Freitag, 2. Oktober 2020

Andreas Fahrmeir (Hg.): Deutschland - nationale, transnationale und globale Sichtweisen

Andreas Fahrmeir (Hg.):  Deutschland. Globalgeschichte einer Nation
München: C.H. Beck 2020, 936 S., 6 Abb., 7 Karten --- ISBN 978-3406756191
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Für den Herausgeber Andreas Fahrmeir, geboren 1969 in Frankfurt am Main, Professor für Neuere Geschichte an der Goethe Universität Frankfurt am Main, ist der „globale Blickwinkel“ in der deutschen Geschichtswissenschaft weniger revolutionär als in anderen Ländern; denn diese geht „spätestens seit den 1970er Jahren [...] überwiegend kritisch“ mit dem eigenen nationalen Erbe um. Nun ist Nationalgeschichte aus der Mode gekommen und seit den 1990er Jahren brachten die Erfahrungen der "Globalisierung" und damit die zunehmenden grenzüberschreitenden Verflechtungen im ökonomischen wie kulturellen Bereich sowie die Migrationsbewegungen einen anderen Blick auf Geschichte mit sich. In der jüngeren Geschichtswissenschaft hat sich eine Richtung entwickelt, die sich explizit gegen die Nationalgeschichte wendet. Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, aber eben auch Geschichte, waren vom späten 19. Jahrhundert bis um das Jahr 2000, zunächst in Europa und dann weltweit, nur im nationalen Rahmen denkbar. Nationalgeschichte war seit dem späten 19. Jahrhundert die dominante Form der Geschichtsschreibung, nicht nur in Europa. Sie definierte sich als die Verbindung von Staatsvolk, Staatsgebiet und legitimer Staatsgewalt.

Doch eine "historiographische Revolution" und die Hinwendung zu transnationalen und globalen Perspektiven veränderte die bisherige Situation. Den Ausgangspunkt bildete vor allem die US-amerikanische und britische Geschichtswissenschaft in Verbindung mit Historikern und Historikerinnen aus den ehemaligen Kolonien. In der Globalgeschichte geht es nicht um Welt- oder Universalgeschichte, auch nicht um die geografische Ausdehnung des Gegenstands. Unter Einbeziehung deutscher Erfahrungen zunehmender globaler Verflechtung sowohl im Bereich von Wirtschaft und Finanzen als auch in den Bereichen Mobilität, Kommunikation und Kultur seit den 1980er Jahren bewirkten dieses besondere Konzept der "Globalgeschichte".

Anstoß für das vorliegende Buch war 
Patrick Boucheron (dir.): Histoire mondiale de la France.
Paris: Seuil, 2017, 800 pp.

Ein Autoren-Kollektiv setzte dieses ambitionierte Projekt um: [„122 historiennes ... projet éditorial ambitieux“ - https://www.franceculture.fr/oeuvre/histoire-mondiale-de-la-france]
Il propose une vision originale de l'
histoire de France en la reliant à celle du monde à travers 146 dates correspondant à autant d'événements. Cette démarche associe donc une approche chronologique propre à séduire le grand public et une exigence scientifique au plus près des renouvellements historiographiques contemporains (histoire globale, histoire croisée, histoire connectée...). Patrick Boucheron a pu mener à bien cette entreprise éditoriale grâce à 122 collaborateurs (132 pour les versions en poche et illustrée) en l'occurrence l'European Review of History: Revue européenne d'histoire (en).

 

2017 folgten in Italien „Storia mondiale dell’Italia“ und danach in 2018 „Wereldgeschiedenis van Vlaanderen“ sowie Història mundial de Catalunya“ und „Historia mundial de España als Werke zu einer "Denationalisierung" des historischen Blicks.

Fahrmeirs Sammelband skizziert nun zentrale Ereignisse der deutschen Geschichte in ihrem globalhistorischen Kontext. Die 177 Aufsätze von 172 renommierten Autoren, alle kaum fünf Seiten umfassend, sind chronologisch und in sechs Kapiteln kalendarisch strukturiert. Dabei ist jedem Ereignis eine bestimmte Jahreszahl als Zeitrahmen zugeordnet.

