Ali Özgür Özdil:
Islamische Theologie und Religionspädagogik in Europa.
Stuttgart: Kohlhammer 2011, 340 S.
(zugleich Diss. Universität Hamburg 2009)
--- ISBN 978-3-17-021936-6
Im Anhang Übersichten, Adressen mit weiteren Informationen zu den untersuchten Bildungseinrichtungen –
Islamische Theologie und Religionspädagogik in Europa.
Stuttgart: Kohlhammer 2011, 340 S.
(zugleich Diss. Universität Hamburg 2009)
--- ISBN 978-3-17-021936-6
Im Anhang Übersichten, Adressen mit weiteren Informationen zu den untersuchten Bildungseinrichtungen –
Der Autor
Ali-Özgür Özdil gehört zur jüngeren Generation islamischer Theologen in
Deutschland, die ihr Hauptaugenmerk auf Bildung, Integration und Dialog der Religionen
richten. Als Direktor des islamischen Wissenschafts- und Bildungsinstituts
(IWB) in Hamburg hat er Theorieansätze und Praxiserfahrungen konkret
miteinander verbunden. Zugleich ist es ihm aber wichtig, der islamischen
Theologie in Deutschland eine eigenständige Stimme zu geben. Mit seiner hier
nun auch einem größeren Leserkreis zugänglichen Dissertation zieht er eine
Zwischenbilanz, die sich besonders auf islamische Studienmöglichkeiten für Religionslehrer/innen, Theolog/innen und Imame in
Europa bezieht, jedoch wichtige Theologische Fakultäten in Ägypten, Iran und
der Türkei mit einbezieht. Konkretisiert und exemplifiziert wird dieser
umfassende Durchgang durch Bildungsinstitutionen mit Interviews von Dozenten
und Studierenden in folgenden Ländern: Ägypten, Iran, Türkei, Großbritannien,
Spanien, Niederlande, Österreich, Frankreich, Norwegen, Belgien, Schweiz und
natürlich Deutschland.
Bei einer
solchen Untersuchung mit 13 einbezogenen Ländern ist allerdings auch zu
berücksichtigen, dass die teilweise verstärkte positive Entwicklung – auch im
universitären Bereich – „nur“ einen Zwischenstand wiedergeben kann. Dieser ist
allerdings für weitere Veränderungen wichtig, besonders – wenn er wie hier – gut
dokumentiert ist. Damit lassen sich weitere Untersuchungen auf diese
Forschungsarbeit aufbauen.
Entscheidend
ist die von Özdil genannte Hauptintention der Arbeit, die darin liegt „die
Islamischen Studien auf dem Gebiet des Islam in Europa und insbesondere
hinsichtlich der wissenschaftlichen Verankerung des Islam auf Hochschulebene
voranzutreiben“ (S. 15). Nach Jahrzehnten der Einwanderung von Muslimen aus den
verschiedenen Ländern der Türkei, des Nahen und Mittleren Ostens, Südasiens und
Nordafrikas wird es immer dringender, dass angesichts des multikulturellen Spektrums
und der unterschiedlichen Ausrichtungen des Islam die dadurch aufbrechenden
Probleme und Herausforderungen gerade im Erziehungs- und Bildungsbereich endlich ernsthaft und konsequent angepackt werden. Die Frage, ob „der Islam zu
Deutschland gehört“ mutet dabei wie eine politische Scheindebatte an, die die
wahren Probleme und Veränderungsnotwendigkeiten nur verschleiert.
Özdil geht
nun so vor, dass er bei seiner Analyse drei Ebenen miteinander vergleicht, die
für das Gesamtverständnis notwendig sind und zugleich die Quellenlage
offenlegen: Analyse der Selbstdarstellungen der Institutionen mit ihrem
Studienmaterial, Präsentationen im Printbereich und im Internet, die Auswertung
der Gespräche mit Studierenden und Dozenten. Damit gelingt eine sorgfältige
Analyse der jeweiligen Unterrichtspraxis und ihrer Methoden (S. 25). An dieser
Stelle sei das wichtige Ergebnis vorweggenommen, dass sich islamische Theologie
in den genannten „islamischen“ Ländern ausgesprochen vielfältig zeigt.
