Klaus Dornisch:
Sagenhaftes Äthiopien. Archäologie – Geschichte – Religion.
Mit einem Vorwort
von S. K. H. Dr. Prinz
Asfa-Wossen Asserate.
Darmstadt: Philipp von Zabern (WBG)
2015, 192 S., zahlreiche Abb., Glossar
--- ISBN: 9783805348676 ---
Kurzrezension: hier
Ausführliche Beschreibung
Sagenhaftes Äthiopien. Archäologie – Geschichte – Religion.
Mit einem Vorwort
von S. K. H. Dr. Prinz
Asfa-Wossen Asserate.
Darmstadt: Philipp von Zabern (WBG)
2015, 192 S., zahlreiche Abb., Glossar
--- ISBN: 9783805348676 ---
Kurzrezension: hier
Ausführliche Beschreibung
Äthiopien gehört zu den ältesten Kulturländern der Erde. Von der frühesten
Menschheit bis in die Gegenwart spielt sich hier eine faszinierende Geschichte
zwischen Bergen, Wüste, Ackerland und dem Nil ab. Diese Kulturen sowie die
spektakulären Landschaften ergeben ein geradezu aufregendes Panorama.
Der Archäologe Klaus Dornisch (geb. 1942) war von 1982–2008 Leiter des
Fachbereichs Archäologie und Kulturgeschichte am Bildungszentrum der Stadt
Nürnberg. Er ist ein anerkannter Experte, gleichzeitig Herausgeber der
„Nürnberger Blätter zur Archäologie“. Mit diesem Buch entstehen durch eine
geglückte Verbindung von Sachtexten mit vielen großformatigen Fotos und Karten
spannende Einblicke in die einzelnen Epochen. Dieser Eindruck wird noch durch beigefügte
Berichte früherer archäologische Expeditionen seit Anfang des 20. Jhs.
verstärkt. Natürlich kommen auch die politischen Interessen der hinter den
Ausgräbern stehenden Herrscher Deutschlands und Italiens zur Sprache.
Im Kapitel I: „Menschheitsdämmerung“
beschreibt der Autor die Konsequenzen, die durch die Entdeckung
prähistorischer Menschen ein neues Licht auf diese Region werfen, sozusagen die
„Wiege der Menschheit“. Dass die hier lebenden Hominiden/Frühmenschen
angesichts eines gigantischen Klimawandels mehrfach auswanderten und damit auch
nach Europa kamen, gehört vielleicht eher zu den Episoden der
Menschheitsgeschichte. Denn zwischen 70.000 bis etwa 10.000 v. Chr. überlebte
in Europa faktisch nur der „Homo heidelbergensis“.
„Ab etwa 10.000 v. Chr. findet der Übergang von der jagenden und aneignenden
Wirtschaftsweise der bis dahin nicht sesshaften Jäger und Sammler hin zur
sesshaften Lebensweise der Ackerbauer und Viehzüchter statt“ (S. 39). Es ist
das Werden eines Kulturraums durch
die neolithische Revolution, wie sie
im Kapitel II beschrieben wird. So
beginnt nun auch die kreative Epoche der Höhlenmalereien und Felsbilder. Von
dort ist der Schritt in die sog. Hochkulturen
nicht mehr weit. Entscheidend ist die Entwicklung der Schrift in Mesopotamien
und Ägypten. Äthiopien rückt etwas an den Rand der globalen Geschehnisse, wie
Dornisch etwas ausführlicher im Kapitel III
„Äthiopisches Vorspiel“ beschreibt. Es ist die Suche nach dem Land Punt, dem Weihrauchland, über das die Pharaonin
Hatschepsut (ca. 1479 – 1458/57 v. Chr.) herrschte. Vielleicht ist hier
Äthiopien gemeint. Deutlicher in den Fokus stehen dann wieder die Reiche von Di’amat (mit den
Weihrauchgärten) und von Aksum: Kapitel
IV und V. Offensichtlich kamen die Sabäer von Südarabien nach Äthiopien.
Ägyptologen und Archäologen haben immer wieder bedeutende Tempelreste aus der
Zeit um 1000 v. Chr. ausgegraben, die eine Verbindung zur Mittelmeerwelt und zu
den südarabischen Gestirngottheiten zeigen. So sind „sowohl der
Fünf-Pfeiler-Bau von Sirwah [sc. im Jemen] wie auch der Sechs-Pfeiler-Bau von
Yeha [sc. in Nordäthiopien) unter den frühen Bauten Altsüdarabiens ohne weitere
Parallelen“ (S. 89). Einzigartig für Äthiopien und für den Jemen ist in diesem
Zusammenhang auch der sog. Thron von Hawelti. Im Blick auf die
Residenzstadt Aksum breitet sich eine lebensvolle Epoche von ca. 400 v. Chr. bis
900 n. Chr. aus. Dieser Ort ist durch seine (Grab-)Stelen und seine
Palastarchitektur berühmt geworden. Eine Verbindung zur Königin von Saba in der
Bibel ist allerdings höchst unwahrscheinlich.
