Celalettin Kartal: Deutsche
Yeziden.
Geschichte – Gegenwart – Prognosen.
Reihe: Religionen aktuell Bd 17.
Marburg: Tectum Verlag 2016, 152 S.
--- ISBN 978-3-8288-3676-1 ---
Verlagsankündigung: hier
Geschichte – Gegenwart – Prognosen.
Reihe: Religionen aktuell Bd 17.
Marburg: Tectum Verlag 2016, 152 S.
--- ISBN 978-3-8288-3676-1 ---
Verlagsankündigung: hier
Durch die Flüchtlingsströme aus Syrien und dem Irak ist die deutsche
Öffentlichkeit auf die Existenz der Religionsgemeinschaft der Yeziden
(oft auch „Êzîden“ geschrieben) aufmerksam geworden.
Viele wünschen deshalb mehr Informationen darüber und erwarten von der Religionswissenschaft genauere Details.
Hier jedoch ist oft Fehlanzeige zu beklagen, weil derartige religiöse Sondergruppen nicht zu den üblichen Inhalten einer religionswissenschaftlichen Standardausbildung gehören. Umso erfreulicher ist, dass das Buch Celalettin Kartal nun die entsprechenden Informationen liefert.
Viele wünschen deshalb mehr Informationen darüber und erwarten von der Religionswissenschaft genauere Details.
Hier jedoch ist oft Fehlanzeige zu beklagen, weil derartige religiöse Sondergruppen nicht zu den üblichen Inhalten einer religionswissenschaftlichen Standardausbildung gehören. Umso erfreulicher ist, dass das Buch Celalettin Kartal nun die entsprechenden Informationen liefert.
Nach
einer Einleitung und der Eingangfrage, wer die deutschen Êzîden sind,
geht das Buch auf die Frage ein, woher die Êzîden kommen, welche
Gemeinsamkeiten mit den „Geschwisterreligionen“ (Zoroastriern, Yasaran
und Aleviten) bestehen und wo die Unterschiede zu den
Universalreligionen liegen.
Es folgt ein kurzer Abriss zur Geschichte
der Êzîden unter islamischer Herrschaft, zu ihrer Flucht aus der Türkei,
aus Syrien, aus dem Irak und aus Transkaukasien und ihr Wunsch, nach
Deutschland zu kommen und sich als hier frei lebende
Religionsgemeinschaft voll zu integrieren.
Wichtige weitere Kapitel
behandeln das êzîdische Glaubenssystem, feststellbare
Auslegungsunterschiede innerhalb der Gemeinschaft der Êzîden, Fragen
nach der rechtlichen Stellung der Frau und nach der religiösen Praxis
der Êzîden in Deutschland und damit verbunden Fragen wie der nach der
Einstellung zum Deutschen Staat und der Rolle der Tradition in neuer
Umgebung sowie offene Fragen bezüglich der Erwartung, dass Êzîden nur
unter Êzîden derselben Kaste heiraten sollen und Konversionen bislang
nicht zugelassen sind.
Aus der Zusammenfassung (S. 120-123) seien hier einige wichtige Aussagen zum Êzîdentum zitiert:
- Das Êzîdentum kennt keinen Fanatismus und erhebt keine Absolutheitsansprüche.
- Es gibt im Êzîdentum keine negative Macht, die von außen auf Menschen einwirken und diese verführen kann.
- Êzîden glauben an Seelenwanderung. Die Seele stirbt nicht, wandert von Körper zu Körper bis sie ihren transzendentalen Zustand erreicht.
- Es gibt im Êzîdentum keine „heiligen Bücher“.
- Êzîden besitzen einen reichen Fundus an Hymnen, Gebeten und Legenden.
- Die Inhalte des Êzîdentums wurden von religiösen Würdenträgern oder Spezialisten (qewals) mündlich weitergegeben.
- Es gibt bei den Êzîden keine ausgebildeten Theologen wie z.B. Pfarrer oder Priester. Êzîden haben sog. religiöse Würdenträger, die zwar alle ihre murîds haben, aber nur die wenigsten von ihnen haben die religiösen Texte memoriert und können sie vortragen. Die meisten Êzîden wissen wenig über ihre Religion und deren Inhalte.
- Die Êzîden verehren die sieben Engel. Der wichtigste ist unter ihnen Tawisî Melek. Nach êzîdischer Vorstellung wurde er wegen seiner Weisheit und seines Mutes von Gott zum Oberhaupt aller anderen Engel erkoren.
- Gott hat bei den Êzîden einen Chefengel: Der êzîdische Gott weist gewisse Besonderheiten auf: Nach êzîdischer Auffassung trat Gott nur bei der Schöpfung aktiv in Erscheinung. Alle Engel unterstehen der Befehlgewalt des obersten Erzengels, der sich an dem göttlichen Plan aktiv mit beteiligt hat.
Es
würde zu weit führen, hier alle Details der Zusammenfassung zu
wiederholen. Die aufgeführten sollen aber zeigen, weshalb die Êzîden
nach islamischem Recht nicht unter die geduldeten
Religionsgemeinschaften der „Leute des Buches“ (also Juden, Christen,
Zoroastrier u.a.) fallen und daher stets illegal innerhalb des
islamischen Reiches überlebt haben, sofern sie nicht offen verfolgt
wurden.
Als
besonders wertvoll ist schließlich für das Buch neben einem
ausführlichen Literaturverzeichnis die Vorstellung wichtiger Studien
über die Êzîden (S. 124-135) hervorzuheben, die auf Türkisch, Kurdisch,
Englisch und Deutsch vorliegen und folglich nicht alle in gleicher Weise
den am Êzîdentum Interessierten zugänglich sind.
All
dies zeigt hoffentlich, weshalb das Buch für die Religionswissenschaft
ein großer Gewinn ist und alle nur erdenkliche Beachtung verdient.
Prof. Dr. Peter Antes, Hannover
08.01.2016
Vgl. auch: Yeziden - eine alte mittelöstliche Religion
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