Volker Zotz (Hg.): Schnittstellen. Buddhistische
Begegnungen mit Schamanismus und westlicher Kultur. Festschrift für Armin Gottmann zum 70. Geburtstag.
Luxemburg: Kairos Edition 2013, 182 S., Abb., kommentierte Auswahlbibliografie (Renate Huf)
--- ISBN 978-2-919771-04-2 ---
Luxemburg: Kairos Edition 2013, 182 S., Abb., kommentierte Auswahlbibliografie (Renate Huf)
--- ISBN 978-2-919771-04-2 ---
Ausführliche Beschreibung
Der aus Berlin stammende Armin Gottmann (geb. 26.05.1943) ist ein echter
Grenzgänger: Neurologe, Psychotherapeut und Yoga-Lehrer. Seine besonders
intensive Verbindung zum Buddhismus drückt sich darin aus, dass er bereits seit
1999 der weltweite Leiter des Ordens Arya
Maitreya Mandala: http://www.lama-govinda.de/ ist, den der berühmte
Lama Anagarika Govinda (alias Lothar
Ernst Hofmann, 1898-1985) gründete.
Der
aus Wien stammende und an den Universitäten Luxemburg und Saarbrücken lehrende
Religionswissenschaftler Volker Zotz
hat sich besonders mit den Fragen der Rezeption des Buddhismus in Europa
beschäftigt. Er gilt als ausgewiesener Kenner der buddhistischen und
konfuzianischen Geistesgeschichte.
Vor uns
liegt eine Festschrift nicht der üblichen Art, vielmehr zeigt sich hier, wie im
Kontext eines Buddhismus mit vorbuddhistischen Elementen westliche Erfahrungen
mit einbezogen werden.
Die
von der Sozialanthropologin Birgit Zotz
einleitend vorgestellte Biografie Gottmanns zeigt ihn darum „als einen
Vermittler von Yoga und Buddhismus und den Yoga als eine Fortführung
europäischer Psychotherapie (S. 30). Eine kommentierte
Auswahlbibliografie der Kunsthistorikerin und Montessori-Heilpädagogin Renate Huf ermöglicht weitere
vertiefende Informationen.
Dann
gehen die kompetenten Autoren zum einen dem Zusammenhang von Buddhismus und
Schamanismus nach, zum andern diskutieren sie den Buddhismus als asiatischer
Religion mit den „Schnittstellen“ westlicher Kultur. Der Herausgeber hält darum
bereits in der Einleitung fest: „Die Bewegung des Buddhismus lässt sich … als
eine Vielzahl miteinander verflochtener offener kommunikativer Prozesse
charakterisieren, in deren Verlauf Inhalte ineinander fließen und aufeinander
reagieren“ (S. 13). Interaktionen, „cross-cultural“-Prozesse lassen sich nicht
festschreiben, insofern leuchtet dieses Buch nur einzelne Brennpunkte aus – in
der Entwicklung von frühen Texten der indischen Upanishaden bis in die
interreligiösen Begegnungen der heutigen Zeit.
Der Amsterdamer
Psychologe und Indologe Robert Janssen
plädiert mit Mircea Eliade dafür, den Schamanismus-Begriff nicht zu weit zu
fassen, um die Entwicklung des ekstatisch nordasiatischen Schamanismus deutlicher
zu konturieren. Dieser verbindet sich mit Riten und Mythen Tibets sowie mit dem
dort eingewanderten Buddhismus. Das gilt bis hin zum Tibetischen Totenbuch und
seiner Kosmologie. Trotz verwandter Symbolik spielen im Buddhismus dann allerdings
die meditativen, nicht-ekstatischen Elemente des Yoga eine wichtigere Rolle.
Auf der
Ebene von Geisterglaube, Alchemie und durchweg möglicher Heilung mit
entsprechenden Ritualen und Symbolen teilt die Wiener Sozialanthropologin Veronica Futterknecht einiges aus ihren
Feldforschungen in Burma mit. Durch die Verbindung mit Elementen der
traditionalen Vorgänger-Religiosität hat sich buddhistische Lebenspraxis in
Burma im Sinne von Transformationsprozessen ausgesprochen eigenständig
entwickelt.
