitrag des indischen Muslims Ashgar Ali Engineer zu sein, in dem
er den Islam, besonders den Koran, für vereinbar mit der modernen Welt und
ihren Forderungen nach Demokratie und Toleranz hält. Der Koran ermutige zu
demokratischen Verhaltensweisen und Institutionen, und wenn man ihn sorgfältig
studiere, werde man ihn erfrischend modern, liberal und human finden (S. 105).
Hintergründe und historische Ursachen (Kolonialismus, Neokolonialismus) der
tief greifenden Spannungen zwischen Europa und der islamisch-arabischen Welt
heute verdeutlicht der Beitrag des aus Ägypten gebürtigen, in Deutschland
lehrenden Soziologieprofessors Fuad Kandil (S. 114-138). Udo Tworuschka befasst
sich mit dem „Islam als Bestandteil deutscher Religionstradierung" (S.
152-G8). Beobachtungen zu Sprache, Massenmedien, Schulbüchern, Populärkultur, Theologie und Künstlern als „sekundäre
Religionstradierungen" (Tradierungen nach außen) werden ergänzt durch
Hinweise auf die „primäre Religionstradierung" (Tradierung nach innen).
Dabei geht es unter anderem um die noch wenig erforschte Frage, „wie der Islam seinen nachkommenden
Generationen die eigene Religion vermittelt" (S. 160).
Kirste
bespricht ein interessantes Buch von Felix Körner zu Revisionen der
Koranauslegung in der türkischen Theologie. Hier sind aller Voraussicht nach
spannende Entwicklungen in der islamischen Theologie zu erwarten, die Kirste
wie folgt andeutet:
„Es wird vermutlich keine vergleichbare Übernahme der Geschichte der historisch-kritischen Forschung für den Koran geben, wie dies für die Bibel Johann Salomo Semler initiierte, aber es steht außer Frage, dass die islamische Koranexegese in den nächsten Jahrzehnten so voranschreiten wird, dass die Auseinandersetzung zwischen kritischer Bibelinterpretation und absolut geoffenbartem Koranwort auf eine Ebene kommen wird, die der Vernunft Rechnung trägt, ohne Offenbarungsaussagen objektivierbar zu machen" (S. 487).
„Es wird vermutlich keine vergleichbare Übernahme der Geschichte der historisch-kritischen Forschung für den Koran geben, wie dies für die Bibel Johann Salomo Semler initiierte, aber es steht außer Frage, dass die islamische Koranexegese in den nächsten Jahrzehnten so voranschreiten wird, dass die Auseinandersetzung zwischen kritischer Bibelinterpretation und absolut geoffenbartem Koranwort auf eine Ebene kommen wird, die der Vernunft Rechnung trägt, ohne Offenbarungsaussagen objektivierbar zu machen" (S. 487).
Erschienen in: Freies Christentum. 61. Jg., Nr. 03 (Mai /
Juni 2009), S. 79–81
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3. Orientalismus, Islam und Religionstradierung
Besprechung von Bettina Saeftel, im Rahmen eines Seminars
im Wintersemester 2006/2007 an der TU Dortmund
Allgemeines über RIG 9 und das Verständnis des Orients
Im vorliegenden Buch
wird eine breite Übersicht über den thematischen Schwerpunkt „Europa im Orient
–Der Orient in Europa gegeben“. Der Band ist in vier verschiedene thematische
Schwerpunkte unterteilt:
1.
Orient
und Orientalismus vom Mittelmeer bis nach Fernost
2.
Dokumente
und Berichte
3.
Grundsätzliches
zum interreligiösen Dialog
4.
Rezensionen
Zu jedem Text in dem
hier vorliegenden Buch gibt es inhaltliche, mehrsprachige Zusammenfassungen. In
den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch sind die Texte
verfasst bzw. übersetzt worden. Der interreligiöse und somit internationale
Gedanke wird durch die Sprachenvielfalt aufgegriffen und ermöglicht so auch Rezipienten
anderer Länder ein gutes Verständnis.
Die inhaltlichen
Zusammenfassungen ermöglicht dem Leser die Chance das Buch gut „quer zu lesen“
und verschafft somit einen guten thematischen Überblick.
Die Autoren und
Autorinnen des Buches sind zum Teil Mitglieder der Interreligiösen
Arbeitsstelle (INTR°A) in dessen Auftrag das Buch 2006 erschienen ist. Alle
anderen Autoren/Innen haben entweder einen persönlichen oder beruflichen Bezug
zu interreligiösen Thematik.
Aufgrund der Komplexität
des Buches werde ich im folgenden den Beitrag von
Udo Tworuschka exemplarisch darstellen.
Udo Tworuschka exemplarisch darstellen.
Islam und Religionstradierung
Udo Tworuschka beschäftigt sich als Religionswissenschaftler in seinem Bericht: Der Islam als Bestandteil deutscher Religionstradierung (S. 152- 168), mit der nach innen -„primären Religionstradierung“ – und der nach außen – „sekundären Religionstradierung“.
Den Bereich der „sekundären
Religionstradierung“ unterteilt Tworuschka in mehrere Unterpunkte. Zunächst
benennt er unsere Sprache in der viele arabischen Worte immer mehr
Einzug erhalten bzw. schon lange haben. In den Bereichen der Kunst, der
Mathematik oder auch der Wissenschaft sind die Beispiele vielfältig und für uns
heutzutage schon alltäglich. Worte wie Algebra, Zucker, Kaffee, Tarif und
Scheck gehen uns fast Tag täglich „über die Lippen“ ohne wirklich über ihre
Herkunft nachzudenken. Ein, wie ich finde, sehr bestechendes Beispiel, das
Tworuschka in seinem Bericht erwähnt, ist das Bespiel der heiligsten
islamischen Stadt Mekka. Die Stadt, die jeder gläubige Moslem in laufe seines
Lebens, soweit es ihm möglich ist, besuchen sollte wird zum Inbegriff für alles
Erstrebenswerte. Die Stadt Aachen wird in den Medien gern als „Mekka der
Reiterfreunde“ betitelt. Es wird darauf hingewiesen, dass das Begriffe – wenn
sie nicht in ihrem Gesamtkontext erschlossen werden – zu falschen Assoziationen
führen können.
Massenmedien bestimmen das
tägliche Leben der heutigen westlichen Welt. Internet, Hörfunk, Fernsehen,
Zeitungen etc. sind allgegenwärtig und werden von uns allen aktiv wie passiv
konsumiert und üben somit auf uns alle- egal ob bewusst oder unbewusst- ein
großen Einfluss auf unsere individuelle und auch öffentliche Meinung aus. TV-
Produktionen wie „Das Schwert des Islam“ von Peter Scholl-Latour oder Auswertungen eines Nachrichtenmagazins
„Blutiger Islam.20 Jahre `Spiegel Fechten` gegen den Ansturm auf das Abendland“
von M. Vogt, nehmen erheblichen
Einfluss auf unsere bereits schon vorhandenen Meinungen und tragen die Gefahr
Vorurteile zu schüren bzw. sie zu festigen.
Im Fokus stehen auch
die islamischen Bestandteile in den deutschen Schulbüchern.
Erstaunlicherweise lässt sich festhalten, dass der Islam schon seit über 350
Jahren in deutschen Schulbüchern thematisiert wird. Angefangen mit dem Buch „Orbis Sensualium Pictus“ von Amos Comenius aus dem Jahre 1658, über
Aufsätze des Neutestamentlers und Talmud-Spezialisten Paul Fiebig „Der Islam im
evangelischen Religionsunterricht“ oder der 1988 erschienenen Dissertation von
Gudrun Peuster- May, die sich mit der Behandlung der Religionen in der
schulbezogenen Literatur des 18./19 . Jahrhunderts auseinander setzte, zeigen auf das die islamische Welt und ihre
Religion einen festen Platz in der deutschen Lernkultur innehat.
In der Populärkultur
sind die „Kanäle“ noch mannigfaltiger. Tworuschka beschreibt verschiedene Medien als Transporteur der
islamischen Welt in die „deutsche Alltagswirklichkeit“. Bücher, Filme, Hörspiele,
Abenteuerspielbücher, Kinderkrimis ebenso die Werbung bedienen sich islamischer
Bilder bzw. der arabischen Kultur.
