Walter Kerber (Hg.): Wie tolerant ist der Islam?
Islamwissenschaftler nehmen Stellung.
Gerhard Böwering, Richard Gramlich, Anton Heinen, Arij A. Roest Crollius, Christian W. Troll.
Islamwissenschaftler nehmen Stellung.
Gerhard Böwering, Richard Gramlich, Anton Heinen, Arij A. Roest Crollius, Christian W. Troll.
München: Kindt 1991(!), 147
S., Glossar --- ISBN
3-925412-11-5 ---
Der
Islam muss als politische und religiöse Kraft ernster genommen werden als das bisher
die westliche Welt getan hat. Dies hat besonders die damalige Golfkrise ins
Bewusstsein gerufen. Grundlegende Fragestellungen sind u.a, wie der muslimische
Glaube das Ungleichgewicht zwischen religiösen Wahrheitsanspruch und humaner
Forderung nach Toleranz herstellt. Verschiedene deutschsprachige
Islamwissenschaftler des Jesuitenordens geben einen Einblick in die
Toleranzbereitschaft des Islams.
Das
Buch ist in fünf Themen aufgeteilt,
die jeweils von den einzelnen Autoren geschrieben worden ist. Es beginnt mit Gerhard Böwering (Yale University, USA)
„Der Islam im Aufbruch“. Das nächste
Thema wird behandelt von Arij A. Roest
Crollius (Gregoriana, Rom) „Menschenrechte im Islam“. Dann kommt „Der Blick
des Koran auf andere Religionen“ von Christian
W. Troll (Hochschule St. Georgen, Frankfurt/M.). Anschließend gibt Arij A. Roest Crollius die „Einführung
zum Symposion“. Das letzte Thema behandelt das Rottendorf- Symposion „Die
Toleranz im Islam“ mit Diskussionsbeiträgen weiterer kompetenter
Gesprächspartner.
Schwerpunktbetrachtung: Toleranz im
Islam nach Arij A. Roest Crollius
Um
einen Einstieg in das Thema „Die Toleranz im Islam“ von Crollius zu bekommen,
definiert der Autor den Begriff „Toleranz“. Seiner Ansicht nach bezieht sich
Toleranz auf Haltungen und Verhaltensweisen der verschiedenen Ebenen der
menschlichen Beziehungen wie Sprache, Religion usw. (vgl. Crollius. 1991. S.
71).
Der
Autor gibt zwei Gründe an, die im Islam die religiöse Toleranz als Haltung und
Praxis erschweren: Erstens politisch und zweitens anthropologisch. Trotzdem
stellt er gleichzeitig fest, dass es im islamischen Rechtssystem Toleranz gibt.
Dies versucht er mit Versen aus dem Koran zu belegen. Der Autor stellt heraus:
„In der Religion gibt es keinen Zwang“ (Sure 2:256). Weiterhin führt er Stellen
im Koran an, die aufzeigen, dass die Glaubensüberzeugung eine persönliche Sache
ist. „Die Wahrheit von eurem Herrn. Wer nun will, möge glauben, und wer nicht
will, möge nicht glauben!“ (Sure 28,29).
Besonders deutlich macht der Autor jedoch die Toleranz im Islam mit zwei
Zitaten aus dem Koran. Er schreibt:
„Gleichzeitig
wird anerkannt, dass die Menschheit in eine gesellschaftliche Pluralität gegliedert
ist: >Ihr Menschen! Wir haben euch geschaffen von einem männlichen und einem
weiblichen Wesen, und wir haben euch zu Verbänden und Stämmen gemacht, damit
ihr euch untereinander kennt. Als der Vornehmste gilt bei Gott derjenige von
euch, der am frömmsten ist< (Koran 49,13). – Die Anerkennung dieser
Pluralität in der Menschheit bedeutet aber auch eine Pluralität verschiedener
>ways of life<: >Für jeden von euch haben wir ein Brauchtum und einen
Weg bestimmt. Und wenn Gott gewollt hätte, hätte er euch zu einer einzigen
Gemeinschaft gemacht. Aber er wollte euch in dem, was er [jeder Gruppe von
euch] gegeben hat, auf die Probe stellen. Wetteifert nun nach den guten Dingen!
Zu Gott werdet ihr allesamt zurückkehren< (Koran 5, 48)“ [aaO S. 75].
Durch
dieses Zitat versucht er noch einmal auf die Toleranz im Islam hinzuweisen und
darzustellen, dass diese schon im Koran enthalten ist. Sie muss nur noch erkannt
und als solche auch aufgefasst und realisiert werden.
Zuletzt
bezieht sich Crollius auf die Frage der Hermeneutik. Darin stellt er heraus,
dass ein Unterschied gemacht werden muss zwischen Meinungsäußerung und
offiziellen Deklarationen. Es muss auch immer geprüft werden, wie repräsentativ
solche Äußerungen für den Islam sind.
Recht eindeutig sind die Stellungnahmen im Buch „Wie tolerant ist der Islam?“ Negative Entwicklungen und quasi- religiös begründete Gewaltelemente werden weniger thematisiert. Man
kann dies bedauern, aber doch zugleich die positiv gesetzten Signale begrüßen:
„Bei
>Toleranz im Islam< sind wir konfrontiert mit einem Zeitgeschehen, nicht
mit einem Zustand. Vielleicht kann man voraussehen, dass in einer in religiöse
Gleichgültigkeit abgleitenden Zivilisation der Islam dem Wert der Toleranz
neuen Glanz verleihen wird“ (aaO S. 78).
Auch
im Jahre 2012 sind die im Buch gesetzten Markierungspunkte zu islamischen
Toleranzverständnissen noch erstaunlich aktuell.
Mareike Schulte und
Falk Goth
im Rahmen eines
Seminars an der TU Dortmund zum Thema
Theorie und Praxis der Religionen bei Krieg und Frieden,
Sommersemester 2012
Eine weitere aktuelle Bestätigung erhält die angesprochene Problematik durch einen Bericht in
Deutschlandradio Kultur vom 20.01.2013,
in dem kompetenten Analysten der multikulturellen Situation in Deutschland zu Worte kommen:
Deutschlandradio Kultur vom 20.01.2013,
in dem kompetenten Analysten der multikulturellen Situation in Deutschland zu Worte kommen:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen