Johannes
Lähnemann /
Religionen für den Frieden Nürnberg /
Religions for Peace (RfP): Spiritualität multireligiös.
Religionen für den Frieden Nürnberg /
Religions for Peace (RfP): Spiritualität multireligiös.
Begegnungen der Religionen
in Gebeten, Besinnungen, Liedern.
in Gebeten, Besinnungen, Liedern.
Berlin: EB-Verlag 2014, 184 S.
ISBN 978-3-86893-129-7
ISBN 978-3-86893-129-7
Ausführliche Beschreibung
Johannes Lähnemann (geb.
1941) gehört zu den Wegbereitern interreligiöser Begegnung, besonders im
Bereich einer interkulturell offenen Religionspädagogik. Er hatte viele Jahre einen
religionspädagogischen Lehrstuhl für Evangelischen Theologie der Universität
Erlangen-Nürnberg inne. Mit den alle 2 Jahre stattfindenden Nürnberger Foren
zog er international renommierte Referenten und Fachleute sowie religiös
Interessierte und Engagierte in großer Zahl an. Seit 1988 leitet er die
Nürnberger Gruppe „Religionen für den Frieden“, ist Mitglied am „Runden Tisch
der Religionen in Deutschland“ und Chairman der „Peace Education Standing
Commission“ von „Religions for Peace“ (früher WCRP – Weltkonferenz der
Religionen). Das vorliegende Buch zeigt, dass ihm neben der wissenschaftlichen
Vertiefung im Blick auf das interreligiöse Lernen gerade auch die
spirituell-praktische Begegnung am Herzen liegt.
Bei
der Begegnung mit Menschen anderen Glaubens wird sehr schnell deutlich, dass
neben der Diskussion um Glaubensinhalte gerade Erfahrungen und auch Gefühle
sehr wichtig sind. Sie kommen in Meditation und Gebet besonders intensiv zum
Ausdruck. Wenn sich nun auf dieser Ebene Menschen zusammentun, macht sich bei
allen Unterschieden eine große Gemeinsamkeit bemerkbar. Das hat dazu geführt,
dass es seit vielen Jahren interreligiöse Gebete in einer ganzen Reihe von Städten
gibt – nicht nur in Deutschland. Aber Johannes Lähnemann wäre nicht der sorgsam
achtende Theologe, wenn er nicht auch Sorgen und Ängste im Zusammenhang dieser
Gebete aufzeigte. Sie betreffen die Angst vor Religionsvermischung, Verleugnung
des jeweiligen Wahrheitsanspruchs und gegenseitiger Vereinnahmung; und schließlich
geht es um den Verdacht, hier solle nur eine religiöse Schau präsentiert werden
(S. 28). Thematische Konzentrierung und „das offene authentische Einbringen des
eigenen Glaubenszeugnisses“ (S. 31) sind ihm besonders wichtig. Darum redet
Lähnemann lieber von „Spiritualität. Multireligiös“. Vielleicht aber schwingt
hier doch zu viel theologische Abgrenzungs-Vorsicht mit, denn immer wieder
zeigt die Erfahrung, dass sich VertreterInnen anderer Religionen gern und ohne
jeden psychologischen Druck ein Stück weit in die fremde Religion hineinnehmen
lassen, oder bewusst Gebete gemeinsam
aus verschiedenen Traditionen heraus formulieren. Hier entstehen neue
ungewohnte und bereichernde Erfahrungen im Blick auf die eigene Religion und
über diese hinaus.
Wie
dem auch sei, es lässt sich an den im Buch zusammengestellten 20 Gebetsstunden durchaus
ahnen, inwieweit die dort meditierten und gebeteten Texte, die symbolischen
Rituale sowie die musikalischen Klänge und gesungenen Lieder auch in einer
anderen Religion verinnerlicht werden können. Das gilt auch für die Themen, die
Menschen aller Glaubensformen und sicher auch vielen Nicht-Glaubenden zum Teil
auf der Seele brennen.
Schon
in der 1. Gebetsstunde von 1989 kommt der tief menschliche Wunsch zum Ausdruck,
Gräben zu überwinden und Brücken zu bauen und setzt sich fort im Zusammenhang
mit der Erinnerung an das 1. Friedensgebet in Assisi 1986, die interreligiöse
Arbeit im Rahmen der Organisation „Religionen für den Frieden“ sowie in praktischen
Nürnberger Pilgerwegen. So tut sich insgesamt eine Vielfalt von Themen auf: Buße-Umkehr-Reinigung
des Geistes, religiöse Positionen gegen den Terrorismus, Bewahrung der
Schöpfung und Schutz der Erde in mehreren Variationen, Schritte zur Gerechtigkeit,
Gastfreundschaft, Friedensverantwortung, Beistand für die unterdrückten
Gläubigen aller Religionen, Menschenrechte, Zukunft für unsere Kinder.
Aus solchen
Begegnungen heraus ist 1992 auch „Die Nürnberger Erklärung der Religionen zur
Bewahrung des Lebens“ entstanden. Dort heißt es u.a.: „In der Verschiedenheit
unserer Bekenntnisse wissen wir uns doch verbunden in der >Ehrfurcht vor dem
Leben< (A. Schweitzer) und in der Suche nach neuer Geschwisterlichkeit. …
Erkennt, dass andere religiöse und ethnische Gruppen unter euch Reichtum, nicht
Verarmung bedeuten. Die Beschneidung ihrer Rechte und Entfaltungsmöglichkeiten
macht euer Leben ärmer … Im Bewusstsein der ganzen Vielfalt und Schönheit der
belebten und doch so bedrohten Welt wollen wir mittragen an der Verantwortung für
das Leben um uns und auf der ganzen Erde“ (S. 183.184)
An
diesen seit 25 Jahren praktizierten Gebetsstunden wirk(t)en VertreterInnen
aller großen Religionen mit. Sie sind darum zu Markierungs-Impulsen für die
interreligiöse Begegnung geworden, die zugleich auch auf das gesellschaftliche
Klima einer Stadt einwirken (können).
Das Buch der
Nürnberger Gebetsstunden ist sehr praktisch ausgerichtet und bietet viele
Anregungen, die dort präsentierten Texte und Anregungen auch für die eigene
interreligiöse Arbeit zu übernehmen. Zur Erleichterung beim Auswählen dient
auch ein ausführliches Inhaltsverzeichnis, so dass man leicht die einzelnen
Materialien auffinden kann. Auch die theologische Vorbesinnung des Autors ist
hilfreich, auch wenn der Rezensent die Akzente noch „interreligiöser“ setzen
würde. Dennoch: „Spiritualität. Multireligiös“ kann hervorragend als Vademecum
für die eigene auch öffentlich zu machende interreligiöse Praxis dienen.
Reinhard Kirste
Rz-Lähnemann-multirel, 16.04.14, aktualisiert
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