Leonard
Swidler: The Age of Global Dialogue.
Eugene (Oregon (USA): Pickwick Publications
2016, XII, 428 pp., index
Eugene (Oregon (USA): Pickwick Publications
2016, XII, 428 pp., index
-- Paperback: ISBN 978-1-4982-0867-3
– Hardcover: ISBN 978-1-4982-0869-7
– E-Book: ISBN 978-1-4982-0868-0
– Hardcover: ISBN 978-1-4982-0869-7
– E-Book: ISBN 978-1-4982-0868-0
In
diesem Buch zieht der bekannte katholische US-Theologe und engagierte
Dialogiker Leonard Swidler eine Art Bilanz seines Wirkens in der Begegnung mit
Menschen und Theorien anderen Religionen. In vielen Veröffentlichungen hat er seit
vielen Jahren die verschiedenen Stationen der interreligiösen Begegnungen mit
allen Schwierigkeiten und Chancen bereits erfahren.
Er
verfolgt den Weg vom Beginn des Parlaments
der Weltreligionen in Chicago 1893 bis zum 2. Vatikanischen Konzil und den
von daher sich entwickelnden weiteren Möglichkeiten. Das gilt besonders im
Blick auf die Konzilserklärung „Nostra Aetate“.
Seine Zeitschrift Journal of Ecumenical Studies (JES): http://dialogueinstitute.org/jes/ ist von Anfang an ein Seismograph interreligiöser Begegnung, was neue Tendenzen und wichtige Auseinandersetzungen in den verschiedenen Weltreligionen betrifft.
Seine Zeitschrift Journal of Ecumenical Studies (JES): http://dialogueinstitute.org/jes/ ist von Anfang an ein Seismograph interreligiöser Begegnung, was neue Tendenzen und wichtige Auseinandersetzungen in den verschiedenen Weltreligionen betrifft.
In „The Age of Global Dialogue“
geht Swidlers Gedankenweg nach einführenden Überlegungen in sieben Schritten bis
zur Notwendigkeit eines dialogischen Lebens. Ganz nebenbei entsteht so eine
Geschichte des interreligiösen Dialog von den frühen Begegnungen mit anderen
Religionen in früheren Jahrhunderten bis zu den Herausforderungen der Gegenwart:
1. Grundlagen des Dialogs (Bases of Dialogue) – S. 1
2. Religion als Weltanschauung – ihre Bedeutung (Religion/Ideology) – Its Meaning) – S. 35
3. Der “innere” Dialog (The “Inner” Dialogue) – S. 82
4. Der gegenseitige-Dialog (The “Inter” Dialogue) – S. 95
5. Dialog in der Welt (Dialogue in the World) S. 312
6. Dialog als Experiment (Dialogue Attempted) – S. 366
7. Endgültige Schlussfolgerung (Final Conclusion) – S. 409
Sehr klar benennt Kapitel 1: Bases of Dialogue neue
Verstehensgrundlagen, was die letztgültigen Strukturen unserer Realität,
unserer Wahrheitsaussagen und unseres ethischen Verhaltens betreffen. Das muss auf
die Religionen weltweit bezogen werden. Das gilt auch für die Weltanschauungen,
z.B. den Marxismus. Swidlers Ideologiebegriff ist dabei bewusst wertfrei. Hier
zeigt sich bereits eine gegenseitige Verbundenheit im Sinne einer
Komplementarität, weil die Verständnisse von Wahrheit nicht isoliert betrachtet
werden können.
Die Zielrichtung hatte
Swidler schon skizzenhaft vorweg formuliert (aaO S. 3). Er verstärkt sie, indem
er Offenheit deutlich macht, nämlich über bisherige Absolutismen hinaus lernend
aufeinander zuzugehen und sich damit, auf eine de-absolutierte, kritische
Gedankenwelt einzulassen. Hier können wir nicht mehr auf der Ebene einer
überkommenen, ersten Naivität leben. Wir müssen wenigstens versuchen, auf die
Ebene der zweiten Naivität zu kommen. Auf dieser Ebene verwechseln wir unsere Grundsymbole
und Metaphern nicht mit empirischen, ontologischen Realitäten. Wir bringen sie auch
nicht mehr mit Phantasien und Märchen durcheinander. Weil wir sie nun als Grundsymbole
und Metaphern sehen, schätzen wir sie als unentbehrliche Vehikel, um tiefe zwischenmenschliche
Verständigung zu ermöglichen. Hier sind die Religionen und Ideologien besonders
herausgefordert.
