Niklaus Brantschen:
Das Viele und das Eine.
Für eine weltoffene Spiritualität.
München: Kösel 2007, 157 S.
ISBN 978-3-466-36762-7
Das Viele und das Eine.
Für eine weltoffene Spiritualität.
München: Kösel 2007, 157 S.
ISBN 978-3-466-36762-7
Spiritualität zwischen Ost und West
Der Jesuit, Meditationslehrer und
Bergliebhaber Niklaus Brantschen (geb. 1937) gehört zu den intensiven Brückenbauern zwischen Ost und
West. Als langjähriger Leiter des bekannten Lassalle-Hauses in Bad Schönbrunn
(Schweiz) hat er in besonderer Weise versucht, Spiritualität mit einem intensiv
gelebten Alltag zu verbinden. Er ist weit über die Grenzen der
Schweiz hinaus bekannt geworden – auch durch Kurse, die er außerhalb des
Lassalle-Hauses weiterhin gibt.
Eigentlich sollte dieses Buch eine Art
Autobiografie werden, das sozusagen seine frühere Veröffentlichung fortsetzen würde:
„Auf dem Weg des Zen. Als Christ Buddhist“
München: Kösel 2002, 224 S. --- ISBN 3-466-36599-6 --- Rezension bei "Perlentaucher": hier --- Interview mit Niklaus Brantschen zum 80. Geburtstag am 17.10.2018 (Jesuiten.org)
Religionen übergreifend:
Symbole von Meditation und Aktion
Symbole von Meditation und Aktion
Berge: „Das Bergsteigen hat mir im Leben sehr viel
gegeben. Dieses Dranbleiben, dieses Nicht-in-einem-Sprung-alles-haben-Können,
sondern nur Schritt für Schritt, Atemzug um Atemzug“ (S.19.)
Brot: Hier nimmt Brantschen die Spannung zwischen dem Segen der
Mahlzeit und dem Königsweg des Fastens (im Sinne einer Hommage auf Otto
Buchinger) auf: „Das Fasten hat eine mitmenschlich-soziale und politische Dimension
– und es ist doch eines: Es ist der ‚königliche Weg’ …“ (S. 44). Die
Konkretionen eines solchen Verständnisses münden dann in Überlegungen zu einem
„Fasten-Friedensmarsch“ (S. 45ff).
Dialog: Das Einleitungsmotto – ein chinesische
Sprichwort – sagt sehr deutlich, welches der Weg des Brückenbauers Brantschen
ist: „Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen
Windmühlen“ (S. 53). Es verwundert nicht, dass für den Zen-Praktizierenden dessen
direkte und indirekte Zen-Lehrer hier zu Worte kommen: Yamada Roshi, Tetsugen
Glassman Roshi, Hugo Enomiya-Lassalle (nach dem auch das Meditationshaus in der
Schweiz benannt ist).
Als christlicher Theologe bietet ihm die Position des 2. Vatikanischen Konzils zu Begegnung der Religionen eine wichtige Orientierung für sein eigenes dialogisches Leben.
Als christlicher Theologe bietet ihm die Position des 2. Vatikanischen Konzils zu Begegnung der Religionen eine wichtige Orientierung für sein eigenes dialogisches Leben.
Welt: Für Brantschen gilt, dass sich Innerlichkeit äußern muss,
weil Selbstfindung und Weltfindung zusammengehören: „Zen befähigt jene, die es
ernsthaft praktizieren, ihr ganz konkretes tägliches Leben erst zu nehmen und
die (Arbeits-)Welt zu gestalten. Und was die Geistlichen Übungen (Exerzitien)
nach Ignatius von Loyola betrifft, so verbinden diese ganz klar Kontemplation
und Aktion“ (S. 89). So beginnt die Veränderung der Welt mit einem veränderten
Bewusstsein.
Sinn: Hier geht es um eine
Vertiefung der bisherigen Themen: Essen und Fasten, Dialog der Religionen,
Begegnung mit der Welt, und zwar so, dass Brantschen zu einem besonderen Lernen
anleitet – gewissermaßen in der Schule des Jesus von Nazareth
(S. 116ff):
(S. 116ff):
· Sehen als staunen
· Hören als stille
werden
· Tasten als Fingerspitzengefühl
entwickeln
· Riechen als sich etwas
unter die Haut gehen lassen
· Schmecken als weise werden.
In einem besonderen Abschnitt kommt er dann auf das Verhältnis von Zen und Sinn zu sprechen, um so das Einssein mit der Welt zu entwickeln und diese Einmaligkeit und Einzigartigkeit in sich aufzunehmen. Dazu dient Zazen, das stille Sitzen.
Zeit: Es verwundert nicht, dass beim Thema „Zeit“ die Mystiker und
Dichter gehört werden. In diesem Schlusskapitel geht es darum, durch
Zeitgestaltung das Leben zu verstehen und ihm eine Form zu geben (S. 131). Zeit
kann man nicht gewinnen. Die Mentalität Zeit-ist-Geld hat teuflischen Charakter, darum
gilt es in der Zeit den Hauch der Ewigkeit zu spüren. Jeremias Gotthelf, Peter
Handke und Aurelius Augustinus geben sich ein ungewohntes, aber durchaus
passendes Stelldichein, dem sich wieder die Zen-Erfahrung zuordnen lässt:
„Zen ist eine Schule der Präsenz. Wer in diese Schule geht, wird zwar nicht ich-los werden, aber mehr und mehr ich-frei und damit auch frei vom Zeitdruck“ (S. 140).
Wer sich in eine Übung begibt (die Brantschen empfiehlt), in der Zeit wie Ewigkeit ist, findet seinen Lebensrhythmus, kann sich von der ständigen Konzentration auf die Arbeit freimachen, ist fähig sich zu erholen, lernt das Atmen und tut alles ganz, ohne Vergangenheit zu verdrängen oder „in die Zukunft zu schlittern“ (S. 145).
„Zen ist eine Schule der Präsenz. Wer in diese Schule geht, wird zwar nicht ich-los werden, aber mehr und mehr ich-frei und damit auch frei vom Zeitdruck“ (S. 140).
Wer sich in eine Übung begibt (die Brantschen empfiehlt), in der Zeit wie Ewigkeit ist, findet seinen Lebensrhythmus, kann sich von der ständigen Konzentration auf die Arbeit freimachen, ist fähig sich zu erholen, lernt das Atmen und tut alles ganz, ohne Vergangenheit zu verdrängen oder „in die Zukunft zu schlittern“ (S. 145).
Spiritualität des Alltags
Eigentlich könnte man
dieses Buch wie den 121. Psalm, allerdings in der alten Lutherübersetzung
lesen:
„Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchen mir Hilfe kommt …“
„Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchen mir Hilfe kommt …“
Die Zeichen der Zeit verstehen und danach handeln, Niklaus Brantschen macht Mut
dazu. Er tut dies mit Orientierungsworte, die durch die Praxis des Zen gewissermaßen geläutert wurden. Wichtig werden diese Überlegungen für jede/n - unabhängig davon, ob er/sie mit "Anleihen" aus dem Osten übt!
Bücher von Niklaus Brantschen
Neuere Veröffentlichungen (seit 2011)
(zusammen mit Pia Giger)
(Autobiografie). Ostfildern: Patmos 2017
Rezension: Luzerner Zeitung vom 13.10.2017: hier
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