 

Kapitel I: Avant la lettre: Es skizziert, wie die globalen Verbindungen entstanden sind und wie sie sich heute gestalten. Hermann Parzinger (S. 26ff) beginnt 400.000 v Chr. und skizziert Migrationsbewegungen bis zur indoeuropäischen Einwanderung nach Deutschland/Europa. Das Beispiel Talheim als erstes Massaker in Europa (S. 31ff.) und weitere Ereignisse stellen „aufgrund einer allgemeinen Krise und zunehmender kriegerischer Auseinandersetzungen um Land, Ressourcen und Nachkommenschaft … auch religiöser Fanatismus ... das lange vorherrschende Narrativ eines friedlichen Neolithikums,  zunehmend infrage.“

Danach folgt die aktuell bemerkenswerte – internationale Diskussion um die Himmelsscheibe von Nebra (S. 36 ff): Sie zeigt Bezüge zur Sonne als dem Gestirn zur Bestimmung der Lage des Sonnenjahres mit seinen für unsere Breiten üblichen Wechsel der Jahreszeiten. Doch noch immer bleiben viele Fragen offen: wie und in welchen rituellen Kontexten hat man sie benutzt, etc. The Nebra disk gained worldwide fame when it was first unveiled in 2002. It was included in UNESCO’s Memory of the World Register, a list of the world’s most treasured cultural artifacts”(Washington Post).

Weiteres zur Himmelsscheibe in Nebra: https://religiositaet.blogspot.com/search?q=Nebra

In der Folgezeit waren diese Beziehungen differenzierter und sind hier spannend präsentiert, und zwar im wechselvollen Verhältnis von Römern und Germanen: Die Varusschlacht (S. 40ff.), die Miltärstützpunkte wie z.B. Haltern in Westfalen und Waldgirmes in Hessen usw. (S. 45ff.) sowie in großem Ausmaß Trier (S. 50ff.) und schließlich – „Wie Köln zu seinem Namen kam“ (S. 55ff).

Römerlager Aliso (?) in Haltern: https://de.wikipedia.org/wiki/Aliso 

Kapitel II: Vom Paradies und von der Welt - Mittelalter
Diese Zeitphase ist besonders geprägt durch die Konkurrenz von Christen und Muslimen zur Aufteilung der Welt, eines der wichtigsten Leitmotive des „globalen“ Mittelalters“ (S. 80). Der Mediävist Johannes Fried
(S. 72ff.) beschreibt das Geschenk des Kalifen Abu Abbas, der legendäre Elefanten, und die Gesandtschaft Karls des Großen an den Kalifenhof des Hârûn al-Rašid.

                               

Vgl.: DRESSEN, Wolfgang / MINKENBERG, Georg / OELLERS, Adam C. (Hg.): 
EX ORIENTE: Isaak und der weiße Elefant. Bagdad-Jerusalem-Aachen.
Eine Reise durch drei Kulturen um 800 und heute.
Katalogbuch in drei Bänden zur Ausstellung in Rathaus,
Dom und Domschatzkammer Aachen vom 30.06.-28.09.2003

Vgl. die Literaturübersicht:
https://buchvorstellungen.blogspot.com/2020/07/einblicke-in-die-geschichte-der-orient.html 

Begegnungen Deutscher im Osten mit Polen werden besprochen (S.81 ff., Frieden von Merseburg 1013) und die Bedeutung des Jahres 1000 herausgehoben (vgl. dazu das Buch von Valerie Hansen, s.u. Anlage 3).
Die wirkungsgeschichtliche bedeutsame Gründung der Universität in Prag im Jahr 1348 kommt als ein neues Bildungsmodell in den Blick.

Kapitel III: Es werde Licht? Ein Land im Aufbruch – Frühe Neuzeit
Es wird deutlich, welche materiellen und geistigen Möglichkeiten sich mit der Öffnung zur Welt verbanden, wenn wir die Handelsimperien der Fugger und Welser betrachten oder uns die Geburt Deutschlands aus dem Geist des Humanismus bzw. die Inspiration Dürers durch seine Reise nach Venedig vor Augen führen. Doch nicht nur Segnungen durch Kunst und Kultur gingen mit der zunehmenden Vernetzung Deutschlands und der Welt einher: Bespiele sind auch die Anfänge der deutschen Auswanderung nach Nordamerika mit Germantown (S. 223 ff) und Maria Sibylla Merians Expedition nach Surinam (S. 232 ff). Später erweitern dann Bildungsreisen (18. Jahrhundert) Erfahrungshorizonte für Erwachsene und Kinder. Diese sind z.T. bereits in frühester Jugend wie Kind Mozart (S. 262 ff.) privilegiert. In den weiteren Beiträgen begegnen sich Friedrich II. und Joseph I. – 1769 auch im Kontext der Musik (S. 266 ff.). Interessant ist auch Mulsows Studie (S. 271ff) über den Illuminatenorden, bezogen auf das Jahr 1776, ein Lieblingsobjekt von Verschwörungstheorien. Dieser wurde übrigens 1785 verboten. Allerdings werden die Brüder Humboldt 1800 nicht adäquat gewürdigt (Chimborazo etc...Reisezeiten). 

Überzeugender wirkt der Aufsatz von Werner Plumpe:
Fernsicht aus Benediktbeuren 1805
(S. 313ff).

Kapitel IV.: Das lange Jahrhundert der Revolutionen – Das 19. Jahrhundert
Nicht alle Beiträge können hier gewürdigt werden, aber es sei immerhin auf Folgendes hingewiesen: Beginnend mit der Schlacht von Malmy im Revolutionsjahr 1792 kommt gleichzeitig – [aber sehr knapp gehalten – und das im Jubiläumsjahr 2020!] Beethoven erobert die Welt zur Sprache. Im Horizont der Jahre 1794ff – geht es um das Schicksal von Hunderttausenden deutscher Söldner im Dienste Napoleons, die unter französischen Fahnen ein Nationalgefühl entwickelten. Im Blick auf 1833 schildert Fahrmeir, wie Goethes Werke auf den englischen Markt kamen. Sehr lesenswert ist im Blick auf das Jahr 1904 der Aufsatz von
F.W. Graf, in dem er zeigt, wie Max Webers Protestantische Ethik faktisch den globalen Kapitalismus erklärt.

Kapitel V: Das Zeitalter der Weltkriege
Die Erfahrungen von Krieg und Gewalt führt in die Zeit nach dem Dreißigjähriger Krieg, in die Zeitphase des deutschen Kolonialismus in Afrika. Hier wird zugleich deutlich, dass Kaiser Wilhelm II. Krieg gegen seine Cousins im Schicksalsjahr 1914 führt (S. 501ff). Thematisiert wird auch das Armeniermassaker, die Löwener Bibliothek und die Spanische Grippe. In der Folge der Globalität des Versailler Vertrages 1919 folgen Aufstieg und Abstieg: Weltwirtschaftskrise 1931, die Bedeutung Einsteins und der Exodus deutscher Wissenschaftler bereits 1933. Im Zusammenhang des Jahres1940 
(S. 624ff) skizziert S. Steinbacher prägnant Ausschwitz- Ein deutsches Konzentrations- und Vernichtungslager der IG Farben, sowie basierend auf der Wannsee-Konferenz 1942 den dort präzise geplanten Holocaust.

Kapitel VI: Erfolge und Gefahren in einer verflochtenen Welt
Gut dargestellt wird für das 20. und 21. Jahrhundert die immer enger werdende Verbindung Deutschlands und der Welt mit dem Wirtschaftswunder (Schlüsseljahr 1950, S. 691 ff) bis hin zum Mexico-VW-Käfer dem Jahr 1964 zugeordnet (s. Titelbild) als Mobilität für die Welt. Auch begeisternde Sportereignisse: Fußball 1954 und 2014, Tennis 1985 und die Deutschen als Grenzen überwindende Reiseweltmeister (etwa im Jahr 2015, S.869 ff.) sind schön dargestellt. 
Hedwig Richter schreibt im Horizont von 1975 (S. 755ff.), dass der Ökumene-Diskurs der 1970er Jahre  „Antirassismus“ sei und zum „vergifteten Angebot der sozialistischen Machthaber [...] an die ostdeutschen Kirchen“ gehöre. Heute stehen der Postkolonialismus und die Neue Seidenstraße im Fokus. Andreas Rödder im Blick auf 1989 (S. 784ff.) schreibt dass das„ Ende des Ost-West-Konflikts... keineswegs an sein Ende gekommen“ sei, weil Putin „den Untergang der Sowjetunion [...] und damit die noch bestehende geopolitische Ordnung von 1990 zu revidieren“ will.

Dominik Geppert mit Blick auf 1996 (S. 798ff.) skizziert die europäische Währungsunion in einer globalisierten Welt und folgert: der Euro war nicht „Deutschlands Preis für die Einheit“. Denn die ersten Planungen für die europäische Währungsunion sind aus den 1970er Jahren. Paul Nolte mit Zuspitzung auf das Jahr 2001 (S. 810ff.) zeigt vorbildlich, wie Jürgen Habermas „altdeutsch“-metaphysische und westlich-rationalistische Denktraditionen miteinander verknüpft. Patrick Bahner im Zusammenhang des Jahres 2010, S. 835 ff.) schildert u.a. Thilo Sarrazins Ideen. In der Energiewende von 2011 (S. 840ff) und im Horizont von 2015: Automobilindustrie und Globalisierung (M. Grieger, S. 854 ff) treten Nachhaltigkeit und „Techlash“ als Kritik an der Marktmacht von Internet-Konzernen wie Google, Amazon und Facebook. gerade angesichts des Klimawandels in den Vordergrund (vgl. unten Anlage 2).
A. Cammann (2018, S. 881ff ) schildert schön Kurt Masur als Dirigent aus der DDR am 9.10.1989 in Leipzig im Kontext der musikalischen Traditionen Mitteldeutschlands sowie seinem globalen Wirken 1991 als Chefdirigent der New York Philharmonics und von 2000 bis 2007 der London Philharmonics und seine parallele Tätigkeit im Orchestre National de France.

Ergänzend sei hier angemerkt, dass als europäisches Netzwerk das Symposium „Curating Diversity in Europe" neu für die Stärkung von Diversität im Bereich der zeitgenössischen Musik und Klangkunst kürzlich (25.9.2020) eintrat. Dieses verstand sich online und vor Ort als eine Plattform, um in Zeiten beschränkter internationaler Begegnungen und nationalistischer Strömungen den Diskurs über Diversität in der zeitgenössischen Musik in Europa lebendig zu halten und Transformationspotentiale zu entwickeln. Im Fokus stand die Aufgabe, Machtstrukturen und eurologische Denkmuster kritisch zu hinterfragen und zur Neuausrichtung u.a. politische oder partizipative Strategien in den kuratorischen Entscheidungsakt zu implementieren:
Programm >>> --- Sounds Noe Project >>> 

Gegen Ende des Buches skizziert Andreas Fahrmeir das bisherige Jahr 2020 
(S. 888ff., ab dem 18.3.):  „Ein Virus unterbricht die Globalisierung“ –
die Corona-Pandemie dominiert das Leben in Deutschland und weltweit.
Dabei begeht Fahrmeir eilend eine erhebliche Fehleinschätzung: „Vertrauen in die zuständigen Disziplinen der Virologie und Gesundheitsökonomie ... Psychologen, Ökonomen, deren Stimmen in Deutschland kaum gehört wurden, während sie in Großbritannien,  den USA und vor allem in Schweden stärker konsultiert wurden“ (S. 891). Dem muss entgegengehalten werden: Bisher ist Deutschland global betrachtet besser als viele andere Staaten dem Virus begegnet: Das Robert Koch-Institut meldete – anders als in den USA usw – bei den täglich gemeldeten Neuansteckungen maximal 6000 Infektionen pro Tag. Danach sanken die Neuinfektionen deutlich und stiegen Ende September auf 1500–2300 pro Tag.
 
https://www.rki.de/DE/Home/homepage_node.html und https://coronavirus.jhu.edu/map.html
Das Gesundheitssystem ist in der folgenden kalten Jahreszeit für das erwartete Zusammentreffen von Pandemie und Grippesaison zu rüsten. Die Luftfahrtbranche befürwortet Schnelltests vor dem Abflug, um den brach liegenden Flugverkehr wieder zu beleben und Quarantäneregeln ersetzen. Daher hat die Corona-Pandemie erhebliche Auswirkungen auf Deutschlands größten Flughafen, Frankfurt/M.: Fraport will 4000 Arbeitsplätze abbauen und die Fertigstellung von Terminal 3 verschieben.

Abschließend folgt J. Kaube (S. 892ff.) mit dem Beitrag ... auf Dauer geschlossen (im Jahre 20XX). Er diskutiert Ausbau und Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER zum internationalen Drehkreuz samt Anschluss für den Flugzeugtyp Airbus A 380. Dieser hat den Bau nachhaltig in Verzug gebracht. Denn alle 14 Airbus-A380 der Lufthansa -Symbol deutscher Globalgeschichte – stehen durch Covid 19 für immer am Boden: "Die Weltwirtschaft wird anders aussehen und eine kleinere Lufthansa ..." wird die Folge sein, so LH-Chef Spohr. Bilanz: In der Corona-Krise zeigen sich deutlich die Charaktere von Menschen, daher gilt: confidence for the future!

Generell scheint in Europa und weltweit eine Rückbesinnung auf die Nation und ihre Interessen zu erfolgen. Es sind mehr und mehr nationalistische Töne wahrzunehmen. Handelt es sich um die Wiederkehr des überwunden geglaubten Nationalismus? Es seien nur als Beispiele genannt: Der Hindu-Nationalismus – Indien auf dem Weg in einen Hindu-Staat? Die neue Diasporapolitik der Türkei im Blick auf die Türkeistämmigen in Deutschland.

Mein Resultat: Ein exzellentes  Buch, empfehlenswert für alle, die sich mehr mit Deutschlands globaler Rolle und mehr beschäftigen wollen. Sämtliche  Beiträge dieses Sammelbands zeigen ihn zugleich als Charakter eines Handbuches und bieten viel Lesenswertes sowie bisher nicht genügend Wahrgenommenes.

Anlagen

Anlage 1:.
In einer großen archäologischen Übersichtsausstellung Germanen – Eine archäologische Bestandsaufnahme in der JAMES-SIMON-GALERIE Berlin vom 18.09.2020 bis 21.03.2021 stehen erstmals die Germanen im Mittelpunkt einer großen archäologischen Übersichtsausstellung:
https://www.museumsportal-berlin.de/de/ausstellungen/germanen.
Das 
Museum für Vor- und Frühgeschichte zeigt in Kooperation mit dem LVR-Landesmuseum Bonn diese Sonderausstellung. Während im Neuen Museum die wechselhafte Geschichte der Germanenforschung und -rezeption präsentiert wird, sind in der aus Anlass der Ausstellung wiedereröffneten James-Simon-Galerie über 700 Exponate, darunter zahlreiche Neufunde und hochrangige Leihgaben aus Deutschland, Dänemark, Polen und Rumänien zu sehen. Auch die allgemein als Wikinger benannten Gruppen in Nordeuropa waren genetisch nicht nur Skandinavier; und sie sahen auch nicht alle typisch nordisch aus. Das ist das Ergebnis von genetischen Analysen der Überreste von mehr als 300 Menschen der Wikingerzeit. Bei der jetzt in der Zeitschrift »Nature« veröffentlichten Studie handelt es sich um »die bisher umfangreichste DNA-Analyse an Wikingern« . 

Gegliedert in sieben Kapitel gibt die Ausstellung in der James-Simon-Galerie Einblicke in die Archäologie jener Gemeinschaften, die zwischen dem 1. Jh. v. Chr. und dem 4. Jh. n.Chr. die Gebiete rechts des Rheins und nördlich der Donau besiedelten. Julius Cäsar prägte den Begriff „Germanen“ als Sammelbezeichnung und Ordnungsgröße. Spektakuläre Funde wie auch einfache Gebrauchsgegenstände zeichnen das Bild einer agrarisch ausgerichteten Gesellschaft mit einer überregional vernetzten Oberschicht, wie durch die vor allem in üppig mit Edelmetall und römischen Importen ausgestatteten Gräbern sichtbar machen:
Bericht Deutsche Welle, 20.09.2020: Die Germanen kommen! Ausstellung in Berlin


   Zur Ausstellung erschien ein Katalog im Verlag WBG-Theiss, Darmstadt 2020, 640 S.,
   ca. 300 farbige Abbildungen --- 
ISBN: 978-3-8062-4261-4 --  Verlagsinformation >>>   -- 

Anlage 2:  
Zu den Folgen des Klimawandels vgl. https://climateactiontracker.org/
Future of the human climate niche
PNAS May 26, 2020 117 (21) 11350-11355; first published May 4, 2020. Contributed by Marten Scheffer, October 27, 2019 (sent for review June 12, 2019; reviewed by Victor Galaz and Luke Kemp):
https://doi.org/10.1073/pnas.1910114117, https://www.pnas.org/content/117/21/11350

Anlage 3:
Valerie Hansen: Das Jahr 1000-Als die Globalisierung begann.
München: C.H. Beck 2020, 393 S. ---ISBN: 3-406-75530-5 ---
Englisches Original: The Year 1000. When Explorers Connected the World —
When Explorers Connected the World and Globalization Began
.
New York et alii: Simon & Schuster 2020, 320 pp.

 Es handelt sich um eine Beschreibung der Welt um das Jahr 1000, geprägt durch blühende afrikanische Reiche. Hervorgehoben wird eine Reise zu Lande entlang der Seidenstraße nach Europa und zur See an Bord von Schiffen,
auf denen Menschen aus vielen Völkern  den Indischen Ozean befuhren.
Man folgt Wikingern, die der Wolga bis nach Byzanz folgten –
aber auch den Nordatlantik überquerten und als erste Amerika entdeckten.
Es ist eine lebendige Geschichte menschlicher Begegnungen
aus jedem Winkel eines bereits damals gut vernetzten Planeten. 

 Prof. Dr. Eckhard Freyer, Bonn

Redaktion: InterReligiöse Bibliothek (IRB):

Rz-Fahrmeir-Deutschland, 02.10.2020

Lizenz: CC 





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