Bis heute liegt nach
Tworuschka keine hinreichende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der
Gesamtdarstellung des Islam in der deutschen Theologie vor. Von Martin
Luther mit seinen zwei Schriften aus dem Jahr 1529 „Vom Kriege widder die
Türcken“, „Herrpredigt wider den Türcken“ bis hin zu katholischen und auch
jüdischen Autoren fehlt eine umfassende Islamrezeption.
Im Bereich der Kunst
gibt es die verschiedensten Einflüsse, die schon seit dem 11./12. Jh. zu
verzeichnen sind. Zum Beispiel bildet die abendländische Bildung des 11./12.Jh.
bis heute nachhaltige Einflüsse auf die deutsche Geisteskultur. So natürlich
auch „Klassiker“ der Literatur wie z.B. „ Nathan der Weise“ (1779) von Lessing,
in der die drei „abrahamitischen“ Religionen vorurteilsfrei dargestellt/
vorgestellt werden. Der „Orientalismus“ des 18./19. Jh. zeichnete sich in der
Kunst ab. Die Architektur wurde durch den „orientalischen Baustil“ inspiriert
und geprägt (z.B. Palais in Dresden, seit 1995 Hotel der Kempinski Kette).
Schriftsteller, Maler
und Musiker ließen sich von der Orient-Begeisterung anregen und orientalisierende
Stile in ihre Arbeiten mit einfließen.
Den Bereich der „primären
Religionstradierung“ teilt Tworuschka in zwei Teile:
1.
Religionsvermittlung
2.
Gemeindegründung
Im Gegensatz zu der
vorher beleuchteten „sekundären Religionstradierung“, geht es hier nicht
um den „Einzug“ von islamischen Werten, Bräuchen oder den „Einzug des
Orientalismus“ in die Kunst sondern um die primäre Vermittlung der islamischen
Religion unter den islamischen Nachkommen.
Die Frage, wer und wie
die islamischen Nachkommen unterrichtet werden, ist bis heute ein kaum
erforschtes Feld. Udo Tworuschka hat in einem Projekt mit der DFG über
Religionstradierung am Beispiel des Islams, religionstradierende Literatur der
90er Jahre gesammelt und zu Teilen analysiert. Wie wichtig und welchen
Stellenwert der Koran bei der Religionsvermittlung dabei innehat, ist nur zu
Teilen festzuhalten. Der „übliche“ Ort der Koranvermittlung ist der
Koranunterricht, Kinder und Jugendliche besuchen diesen zwischen dem 4. und dem
18. Lebensjahr. Der erste Kontakt mit dem Koran geschieht meistens im
Elternhaus. Die Methoden und Formen der Religionsvermittlung sind
vielfältig (Internet, Bücher, Zeitschriften, Magazine, Videokassetten etc.)
bedürfen aber weiterer Forschung.
Die Gemeindegründung
der Muslime in Deutschland liegt
lange zurück. Auch wenn auch vorher schon Muslime in Deutschland lebten, die
erste Moschee wurde in Schwetzingen errichtet (Rote Moschee). Zu Zeiten des
ersten Weltkrieges errichtete man dann die erste Moschee in Berlin, die 1925/26
wegen Einsturzgefahr wieder abgerissen worden ist. Durch muslimische Exilanten,
Studenten und Akademiker entstand 1924 in der neuen Moschee in
Berlin-Wilmersdorf ein islamisches Gemeindeleben. Die Zeitschrift „Moslemische
Revue“ und auch die erste deutsche Übersetzung des Korans aus muslimischer
Feder entsprangen aus dieser Gruppierung, der „Ahmadiyya- Gemeinschaft“, einer
nicht-orthodoxen islamischen Richtung, die in der Wilmersdorfer Moschee „beheimatet“
war.
Die bis heute aber
größte Zahl an muslimischen Menschen in Deutschland bilden die
Arbeitsemigranten. Sie legten den Grundstein für eine, mittlerweile in der
dritten Generation, dauerhafte islamische Gemeinschaft.
Rz-RIG9, mehrere Überarbeitungen seit 29.04.2009
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