In Kapitel 2: Religion/Ideology – Its Meaning geht
es um Möglichkeiten von „Deeper
Religion“. Darum entgrenzt der Autor die Religionen und
Ideologien/Weltanschauungen aus ihren jeweiligen historischen und
gesellschaftlichen Verengungen, weil bereits faktisch das Zeitalter des
globalen Dialogs begonnen hat (S. 43). Authentizität ist aber nur auf dem Weg „Zurück
zu den Quellen“ zu erreichen. So werden die Grundmuster aller religiösen
Traditionen deutlich – sie seien mehr populär oder reflektierend. Sie
intendieren Heil und Erlösung im Kontext einer „ultimate reality“ (S. 59). Sie
ist der Horizont, in dem alle interreligiösen Begegnungen ihren Sinn und
zugleich ihre menschliche Begrenzung haben (ausführlich S. 283ff).
Das Kapitel 3: The „Inner Dialogue“ nimmt
geschichtliche Entwicklungen innerhalb des Christentums auf. Swidler, als katholischer
Theologe, sieht dabei kritisch auf die Geschichte des Katholizismus. Der
Wendepunkt wurde eindeutig mit dem 2. Vatikanischen Konzil und mit der Erklärung
„Nostra Aetate“ gesetzt. Man darf für das Christentum derzeit sagen, dass
inzwischen Zukunft weisende Wege beschritten werden.
Logischerweise erfolgt
dann mit dem umfassenden Kapitel 4: The
„Inter“ Dialogue, für den es natürlich Regeln braucht. Bereits 1978 hatte
Swidler diese zum ersten Mal formuliert und 1983 erweitert als „Dialog-Dekalog“
veröffentlicht: http://dialogueinstitute.org/dialogue-principles/
Dieses Grundmuster
muss aber nun weiter entwickelt werden. Raimon Panikkar hatte bereits eine
Vertiefung im Sinne eines spirituellen Dialogs für notwendig erachtet (S.
107ff). Er schlug ein ökumenisches Esperanto vor (S. 117). Dialog jedoch beruht
immer auf Gegenseitigkeit angesichts der Chancen und Probleme, die religiöse
Traditionen innerhalb und außerhalb haben. Für den jüdisch-christlichen Dialog,
der am Anfang der theologischen Begegnungsarbeit Swidlers stand, spielt zum
einen das christliche Verhältnis zum Juden
Jesus eine wichtige Rolle. Aber zum andern wird die Erfahrung des Holocaust immer
prägend bleiben. Die Einbeziehung des monotheistischen Dialogs, also die
Erweiterung zum „Trialog“ wird gegenwärtig durch den zunehmenden Terror im
Namen des Islam belastet (S. 209f). Umso wichtiger ist es neben wichtigen
Dialog- und Trialog-Organisationen herausragende islamische Dialog-Denker vorzustellen
wie Smail Baliç, Mahmud Muhammad Taha, Mohamed Talbi, Hasan Askari und Mohammed
Arkoun. Ähnliches lässt sich auch für den hinduistisch-christlichen und den
buddhistisch-christlichen Dialog sagen. Hinzu kommt der an Bedeutung gewinnende
christlich-konfuzianische Dialog, aber auch der Diskurs mit dem Marxismus. Es
seien nur Milan Machovec und Andrija Krešić
erwähnt. Gelingen können solche Begegnungen allerdings nur mit entsprechenden sachlichen
und zugleich empathischen Dialoghaltungen (S. 307ff).
Im Kapitel 5: Dialogue in the World
kommen die Menschenrechte und die Religionsfreiheit zur Sprache. Im Gegensatz
zu Behauptung eines „clash of civilizations“ gilt es den Entwurf für eine
Global Ethics-Declaration weiter umzusetzen. Sie gründet auf liebevoller
Menschlichkeit (347ff). Wesentliche Schritte dorthin sind, eine ganzheitliche
Erziehung aufzubauen im Sinne eines vertiefenden Dialogs („Education Deep
Dialogue“), deren Zentrum Friedensstudien sein müssen (S. 360ff). Swidler
schlägt dafür 7 Lernstufen vor:
1. In der bewussten Begegnung mit dem Anderen
die Differenz wahrnehmen.
2. Das Hinübergehen in die Welt des Anderen
(„crossing over“).
Empathie führt zur Veränderung des eigenen Selbstverständnisses.
Empathie führt zur Veränderung des eigenen Selbstverständnisses.
3. In die Welt des Anderen und in seine
Erfahrungen eintauchen und sich so selbst hin
zum Anderen verwandeln.
zum Anderen verwandeln.
4. Rückkehr zu sich selbst mit einer erweiterten
Vision und einer neuen Erkenntnis.
5. Dialogisch/kritisches Erwachen – ein radikale
Kehrtwendung (paradigm shift)
zu einem inneren transformierten Selbst.
zu einem inneren transformierten Selbst.
6. Globales Erwachen: Die „Reifung“ der
paradigmatischen Veränderung
in Bezug auf sich selbst, den Anderen und die Welt.
in Bezug auf sich selbst, den Anderen und die Welt.
7. Persönliche und weltweite Transformierung des
Lebens und des Verhaltens. Leben und Handeln
von einem selbst geschieht in einem neuen globalen Bewusstsein.
von einem selbst geschieht in einem neuen globalen Bewusstsein.
Von daher folgert
Swidler im 6. Kapitel: „Dialogue
Attempted“, christliche Existenz Grenzen überschreitend anzugehen und zu
leben. Dazu müsste ein „ökumenisches Esperanto“ entwickelt werden, ein Gedanke,
den Swidler von Panikkar her weiter entwickelt
(S. 366ff, vgl. bereits oben S. 117). Diese „Weltsprache“ basiert –
christlich gesprochen – auf der Weltversöhnung in Christus. Das ist eine
Christologie, eine Lehre von Christus, die sich dem anderen zuwendet. Sie
geschieht durch einen authentischen, interreligiösen, inter-ideologischen
Dialog (S. 371). Dieser lebt angesichts der „ultimate reality“ aus der Tiefe
der jeweiligen Begegnungen. Das heißt, er wird von einer heilsamen „ultimate harmony“ geprägt
(S. 403ff). Das wäre dann eine Erlösungslehre, die die verschiedenen religiösen
und ideologischen Traditionen in die Vision der großen Ökumene aller
Glaubensweisen einbringt. Selbst christliches Trinitätsverständnis kann hier
weiterhelfen (S. 291).
In seiner Schlussbilanz kommt Swidler auf die
Gedanken des Anfangs zurück: Interreligiöser und weltweiter Dialog ist ein
Zeichen der Menschlichkeit. Gerade die Religionen, die auch politisch
erheblichen Einfluss gewonnen haben, sind herausgefordert, den Dialog zu
vertiefen. In einer globalisierten Kultur gibt es nur eine Option: Der globale
Dialog. Dies ist die einzige Chance, dass Humanität der oberste Wert im
weltweiten Zusammenleben bleibt (vgl. den Originaltext auf S. 409).
Es lohnt sich, sachlich
und zugleich empathisch Veränderungen anzugehen und Versöhnung zu praktizieren.
Leonard Swidler hat mit diesem Buch
eine dialogische Lebensbilanz vorgelegt, die eine Ermutigung für alle ist, die
in der Begegnung mit anderen Religionen und Ideologien die einzige Chance
sehen, dass die Welt wieder etwas friedlicher werden kann ...
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