An Lama Anagarika
Govinda zeigt Birgit Zotz dessen
Bewusstseinsveränderungen im Zusammenhang der Orakel-Tradition Tibets. Denn Govindas
Weg geht von einem ursprünglich rational gelebten Buddhismus hin zu nicht-rational
und zugleich das Wesen verändernden, prägenden Erfahrungen des Sufismus und der
Séance-Erlebnisse in Tibet. Er sah sich so der Ur-Religion näherkommen, die
auch in frühen buddhistischen Quellen durchscheint. Übrigens Govinda war keineswegs
der einzige nüchtern-rationale Europäer, der sich von solchen Orakelsitzungen
angezogen fühlte.
Der
japanische Literaturwissenschaftler Yukio
Kotani nimmt eine Reise des berühmten, esoterisch-buddhistischen Dichters Bashô (1644–1694) zum Anlass, die
Tiefendimension dieses Unterwegssein im Sinne von Tod, dämonischen Abgründen
und Wiedergeburt aufzunehmen. Dabei sieht er eine innere Nähe zu Goethes
italienischer Reise. Weitere Gemeinsamkeiten mit Goethe kommen auch bei dem
Lyriker Takarai Kikaku (1661-1707) und seinen Haikus zum Tragen.
Wie sieht es
eigentlich in Europa mit der Rezeption des Buddhismus aus? Dieser Frage stellt
sich am Beispiel der Koan-Sammlung des Bi-Yän-Lu
der Wiener Ethnologe und Schriftsteller Heinz
Pusitz. Der Autor gibt jedoch keine konkrete Antwort, denn im Sinne dieser
Koans lässt sich nichts Richtiges und nichts Falsches in der Welt fest-stellen.
De-Finitionen versagen, denn „was immer empfangen wird, wird der Art und Weise
des Empfängers entsprechend empfangen“ (S. 127). Der Philosoph (und auch
Anglist) Karl Neumann aus
Klosterneuburg zeichnet die Spiegelungen und Variationen nach, die der
Buddhismus bei dem katholisch sozialisierten Jack Kerouac (geb. 1922) „geworfen“ hat. Dieser Schriftsteller,
ursprünglich politisch geprägt, dann als Poet und Literat mehr und mehr
rauschhaft auftretend, hoffte auf Erleuchtung jenseits des Todes. Das beweist
sein als Sutra angelegter Text „Golden Eternity“. Aber – sein Reden gegen den
Tod behielt die Oberhand.
Ganz
sachlich geht es im historisch ausgerichteten Beitrag von Volker Zotz zu, und
zwar über den Vajrayâna-Buddhismus, den Diamantweg in Europa im Zusammenhang
mit Lama Anagarika Govinda (1898-1985). Hier schließt sich der Kreis zum
Jubilar Armin Gottmann, der in der Nachfolge der Meisters steht. In Verbindung
mit Hans-Ulrich Rieker (1920-1979), Harry Pieper (1907-1978) und einigen
anderen wird an Gottmann eine Kontinuität deutlich, die den Arya Maitreya
Mandala westlich „inkulturierte“, und zwar mit der Gründung als „Westlicher
Orden“ 1952 in Sanci (Indien) und in Berlin. Hier taucht ein Buddhismus ohne
Dogmen auf, allerdings stark ritualisiert und dennoch buddhistischen Zielen
aufs Tiefste verpflichtet. Dieser Westliche
Orden hat nie große Zahlen erreicht, zeigt aber eine erstaunliche Facette
eines auf Begegnung ausgerichteten Buddhismus.
Der
vorliegende Band zu Ehren von Armin Gottmann ist dabei zu einem Kabinettstück
west-östlicher Begegnung geworden, weil an asiatischer Spiritualität
Interessierte hier einen grenzüberschreitenden Blick über die Flexibilität des
Buddhismus erhalten.
Reinhard
Kirste
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