Martin Bauschke: Der Sohn Marias. Jesus im Koran.
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2013, 200 S., Koranstellenregister
--- ISBN 978-3-650-25190-9 ---
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2013, 200 S., Koranstellenregister
--- ISBN 978-3-650-25190-9 ---
Ausführliche Beschreibung
Der
Religionswissenschaftler Martin Bauschke, Leiter des Berliner Büros der
Stiftung „Weltethos“, hatte bereits 2001 (Böhlau-Verlag) das Buch „Jesus im
Koran“ herausgebracht. Was im ersten Augenblick wie eine Neuauflage erscheint,
zeigt sich sehr schnell als ein wirklich neues Buch. Bauschke hat nämlich nicht
nur die theologischen Debatten seit der Erstausgabe seines Buches
eingearbeitet, sondern die gesamte Struktur systematisiert und stärker
religionswissenschaftlich ausgerichtet. Dem Autor kommt zugute, dass er seit
vielen Jahren dieses Thema nicht nur erforscht, sondern auch einem
interessierten Leser- und Hörerkreis vermittelt. Dies mag auch die Ursache
sein, dass sich dieses Buch nicht nur für Fachleute, sondern für jede/n Interessierte/n
gut liest. Im Anhang gibt es noch einen Fragebogen und Vergleichstabellen für Koran
und Neues Testament.
Bauschke gliedert sein
Buch in 14 Kapitel mit 8 (optisch besonders herausgehobenen) Exkursen, die zum
einen spezielle islamische Vorstellungen und zum anderen verstärkt heterodoxe christliche Anschauungen von
Jesu Wirken, Leben, Sterben und Auferstehen zur Sprache bringen. Er führt hier letztlich
eine 1400jährige, keineswegs unproblematische Dialoggeschichte fort, die mit
dem Koran begonnen hat.
Nach der Einleitung (Kap. 1) mit den Intentionen
und der Struktur des Buches diskutiert er die unterschiedlichen Messias-Verständnisse im Islam und im
Christentum (Kap. 2). In Kap. 3 zur Ankündigung
und Empfängnis Jesu sowie zur Bedeutung Jesu als Sohn der Maria (Kap. 3 und
4) gibt es religionswissenschaftliche Exkurse, die die Nähe zu christlichen
Aussagen und dennoch ihre Eigenständigkeit bezeugen. Hier wie generell im Buch
ist die Absicht des Autors deutlich spürbar, die „Christianisierungstendenzen“
einer Reihe von Autoren (wie Christoph Luxenberg
und Karl-Heinz Ohlig) abzufangen und das Eigenständige des Korans als
islamischer Glaubensgrundlage zu betonen. Das hindert keineswegs, auf
religionsgeschichtliche Zusammenhänge und Beziehungen zwischen koranischen und
christlichen, oft auch heterodox christlichen Traditionen zu verweisen, aber um
des sachlichen Dialogs willen jegliche christliche Vereinnahmung zu vermeiden.
Nun folgen (Kap. 5) –
abgrenzend von der Bedeutung Jesu im Christentum – die Grundlinien göttlicher
Botschaft in Bezug auf die Bedeutung des
Boten (Jesus). Denn sie haben als Menschen das weiter gegeben, was sie von
Gott empfangen haben. Angesichts ihrer heilsgeschichtlichen Vorbildfunktion
kommt ihnen darum auch Sündlosigkeit zu, wie der Exkurs erläutert. Dass der
Koran anonyme Jesus-Worte enthält (Kap.
6), verwundert angesichts der islamischen Hochschätzung Jesu keineswegs. Im
Blick auf die Eröffnungssure des Korans wird sogar das Vaterunser als Leitmotiv
vermutet (so in Exkurs 4). Dass Jesus Wunder
mit göttlicher Erlaubnis tut, versteht sich aufgrund der Bedeutung Jesu für die
Muslime von selbst (Kap. 7).
Die klassische auch
ins Polemische geratene Abwehr der Gottessohnschaft Jesu aus islamischer Sicht
nimmt Bauschke positiv über die Gott-Mensch-Beziehung im Koran auf, so dass
Jesus als Gottes Diener nicht der Sklave, sondern als der Freie dennoch sich
Gott ganz hingibt (Kap. 8). Damit sind natürlich alle trinitarischen Gottesvorstellungen ebenfalls für Muslime undenkbar,
zumal die Grenze zwischen Trinität und
Tritheismus nicht immer scharf zu ziehen ist. Das heterodoxe östliche
Christentum und besonders Monophysiten und Nestorianer haben mit ihren
christologischen Vorstellungen erhebliches Streitpotential entwickelt, in das
auch der Islam hineingerät (Kap. 8/9). Bleibt zum Schluss der festzuhaltenden
wesentlichen Unterscheidungen das Geheimnis
um Kreuzigung, Tod und Auferstehung Jesu. (Kap. 10-12). Die koranischen Verse
sind nicht eindeutig. Bauschke referiert alle islamischen Deutungsvarianten.
Dies nötigt ihn auch dazu, die Ähnlichkeiten mit gnostisierenden Christen zu
bedenken (Exkurs 6 bei Kap. 11). Bleiben noch Entrückung, Himmelfahrt und Verklärung sowie die Wanderung
christlicher Traditionsstränge zum Tod
Jesu in Kaschmir (Kap. 12, Exkurs 8, besonders mit Blick auf die
Ahmadiyya-Bewegung). Schließlich noch das Jüngste
Gericht (Kap. 13): Dieses setzt keineswegs aus der Sicht des Korans die
Wiederkunft Jesu voraus. Seine Abberufung aus dem irdischen Leben bringt also
keineswegs eschatologisch-apokalyptische Konsequenzen in Gang, denn „Jesus hat
nicht Teil an Gottes Thron, Wissen und Allmacht“ (S. 157).
Was bleibt nach dieser
spirituellen Begleitung Jesu durch die koranischen Aussagen und angesichts der
gründlichen Betrachtung wichtiger islamischer und christlicher Koranausleger in
Geschichte und Gegenwart? (Fazit,
Kap. 14) „Der Koran widerspricht jeder gleichsam ‚göttlichen‘ Christologie.
Jesus ist ... ein sterbliches Geschöpf … Das Messiasbekenntnis des Korans
stellt … eine theozentrische
Re-Interpretation der Gestalt Jesu angesichts der vielfältigen, auch noch
zur Zeit Muhammads miteinander konkurrierenden christlichen Christologien dar.“
(S. 160f.161). „Man kann das theozentrische Jesus-Zeugnis des Korans auch eine zeichenhafte Messianologie nennen“ (S.
164).
Eigentlich
ist es schade, dass Bauschke das Schlusskapitel der Ausgabe von 2001 nicht mehr
neu bearbeitet hat:
Die Bedeutung des koranischen Jesus für den christlich-islamischen Dialog, auch wenn das vielleicht 20-30 Seiten mehr geworden wären. So ist nur ein kurzes Nachwort mit der Maßgabe geblieben: „Im heutigen multikulturellen Kontext ist kein Christsein mehr möglich – es sei denn um den Preis fundamentalistischer Abschottung und Ignoranz – an den mitten unter Christen lebenden Muslimen vorbei“ (S. 165).1) Immerhin hat er aber die Basis für ein sachgerechtes Gespräch über Jesus zwischen Christen und Muslimen erheblich vertieft und auf breite religionswissenschaftliche und hermeneutische Grundlagen gestellt. Dies macht das Buch für Christen und Muslime gleichermaßen wichtig und interreligiös grundlegend.
Die Bedeutung des koranischen Jesus für den christlich-islamischen Dialog, auch wenn das vielleicht 20-30 Seiten mehr geworden wären. So ist nur ein kurzes Nachwort mit der Maßgabe geblieben: „Im heutigen multikulturellen Kontext ist kein Christsein mehr möglich – es sei denn um den Preis fundamentalistischer Abschottung und Ignoranz – an den mitten unter Christen lebenden Muslimen vorbei“ (S. 165).1) Immerhin hat er aber die Basis für ein sachgerechtes Gespräch über Jesus zwischen Christen und Muslimen erheblich vertieft und auf breite religionswissenschaftliche und hermeneutische Grundlagen gestellt. Dies macht das Buch für Christen und Muslime gleichermaßen wichtig und interreligiös grundlegend.
Anmerkung
1) Vgl. schon seinen Beitrag: Jesus als Beispiel der Gott-Mensch-Beziehung im Koran. In: Hansjörg Schmid / Andreas Renz / Jutta Sperber (Hg.): Heil im Christentum und im Islam. Erlösung oder Rechtleitung? Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart 2004, S. 101-120, bes. S. 117f
1) Vgl. schon seinen Beitrag: Jesus als Beispiel der Gott-Mensch-Beziehung im Koran. In: Hansjörg Schmid / Andreas Renz / Jutta Sperber (Hg.): Heil im Christentum und im Islam. Erlösung oder Rechtleitung? Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart 2004, S. 101-120, bes. S. 117f
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