Muna Tatari / Klaus von Stosch (Hg.):
Trinität – Anstoß für das christlich islamische Gespräch.
Trinität – Anstoß für das christlich islamische Gespräch.
Beiträge
zur Komparativen Theologie Band 7.
Paderborn u.a.: Schöningh 2013, 268 S., Personenregister --- ISBN 978-3-506-77538-2 ---
Kurze Übersicht: hier
Ausführliche Beschreibung
In
der Begegnung zwischen Christentum und Islam scheint die christliche
Trinitätslehre eine beachtliche Hemmschwelle für die islamische-christliche
Annäherung zu sein. In der Dreieinigkeit/Dreifaltigkeit findet eine besondere
Ausdifferenzierung des christlichen Gottesverständnisses statt, die es so im
Neuen Testament noch nicht gab. Erst die griechische Philosophie machte solche
„Ausfaltungen“ möglich, die scheinbar/anscheinend unabdingbar für den
christlichen Gottesglauben sind. Aber wo liegen genau die Stolpersteine und wo
sind die Begegnungsfelder einer streng monotheistischen und einer differenziert
weiter entwickelten monotheistischen Gotteslehre?
Klaus von Stosch, Leiter des Zentrums
für Komparative Theologie der Universität Paderborn, und die
Institutsmitarbeiterin Muna Tatari haben
sich diesen dogmatisch heiklen Fragen gestellt. Sie haben neben ihren eigenen
Positionen kompetente Fachleute beider Religionen eingeladen, damit Anstöße und
Annäherungen im Gottesverständnis deutlich werden. Plurale Denkmöglichkeiten
spielen in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle. Wenn man also die „Aufgefaltetheit“
des christlichen Gottesglaubens vergleichend in die Religionen übergreifende
Debatte einbringt, erhebt sich die Frage: Welchen Gewinn hat davon der
christlich-islamische Dialog?
Daher
ist es sinnvoll, im 1. Teil aktuelle trinitätstheologische Modelle auf
ihre Dialogfähigkeit abzuklopfen. Das gelingt Thomas Schärtl (Universität Augsburg) dadurch, dass er die Lesenden
nötigt, diejenigen trinitarischen Positionen mitzudenken, deren
wirkungsgeschichtlicher Gehalt die Theologiegeschichte geprägt hat. Auch
ostkirchliche Theologen (wie die drei großen Kappadokier) müssen hier gehört
werden. Das kostet allerdings einige Lesemühe! So führt Schärtle vor, wie
letztlich der klassische Theismus des Thomas von Aquin durch Karl Rahner und
Friedrich Schleiermacher gebrochen wird – verkürzt gesagt: Von Gott kann nur im
Verhältnis zur Welt geredet werden. Der Autor überlegt schließlich, ob und wie
man sich auf drei „Personen“, drei Freiheiten oder drei Instanzen Gottes einlassen
kann und dennoch die Einheit Gottes nicht aufgibt. Für den Dialog bleibt dann
die Frage, wie Gott in den Weisen seines Handelns, obwohl er der ganz Andere
ist, dennoch anwesend erfahren wird (S. 68). Dass solche trinitätstheologischen
Modelle aus islamischer Sicht nicht unwidersprochen bleiben, liegt auf der Hand.
Gott bleibt für Hureyre Kam (Universität
Frankfurt/M.) ein unzugängliches Geheimnis. Allerdings lässt sich von den
Attributen Gottes her dieser durchaus
als „Leben“ denken. Im Streit um die Trinitätslehre sieht dann Bernhard Nitsche (Universität
Freiburg/Br.) trotz einer Reihe von misslungenen (auch tritheistisch
verdächtigen) Systematisierungsversuchen Chancen der Annäherung. Hebt man die
Erfahrung die Relationalität in den Gottesaussagen hervor, lassen sich „unterschiedliche
Qualitäten und Bestimmtheiten der Präsenz Gottes in der Geschichte denken“, die
man dann „präzise ausbuchstabieren kann“ (S. 125). Auch hier erfolgt natürlich
Einspruch, und zwar durch die Mitherausgeberin Muna Tatri. Sie verweist auf die islamische Zurückhaltung,
überhaupt Aussagen über das Wesen Gottes zu machen. Immerhin – die mittelbare
Begegnung mit Gott im Koran ist zwar die wesentliche, jedoch nicht die einzige
Möglichkeit der Gottesbegegnung. Die göttliche Kommunikation äußert sich auch im
Kontext von Erde und Mensch (S. 147), was das im Blick auf Gott als Gegenüber
personal und wesensmäßig auch immer bedeuten mag.