Einen wichtigen Abschnitt bildet das
christliche Äthiopien, Kapitel VI. Hier spielen nicht nur die verschiedenen
christlichen theologischen Richtungen (im Blick auf die monophysitische Variante
der Natur Christi) eine Schlüsselrolle, sondern auch die geschichtlichen
Hintergründe von Beta Israel bzw. den
Falascha (S. 133) im Kontext des verlorengegangenen Stamms Levi und dem
Verbleib der Bundeslade. Historisch bedeutend bleibt im Vielvölkerland
Äthiopien der kontinuierliche Zusammenhang mit Ägypten quer durch die Epochen. Tatsache
ist etwa, dass die Äthiopisch-Koptische Kirche bis 1950 unter dem Einfluss des
Patriarchen von Alexandria stand. Erst von da an gibt es koptische Patriarchen.
Breits in der Antike markiert die Stadt Aksum
mit ihren Richterstühlen und Königsthronen eine Veränderung hin zum bedeutendsten
christlichen Zentrum des äthiopischen Reiches. Dies kam durch die Erhebung des
Christentums zur Staatsreligion um 340 unter König 'Ezana zustande. Die
Kathedrale „Maryam Tsiyon“ in Aksum nimmt in ihrer Ortslegende die biblischen Geschichten
um Salomo auf und behauptet sich als Aufbewahrungsort der Bundeslade (S. 150f).
Sowohl in Vergangenheit wie Gegenwart spielen damit die drei Religionen Judentum, Christentum und Islam eine
maßgebliche Rolle, besonders auffällig ist der jüdische Einfluss auf die
christliche Liturgie.
Das Schlusskapitel
VII bildet die unmittelbare Fortsetzung der Berichte um die Hauptstadt Aksum – verbunden mit durchaus
erfolgreichen Versuchen, Einfluss auf die südarabische Halbinsel zu gewinnen.
Der Dammbruch von Ma’rib im Jemen 572 allerdings markiert das Ende einer
glücklichen Zeit sowohl in Arabien wie in Äthiopien. Die Verbindung zum Byzantinischen
Reich zerbrach. Die Ausbreitung des Islam war am Anfang allerdings keine
Bedrohung für das arabische Christentum, weil die aus Mekka emigrierten Muslime
in Äthiopien freundliche Aufnahme fanden.
Erst Ende des 1. Jahrtausends
vollzog sich ein tiefgreifender Macht-Wandel und eine Verlegung der Hauptstadt
in das Landesinnere, der letztlich Äthiopien wieder in eine weltgeschichtliche
Randstellung brachte. Der Autor spricht darum von den dunklen Jahrhunderten mit
einer Ausnahme: In der Zeit um 1200 entwickelte sich ein im Hochland gelegenes
Dorf (heute Klosterdorf Lalibela) und seine Umgebung mit vielen in den Fels
gehauenen Kirchen unter dem König Lalibela zum „neuen Jerusalem“. Eine
Besonderheit sind auch die mittelalterlichen Totenstelen aus dem 12./13.
Jahrhundert (Exkurs S,. 182f). Die Kaiserpaläste in Gondar (17. Jh.)
signalisieren erneut eine kulturelle Blütezeit. Die kulturellen Schätze
Abessiniens/Äthiopiens fachten schließlich das archäologische Interesse an –
mit Expeditionen aus Europa besonders im 19./20. Jh.
Im Vorwort betont der Kultur engagierte Prinz Asfa-Wossen Asserate, dass
das vielfältige Erbe Äthiopiens weitgehend von friedlicher Koexistenz geprägt
war (S. 7). Äthiopien stand auch nie unter kolonialer Herrschaft europäischer Mächte.
Dass die politischen Konflikte des 19./20 Jahrhunderts bis in die Gegenwart
nicht intensiv thematisiert wurden, mag man einem Buch mit
archäologisch-historischem Schwerpunkt nachsehen.
Dieses bedeutende Kultur-Erbe der Menschheit bis heute in solch schöner und zugleich informativer Weise
dem Leser nahezubringen, bleibt jedoch das bleibende Verdienst von Klaus
Dornisch.
Weiterführend:
Kleiner Literatureinblick: Christentum, Karl-Heinz Böhm, Landschaft, "Schwarze" Juden: Beta Israel / Falascha |
- Annie Caubet: Aux Sources du Monde Arabe. L'Arabie avant l'Islam.
Collection du Musée du Louvre. Paris: Réunion des musées nationaux --
Institut du Monde Arabe 1990, 110 S., Abb. - Ewald Hein / Brigitte Kleidt: Äthiopien - christliches Afrika.
Kunst, Kirchen und Kultur. Ratingen: Melina 1999, 236 S., Abb., Index
(mit Bezug zu Karlheinz Böhm und der Stiftung "Menschen für Menschen") - Philipp K. Hitti: History of the Arabs.
From the Earliest Times to the Present (1937 !).
London u.a.: Macmillan 1970, XXIV, 822 S., Abb., Index
Reinhard Kirste
Rz-Dornisch-Äthiopien,
01.11.15
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