Richard Heinzmann in Zusammenarbeit mit Peter
Antes, Martin Thurner, Mualla Selçuk und Halis Albayrak (Hg.: im Auftrag der
Eugen-Biser-Stiftung):
Lexikon des Dialogs. Grundbegriffe aus Christentum und Islam.
--- Band 1: Abendmahl – Kult
--- Band 2: Kultur – Zwölferschiiten.
Freiburg u.a.: Herder 2013, 851 S., Indices
(türkische und englische Ausgaben in Vorbereitung).
--- ISBN 978-3-451-30684-6 ---
Lexikon des Dialogs. Grundbegriffe aus Christentum und Islam.
--- Band 1: Abendmahl – Kult
--- Band 2: Kultur – Zwölferschiiten.
Freiburg u.a.: Herder 2013, 851 S., Indices
(türkische und englische Ausgaben in Vorbereitung).
--- ISBN 978-3-451-30684-6 ---
Ausführliche Beschreibung
Imgrunde hat
fast jeder renommierte Fachverlag die Islam-Thematik aufgenommen und nicht
selten auch ein Islam-Lexikon im Programm (gehabt). Oft jedoch waren es
(christliche) Islamwissenschaftler, die die Herausgabe wesentlich steuerten.
Auch der Herder-Verlag brachte schon 1991 ein dreibändiges Islam-Lexikon als
Herder Spektrum 4036 heraus – mit Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann und
Peter Heine. Wenn es viele Angebote ähnlicher Richtung auf dem Markt gibt,
fragt sich der Interessierte natürlich: Was zeichnet dieses neue Lexikon gegenüber
anderen aus? Die Durchsicht zeigt ein Nachschlagewerk, das islamisches und
christliches Verständnis des jeweiligen Grundbegriffs bzw. Namens
gegenüberstellend beschreibt. Die Eugen-Biser-Stiftungin München und die Islamisch-Theologische Fakultät der Universität Ankara haben
gemeinsam dieses Lexikon erarbeitet und zugleich die jeweilige Begrifflichkeit
auch noch in türkischer Sprache erläutert. Mit über 100 Wissenschaftlern und
über 300 Artikeln ist hier tatsächlich ein Mammutwerk entstanden, das es so
bisher auf dem deutschsprachigen Markt nicht gibt.
Den
Leitgedanken des Lexikons hat der Vorsitzende der Eugen-Biser-Stiftung, der
christliche Philosoph Richard Heinzmann, klar auf den Punkt gebracht: „Es [das
Lexikon] ist von dem Leitgedanken geprägt, Christen und Muslimen vertiefte
Kenntnisse über die jeweils andere Religion zu vermitteln, ebenso allen an der
Begegnung dieser Kulturen beteiligten Menschen Grundlagen für das Gespräch und
damit für das friedliche Zusammenleben und das gesellschaftliche und
wirtschaftliche Zusammenwirken eine Voraussetzung zu bieten“ (S. 7). So kann
Vertrauen entstehen, wenn angesichts sorgfältiger Überprüfung der
Begrifflichkeit sich zum Teil hartnäckig haltende Vorurteile langsam aufzulösen
beginnen.
Nun erhebt
sich allerdings die Frage, ob dieses dialogisch ausgerichtete Begriffslexikon einen
allgemeinen (Minimal-)Konsens im Christentum und Islam widerspiegelt, also
konservative und liberalere Positionen vereint., Oder gibt es hier eine Art
„Achtergewicht“? Schaut man zuerst die Liste der Autoren durch, so vermisst man
Theologinnen bei den christlichen Beiträgen völlig, auf islamischer Seite
lassen sich wenigstens vier Professorinnen entdecken. Man muss natürlich auch
bedenken, dass die Beiträge der hier vertretenen islamischen Theologen logischerweise
die türkische Provenienz widerspiegeln. Das muss kein Schade sein, auch wenn es
hier nicht um ein deutsch-türkisches, sondern christlich-islamisches Werk geht.
Was die
Auswahl der christlichen Autoren betrifft sind die verschiedenen Disziplinen
von der Exegese über die Dogmatik bis zur Praktischen Theologie und die Religionswissenschaft
in konfessioneller und interreligiöser Offenheit vertreten (wenn auch mit
leicht katholischem Übergewicht). Auf der islamischen Seite dominieren
natürlich Forscherinnen und Forscher aus dem Umfeld der als theologisch recht
offen geltenden Theologischen Fakultät Ankara bzw. Wissenschaftler, die z.T.