Diese
nicht leicht nachvollziehbaren Diskurse dienen erst einmal zur vorläufigen
Festschreibung trinitätstheologischer Aussagen, deren spekulativer Charakter –
selbst bei korrelativen Denkmustern – immer wieder durchscheint. Man wird
jedoch neugierig gemacht, wie denn angesichts der islamischen Vorgaben im 2. Teil des Buches die Einheit und Vielfalt in
Gott zu denken sei. Man ahnt es bereits: Hier erfolgt eine Abgrenzung von
einer eng geführten irgendwie noch zu formulierenden „personalen“ Trinität. Mouhanad Khorchide (Universität Münster)
zeigt, „dass die im Islam gedachten innergöttlichen Verschiedenheiten als
verschiedene Eigenschaften Gottes gesehen werden und nicht als
>Personen<, die zueinander stehen“ (S. 157), m.a.W. Khorchide macht im
Rahmen von Schöpfung und (geoffenbarter) Barmherzigkeit Gottes deutlich, dass
es im Grunde nur ein korrelatives Annäherungsverstehen zum „wesentlichen“ Tun Gottes gibt. Aaron Langenfeld (Köln) begrüßt in seiner Antwort zunächst die
Überlegungen von Mouhanad Khorchide, von der Differenziertheit Gottes zu
sprechen. Er sieht sie jedoch recht unverbunden mit der Wirklichkeit des
religiösen Vollzugs (S. 167). Langenfeld stört weiterhin, dass Khorchide die
wesenhafte Liebe Gottes von seiner Barmherzigkeit abhängig macht. Hier muss
offensichtlich noch weitergedacht werden. Auch Ayatollah Ghaemmaghami (Hamburg) geht auf die Einheit und Vielfalt
im Gottesgedanken ein und damit auch auf die Problematik von Monotheismus und
Trinität. Letztlich geht es immer um die Personalität des göttlichen Seins und um
die Personalität der daraus erwachsenden vielfältigen Manifestationen des
göttlichen Seins, durch die weltliche Vielfalt entsteht (S. 181.183). Dieses
pyramidale Beziehungsmuster (taskik),
erlaubt es auch der islamischen Seite, sich dem christlichen Dreifaltigkeitsverständnis
anzunähern. Dass hier neuplatonische Ansätze wirksam werden, kritisiert zwar Katharina Lammers (Paderborn) – übrigens
auch für das Christentum – um dann im Weiterdenken der coincidentia oppositorum des Nikolaus von Kues die Grenzen jeglicher
Gottesbeschreibung Religionen übergreifend zu respektieren. So zeigt sich immer
wieder in den Beiträgen, dass Wesensbeschreibung und Attribute Gottes in einem
schwierigen Verhältnis zu denken sind. Darauf macht Seyed Mohammad Nasser Taghavi
aufmerksam, indem er Gott angesichts der Bedeutung des Gebets nur als
Person verstehen kann.
Der
letzte und kürzeste 3. Teil nimmt
die im 2. Teil angesprochenen Verhältnisbestimmungen und Wesensbeschreibungen
unter den Stichworten „Beziehungswilligkeit
und Beziehungsmächtigekeit Gottes“ auf. Jürgen
Werbick (Universität Münster) tritt der Sorge entgegen, als würde der
christlich-trinitarische Gottesglaube zur Disposition gestellt und sieht in der
Relationalität der Beziehung Gott – Mensch, dass Gott in Christus menschlich
zugänglich ist und so von ihm auch zu sprechen ist. Die Transzendenz Gottes
wird dadurch keineswegs geleugnet. Zugleich wird jedoch in der trinitarischen
Rede immer vom Menschen gesprochen, besonders wenn sich der Mensch im Gebet auf
Gott als Geheimnis einlässt. Das kann als Anfrage an die islamische
Jesus-Vorstellung verstanden werden. Der Psychologe Cemil Şahinöz (Gütersloh) möchte gegenüber Werbick verhindern, dass
der für die gesamte menschliche Heilsgeschichte bedeutsame Jesus auf das
Christentum eingegrenzt wird. Dies geschieht nämlich durch die trinitarische
Engführung mit Jesus als zweiter „Person“ der Gottheit. Außerdem wird durch die
Inkarnation Gott in Jesus „geschöpflich“.
In der Zwischenbilanz
versucht der Mitherausgeber Klaus von Stosch,
die verschiedenen Trinitätslehren zu klassifizieren: Soziale Trinitätslehren
bringen „drei Subjekte, Freiheiten und/oder Selbstbewusstseinen in Gott“ zur
Sprache (S. 239), eine durchaus innertrinitarische Ausdrucksform, die noch
nicht einmal analog zu denken sei. Demgegenüber steht eine semiotische Trinitätslehre
im Sinne von drei Dimensionen des göttlichen Selbstbewusstseins, menschliche
Zeichenbildungsprozesse, die auf Gott übertragen werden. Beide Typen kritisiert
der Autor als nicht angemessen. Er lässt sich darum auf die „interpersonale“
analog ausgerichtete Trintätstheologie“ Jürgen Werbicks ein. Denn sie kann man
im Sinne der lebendigen Einheit Gottes
und zugleich heilsgeschichtlich verstehen.
Bilanz
Es
kann hier nur angemerkt werden, dass die christlichen Trinitätslehren gerade
für den christlich-islamischen Dialog viele Fragen selbst dann
heraufbeschwören, wenn von islamischer Seite Annäherungsversuche gemacht
werden. Blickt man auf das vorliegende Buch insgesamt, so scheint selbst die
Gefahr noch nicht ganz gebannt zu sein, dass Trinitätslehren tritheistisch
„abrutschen“. Hinzu kommt, dass bei aller Bemühung mittelalterlicher und
gegenwärtiger Dogmatiker die Kompliziertheit der Korrelationen Gott –Jesus – Mensch
generell schwer zu vermitteln bleibt. Hier wollen die Autoren weiterkommen.
Dennoch muss man fragen, ob etwa die menschlichen Zusprechungen Gottes als
Geheimnis, Liebe oder im Rahmen eines schwer zu klärenden Personenbegriffs nicht
mehr als Signale sind, das Geheimnis Gottes zu betonen. Offensichtlich können alle
Trinitätstheologien nur als den Glauben vertiefende (Denk-)Modelle dienen. Ihre
Revision unter veränderten gesellschaftlichen und religiösen Umständen bleibt eine
kontinuierliche und wichtige Aufgabe.
Reinhard Kirste
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