Es ist nicht
möglich angesichts der Vielzahl der angesprochenen Einrichtungen, diese im
Detail vorzustellen, aber die Zusammenhänge zwischen den transdisziplinären
Verankerungen und Verbindungen zu den in Europa beheimateten
Wissenschaftsinstitutionen lassen sich zumindest verdeutlichen.
So stellt Özdil in einem ersten Teil die Vorgeschichte mit dem
derzeitigen Forschungsstand vor und verweist auf die dazu gehörenden
Traditionen, wie die Kalam-Schulen (seit dem 8. Jh.), aber auch die
„flächendeckende“ Bedeutung der islamischen Rechtsschulen seit ihrer Entstehung.
Im zweiten Teil untersucht er die Zusammenhänge und Verankerungen
christlicher, jüdischer und islamischer Theologie im deutschen
Universitätssystem. In den islamisch geprägten Ländern, die er vorstellt, geht
es dann um die ausgewählten und vom Autor besuchten islamisch-theologischen
Fakultäten, nämlich Al-Azhar in Kairo und die theologischen Fakultäten in
Teheran, Qum, Istanbul, Ankara (mit der hermeneutisch offenen Ankara-Schule).
Der Fokus geht besonders auf die in Ankara und Istanbul auch für Ausländer
geeignete theologische Ausbildung zum Imam.
Der dritte Teil befasst sich mit dem Auftauchen islamischer Theologie
in Großbritannien, Spanien, Österreich, den Niederlanden, Frankreich mit einer
bereits jetzt existierenden erstaunlichen auch theologischen Vielfalt. Nur knapp angesprochen wird dann die Situation
in Norwegen, Belgien, der Schweiz und in Dänemark.
Ausführlich kommen dann im vierten Teil die konzeptionellen
Ansätze einer islamischen Theologie an deutschen Hochschulen sowie ihre
Einbindung in die jeweilige Universität zur Sprache. Özdil listet sowohl die
Rahmenbedingungen, die theologischen Hintergründe, die Verfassungsproblematik,
die Rechtssituation sowie die laufenden Projekte in Münster, Frankfurt/M.,
Osnabrück, Erlangen-Nürnberg, Bamberg, Ludwigsburg und Hamburg auf. Hier bleibt
für die Theologen und Religionslehrerausbildung noch viel zu tun.
Vgl. dazu
den Bericht (Über den tag hinaus, Stand Mai 2012):
http://intra-tagebuch.blogspot.de/search?q=Islamische+Theologie
http://intra-tagebuch.blogspot.de/search?q=Islamische+Theologie
In der Auswertung – fünfter Teil
– versucht Özdil angesichts des Auf und Ab bei der Einrichtung entsprechender
Studienzentren an europäischen Universitäten festzuhalten: „Sollte man eine
Schlussbetrachtung wagen, kann bereits davon ausgegangen werden, dass eine ‚Entdeckung‘
neuer Ausbildungslehrgänge wie etwa in islamischer Theologie unter den
Gegebenheiten westlich-säkularer Gesellschaften stattgefunden hat. Dadurch,
dass Muslime begonnen haben, ihre eigenen und spezifischen Fragen in die eigene
Hand zu nehmen, begann auch ein Prozess einer neuen Selbstdefinition“ … Muslime
„sind inzwischen Teil der Gesellschaften geworden, in denen sie leben und sie
fangen an, diese Gesellschaften mitzuprägen“ (S. 243). Diese Mitprägung
erfordert nicht nur eine Praktische Islamische Theologie als Lebensorientierung,
sondern auch die politische Akzeptanz der Muslime als gleichberechtigte Bürger
in den westliche Gesellschaften (S. 244f). Dem ist vorbehaltlos zuzustimmen.
Eine Kurzfassung dieser Rezension erschien in:
"Dialog. Zeitschrift für interreligiöse und interkulturelle Begegnung".
Jg. 11, Heft 20 und 21 (2012), S. 138-139
Von Ali Özgür Özdil erschien bereits 2002:
Wenn sich die Moscheen öffnen. Moscheepädagogik in Deutschland
- Eine praktische Einführung in den Islam.
Relgionspädagogik in einer multikulturellen Gesellschaft, Bd. 3. Münster u.a.: Waxmann 2002, 286 S. - Eine praktische Einführung in den Islam.
Aktualisierungen:
Islamische Theologie an deutschen Universitäten & Islamischer Religionsunterricht
Reinhard Kirste
Rz-Özdil-Relpäd,
04.06.12 u.ö.
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