von der „Ankara-Schule“ geprägt sind und nun an anderen Universitäten der Türkei
lehren. Man kann erahnen, dass aufgrund des dialogischen Bemühens manche
Begriffe beim „Schliff“ durch die Diskussionen gewisse Kompromisse beinhalten
und damit an Zuspitzung verloren haben. Auch gibt es natürlich nicht immer
Entsprechungen in der anderen Religion, so dass eine Reihe von Begriffen nur
für eine Religion erläutert werden
(können). Es lohnt darum umso mehr, einige der „Reiz-Termini“ Religionen
übergreifend genauer anzuschauen, z.B. die Artikel Dschihad, Frau, Märtyrer, Polygamie,
Islamophobie, Krieg. Dazu gehören auch mehrere Beiträge zu den
verschiedenen Rechtsbegrifflichkeiten, aber etwa auch Apostasie, Konversion, Menschenrechte und Religionsfreiheit. Auffällig ist, dass sich kein spezieller Artikel
zur Gender-Problematik finden lässt und beispielsweise die Reconquista nur nebenher unter Antijudaismus und Antisemitismus behandelt
wird. Weniger aufregend sind die unterschiedlichen religiösen Konnotationen
derselben Wörter wie z.B. Dogmatik/Dogmen,
Stiftung oder Opfer.
Es lässt
sich eben nicht alles bei diesem 7 Jahre dauernden Mammut-Projekt dialogisch
verorten. Es ist schon ein erstaunliches Phänomen, dass sich Wissenschaftler
aus der christlichen und der islamischen Theologie einem intensiven
Diskurs-Prozess aussetzten, so dass nun mit der Zustimmung aller Beteiligten wirklich
ein gemeinsames Werk vorliegt. Darum muss im Blick auf die vielen theologischen
Streitpunkte zwischen Christentum und Islam auch anerkennend festgehalten
werden, wie viele Fortschritte schon in diesem Lexikon realisiert wurden. Das
ist vielleicht am deutlichsten am islamischen Artikel zu Trinität erkennbar. Natürlich wären auch Artikel zu Inkarnation und Kreuz aus muslimischer Sicht ausgesprochen spannend geworden …
Dieses Lexikon
hat nun gar nicht den Anspruch für alle theologischen, gesellschaftlichen und kulturellen
Probleme im Horizont von Islam und Christentum Lösungswege zu bieten, aber es
ist ein beeindruckender „Etappensieg“ kompetenter und nachhaltiger Verständigung.
Spannend dürfte es werden, wenn sich eine Erweiterung dieses Projekts auf
islamische Theologen der arabischen oder gar iranisch-schiitischen Welt
abzeichnen würde. Da sind gewiss noch viele Steine beiseite zu räumen.
Immerhin, die Herausgeber aus beiden Religionen können sich neben dem bewundernswerten
dialogischen Erfolg eines solch immensen Grundlagenwerks zugutehalten, dass
sich die Politik bei der Erstellung des Lexikons in keiner Weise eingemischt
hat.
Unabhängig davon, wie diese Grundlagenarbeit weitergehen wird, für Forscher/innen und Interessierte ist hier bereits eine wissenschaftlich definitorische Standortbestimmung zwischen Christentum und Islam erreicht worden, hinter die niemand mehr ehrlichen Gewissens zurück kann! Insofern sei den Förderern, Herausgebern, dem großen Autorenteam und auch dem Herder-Verlag ausdrücklich gedankt.
Reinhard Kirste
ERGÄNZUNGEN UND FOKUSSIERUNG
AUF DEN CHRISTLICH-ISLAMISCHEN DIALOG
2. Handbuch Christentum und Islam in Deutschland.
Grundlagen, Erfahrungen und Perspektiven des Zusammenlebens
Grundlagen, Erfahrungen und Perspektiven des Zusammenlebens
Herausgeber: Mathias Rohe / Havva Engin / Mouhanad Khorchide /
Ömer Özsoy / Hansjörg Schmid.
Freiburg u.a.: Herder 2014, 2 Bände, 1300 S.
Ömer Özsoy / Hansjörg Schmid.
Freiburg u.a.: Herder 2014, 2 Bände, 1300 S.
- Verlagsankündigung: hier
- Zusammenhang mit der Eugen-Biser-Stiftung: hier
- Inhaltsverzeichnis und Leseprobe: hier
- Rezension von Andreas Mertin in theomag Nr. 92 (Dezember 2014)
3. Handbuch Christlich-Islamischer Dialog.
Grundlagen - Themen - Praxis - AkteureSchriftenreihe der Georges-Anawati-Stiftung, Band 12.
Freiburg u.a.: Herder 2014, 496 S.
Herausgeber: Volker Meißner / Martin Affolderbach / Hamideh Mohagheghi / Andreas Renz
Grundlagen - Themen - Praxis - AkteureSchriftenreihe der Georges-Anawati-Stiftung, Band 12.
Freiburg u.a.: Herder 2014, 496 S.
Herausgeber: Volker Meißner / Martin Affolderbach / Hamideh Mohagheghi / Andreas Renz
- Verlagsankündigung mit Inhaltsverzeichnis
50 Jahre christlich-islamischer Dialog - Bilanz eines Lernprozesses - Anmerkungen aus der Sicht der Anawati-Stiftung
- Kurzrezension in "Christ in der Gegenwart" (CIG 20/2014)
- Überarbeitete Online-Version mit aktuellen Ergänzungen >>>
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen