Werner Zager (Hg.): Universale
Offenbarung?
Der eine Gott und die vielen Religionen.
Leipzig: EVA 2013, 193 S., Personenregister
--- ISBN 978-3-374-03298-3 ---
Kurzrezension hier
Der eine Gott und die vielen Religionen.
Leipzig: EVA 2013, 193 S., Personenregister
--- ISBN 978-3-374-03298-3 ---
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Ausführliche Beschreibung
Die Texte in diesem Band gehen auf eine Tagung des Bundes für Freies Christentum vom Herbst 2012 in Hofgeismar zurück. Die Referenten spielten unter verschiedenen Gesichtspunkten den mehr oder minder starken Wahrheitsanspruch verschiedener Religionen durch, zugespitzt in der Frage, ob und ggf. wie sich Gott außer in Jesus Christus auch in anderen Religionen offenbarend mitteilt. Das ist nicht nur eine speziell theologische oder religionswissenschaftliche Frage, sondern in heutigen multikulturellen und multireligiösen Kontexten entscheidend für das Zusammenleben. Wenn nämlich religiöse Absolutheitsansprüche – in welch verklausulierter Form auch immer – gegenüber anderen religiösen Traditionen formuliert werden, liegt Diskriminierung auf der Hand.
Die Texte in diesem Band gehen auf eine Tagung des Bundes für Freies Christentum vom Herbst 2012 in Hofgeismar zurück. Die Referenten spielten unter verschiedenen Gesichtspunkten den mehr oder minder starken Wahrheitsanspruch verschiedener Religionen durch, zugespitzt in der Frage, ob und ggf. wie sich Gott außer in Jesus Christus auch in anderen Religionen offenbarend mitteilt. Das ist nicht nur eine speziell theologische oder religionswissenschaftliche Frage, sondern in heutigen multikulturellen und multireligiösen Kontexten entscheidend für das Zusammenleben. Wenn nämlich religiöse Absolutheitsansprüche – in welch verklausulierter Form auch immer – gegenüber anderen religiösen Traditionen formuliert werden, liegt Diskriminierung auf der Hand.
So kann man
dem Herausgeber, dem Neutestamentler Werner
Zager von der Universität Frankfurt/M. und Leiter der Ev.
Erwachsenenbildung Worms, nur dankbar sein, dass mit diesen Vorträgen die
interreligiöse Problematik in theologischer Offenheit angegangen wird. Dafür steht
in gewisser Weise auch der Bund für
Freies Christentum, der sich einem undogmatischen Glauben verpflichtet weiß.
Er zählte übrigens Albert Schweitzer zu seinen Mitgliedern.
In der
gegenwärtigen Situation ist darum der interreligiöse Dialog eine notwendige
Verpflichtung. Der Untertitel lässt dabei schon eine gewisse Zielrichtung
erahnen. So verwundert es nicht, dass Werner Zager in seinem Beitrag die
liberale Theologie aufgreift und natürlich dabei auf Nathan Söderblom (1866–1931),
Wilhelm Bousset, (1865–1920), Albrecht Ritschl (1822–1889), Ernst Troeltsch
(1865-1923), Paul Tillich (1886–1965) und Friedrich Heiler (1892-1967) zu sprechen
kommt. Besonders schön ist es, dass auch der in der gesamten Diskussion wenig
beachtete Hansjörg Jungheinrich (1907–2000) mit seinem Religionen überschreitenden
Offenbarungsdenken zur Sprache kommt. Man kann Zagers Resümee zugleich als eine
Leitlinie des gesamten Buches verstehen (S. 27):
„(1.) Ein sachgemäßes Verständnis
des Christentums ist nur möglich im Kontext der Religions- und
Geistesgeschichte bzw. der Geschichte überhaupt. (2.) Angesichts der
mannigfachen Verflechtungen der christlichen Religion mit anderen Religionen
ist es nicht überzeugend, den Begriff der Offenbarung nur dem Christentum
vorzubehalten. … (3.) Der Größe Gottes entspricht es vielmehr, die Religionen
als verschiedene Wege Gottes zum Heil zu betrachten. (4.) Der einzelnen
Religion eignet daher kein Absolutheitsanspruch. (5.) >Absolut< ist eine
Offenbarung Gottes, insofern sie den Menschen, den sie trifft, unbedingt
angeht. (6.) Gottes weltweite Offenbarung fordert die Religionen dazu heraus,
sich auf das einander Verbindende zu besinnen, Unterschiede wahrzunehmen und zu
respektieren … und den eigenen Glaubenshorizont zu erweitern. (7.) Mit den
grundlegenden Offenbarungsimpulsen geht in den einzelnen Religionen ein
Offenbarungsprozess einher, der zwar aufs Ganze gesehen zu Fortschritten in der
religiösen Erkenntnis führt, aber immer wieder von Stagnation und Rückschritten
bedroht ist.“
Martin Bauschke von der Stiftung Weltethos in Berlin schränkt in
seinem Beitrag methodisch den universalen Offenbarungsgedanken auf Judentum und
Islam ein mit Abraham als Prototyp des universalen Gottsuchers. Gespannt darf
man sein, wenn einer der wichtigen Vertreter der religionspluralistischen
Theologien der Münsteraner Religionswissenschaftler und interkulturelle
Theologe Perry Schmidt-Leukel zu
Worte kommt. Inwiefern kann man im Hinduismus und Buddhismus von universaler
Offenbarung reden? Nun kommt der Buddhismus zum Teil ohne Gottesvorstellung im
personalen Sinne aus, aber es gibt doch so etwas wie einen Anspruch von
außerhalb der irdischen Wirklichkeit. Geht schon im Hinduismus alles aus dem brahman exklusiv hervor, so bekommt besonders im
Mahayana-Buddhismus die Erleuchtung z.T. selbst Offenbarungsqualität. In beiden
religiösen Lebensweisen wirken sich diese Vorstellungen oft genug
exklusivistisch aus, zumindest aber inklusivistisch. Von daher eignet sich
offensichtlich der Offenbarungsbegriff schlecht für den interreligiösen Dialog.
Denn es ist besser, von vorläufigen religiösen Deutungen auszugehen und auf
stichhaltige intersubjektive Überzeugungen hinzuarbeiten. Pfarrer Wolfgang Pfüller setzt sich ebenfalls
ausgesprochen kritisch mit dem Offenbarungsbegriff auseinander. Er versucht den
oft hinter diesem Verständnis stehenden Endgültigkeitsanspruch abzuwehren,
lässt sich jedoch auch nicht auf den „mutualen Inklusivismus“ von Klaus von
Stosch ein. Ihn macht offensichtlich der damit zusammenhängende Relativismus
Angst, wie das ähnlich immer wieder gegen die religionspluralistischen
Theologien vorgetragen wird. Aber ist es nicht bereits ein relativierender
Ansatz, wenn von Offenbarung nur durch ihre menschlichen Deutungen geredet werden
kann? Andreas Rössler, ev. Pfarrer
und langjähriger Schriftleiter der Zeitschrift „Freies Christentum“, entwickelt
an neun u.a. überwiegend auf Troeltsch und Tillich bezogene Thesen, dass die „religiöse
Anlage“ als anthropologische Grundkonstante im Sinne von
Transzendenzbewusstsein in jedem Menschen zu finden ist. Von daher gibt es Im
Grunde keine religiöse Gleichgültigkeit. Die Ahnungen von einer umfassenderen
Realität sind Anknüpfungspunkt für das Reden von Offenbarung überhaupt. Der
Zweifel kann durchaus als Ergänzung im (inter-)religiösen Zusammenhang gesehen
werden. Der Pädagoge und Pfarrer Wolfram
Zoller konkretisiert faktisch Rösslers Thesen an Beispielen des Malers Max
Beckmann und des Dichters Gottfried Benn, indem er das Zusammenfallen des „Hier
und Jetzt“ mit der Transzendenz an beiden Persönlichkeiten vergleichend zeigt.
Die
Referenten beziehen sich bei ihren gut zu lesenden Darstellungen immer wieder
philosophie- und theologiegeschichtlich geradezu auffällig auf Kant, Nietzsche,
Schopenhauer, Goethe, Schweitzer, Troeltsch, und Tillich. Offensichtlich eignen
sich die Genannten nicht nur für einen kritischen Umgang mit Offenbarungsverständnissen,
sondern eröffnen auch Wege für einen Religionen übergreifenden Dialog.
Reinhard Kirste,
Rz-Zager-Offenbarung, 20.08.2013
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