Tomás Sedláček: Die Ökonomie von Gut und Böse.
Aus dem Englischen von Ingrid Proß-Gill. München:
Carl Hanser Verlag 2012. 448 S.
Aus dem Englischen von Ingrid Proß-Gill. München:
Carl Hanser Verlag 2012. 448 S.
ISBN 978-3-446-42823-2, auch als E-Book erhältlich-
Das
Buch ist eine Geschichte des ökonomischen Denkens und fordert angesichts der
modernen Ökonomie mit ihrer Mathematisierung eine (Rück-)Besinnung auf die
Ethik und Moral der Ökonomie. Der Autor demonstriert, dass die Ökonomie als eine
ethisch begründete, d.h. als eine moralische Wissenschaft lesenswert ist, und
zwar durch 5000 Jahre Wirtschaftsgeschichte. Als Lehrer an einer der ältesten
europäischen Universitäten in Prag (die Ökonomie war damals Teildisziplin der
Theologie) präsentiert er effektiv altes Wissen:
"In der Ökonomie geht es um Gut und Böse. Es geht um Menschen, die Menschen Geschichten über andere Menschen erzählen. Selbst das ausgefeilteste mathematische Modell ist eine Parabel, eine Geschichte, mit der wir die Welt um uns herum zu begreifen versuchen."
"In der Ökonomie geht es um Gut und Böse. Es geht um Menschen, die Menschen Geschichten über andere Menschen erzählen. Selbst das ausgefeilteste mathematische Modell ist eine Parabel, eine Geschichte, mit der wir die Welt um uns herum zu begreifen versuchen."
Im
Buch werden beachtliche Denkanstöße zur Geschichte gegeben. Es ist verständlich
geschrieben sowie ohne ökonomisches Vorwissen gut lesbar. Die Gliederung besteht aus zwei Teilen:
- Teil I: Ökonomie in früheren Zeiten
- Teil II: Blasphemische Gedanken
Im
Anhang gibt es 677 Anmerkungen mit den Quellen der Textzitate, 14 Seiten
Autorenverzeichnis und ein umfangreiches Sachregister: Doch in der Einleitung und am Ende häufen
sich Wiederholungen.
Basierend auf Fortschritten der
Informationstechnik, Spekulation, usw. hat die globale Krise seit 2008 durch die
Hegemonie der Börsen wachsende Kritik an den ökonomischen Wissenschaften
ausgelöst. Die Fokussierung auf Formeln und Excel Sheets durch Analysten
bewirkte eine so genannte Wertneutralität die von den Ursachen wirtschaftlichen
Handelns nichts mehr erwähnt lassen. Angesichts der aktuellen Finanzkrise
empfiehlt Sedláček (S. 400):
"Umdenken ist nötig, weil eine Wirtschaftspolitik, die nur materielle
Ziele verfolgt, immer zu Schulden führen wird. Jede Wirtschaftskrise wird viel
schlimmer werden, wenn wir ständig die Last dieser Schulden stemmen müssen. Wir
müssen sie daher schnell zurückzahlen. Wenn die nächste größere
Wirtschaftskrise unser System trifft, müssen wir vorbereitet sein ... Wer
ständig auf des Messers Schneide lebt, darf sich nicht wundern, wenn er sich
dabei verletzt."
Als
Ziele seines Buches nennt er (S. 396) "postmoderne Kritik der
mechanistischen und imperialen Mainstream-Ökonomie" sowie eine
"Antithese zur vorherrschenden morallosen, positivistischen und deskriptiv
aussehenden Ökonomie." Denn die Finanzkrise hat das herrschende Weltbild
der westlichen Geisteselite erschüttert: Demokratie und freie Marktwirtschaft
sind die besten aller Systeme für den Westen und die gesamte Welt.
Bemerkenswert hellsichtig ist in diesem Zusammenhang die bereits 1928
erschienene Dissertation von Oswald von Nell-Breuning „Grundzüge der
Börsenmoral“. Doch inzwischen hat sich die Zahl der an den globalen Märkten
beteiligten Menschen verdoppelt, und zwar durch die Transformation der
ehemaligen Sowjetunion, des RGW (Wirtschaftsverbund der ehemaligen
Ostblockstaaten) sowie besonders durch Chinas Öffnung.
Die Globalisierung führt immer mehr Menschen auf die Suche nach ihrem persönlichen Stück vom Reichtum der Welt. Neue Führer sollen Freiheit und Wohlstand bringen – das hoffen die Menschen. So diskutierte die Jahrestagung des Instituts für Neues Ökonomisches Denken beispielsweise 2013 in Hongkong „Wohlstand als Menschenrecht“.
Die Globalisierung führt immer mehr Menschen auf die Suche nach ihrem persönlichen Stück vom Reichtum der Welt. Neue Führer sollen Freiheit und Wohlstand bringen – das hoffen die Menschen. So diskutierte die Jahrestagung des Instituts für Neues Ökonomisches Denken beispielsweise 2013 in Hongkong „Wohlstand als Menschenrecht“.
Basierend
auf den Kategorien von Gut und Böse im ökonomischen Kontext verspricht der
Titel allerdings mehr, als er einzulösen imstande ist. Generell ist es jedoch ein
empfehlenswertes Buch angesichts der globalen Herausforderungen.
Eckhard Freyer
Mehr zum Rezensenten: http://www.hs-merseburg.de/~freyere/
Rz-Selcek-Freyer,
08.04.13
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