Freitag, 17. Oktober 2014

Ökumenisch gelebtes Christsein: Friedrich W.J. Hasselhoff



Friedrich W.J.Hasselhoff: »Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen« Gesammelte Aufsätze, Vorträge und Predigten. Hg.: Görge K. Hasselhoff.
Würzburg: Königshausen & Neumann 2012, 362 S., Register
--- ISBN 978-3-8260-4995-8 ---
 Ausführliche Beschreibung
Der vorliegende Band gibt einen anregenden Einblick in das jahrzehntelange theologisch-pädagogisch-dialogische Wirken des ehemaligen Hochschul-dozenten, Pfarrers und Schulreferenten Friedrich Hasselhoff (1928 – 2012). Es handelt sich um veröffentlichte und unveröffentlichte Aufsätze, Vorträge, Predigten und religionspädagogische Entwürfe, die sein Sohn Görge, Theologe und Hochschuldozent an der Ruhruniversität Bochum und an der TU Dortmund, systematisierend zusammengestellt hat. So erstaunt zuerst die Vielfältigkeit der angesprochenen Themen, die sich im Band konkret auf folgende Bereiche beziehen: Biblische Exegese, Predigten und Ansprachen. Schwerpunkte sind Geschichtliches zum Judentum und Überlegungen zum christlich-jüdischen Dialog, und zwar aus historischer und theologisch-systematischer Sicht, ergänzt durch das Beispiel der christlichen Siedlung Nes Ammim in Israel.


Friedrich Hasselhoff arbeitete als Dozent an der TU Aachen, dann 11 Jahre am „Kolleg für Evangelische Unterweisung“, dem heutigen Pädagogisch-Theologischen Institut der Evangelischen Kirche im Rheinland, dem PTI, in Bad Godesberg und schließlich 22 Jahre als Schulreferent im Stadtsynodalverband Essen. Dort kümmerte er sich um die Fortbildung der ReligionslehrerInnen und um den Religionsunterricht an den Schulen.
Im exegetisch homiletisch, religionspädagogischen 1. Teil des Buches spürt man diese Schwellenerfahrung zwischen der (theoretischen) Religionspädagogik, dem Pfarrerberuf und der pädagogischen Praxis in Schule und Gemeinde gerade dann, wenn Hasselhoff biblische Texte auslegt. Dies gilt für die exegetischen Beiträge, die faktisch immer in eine praktische Umsetzung münden. Sie prägen den 1. Abschnitt. Dazu gehören aber auch Überlegungen, in denen der Autor über die besondere Aufgabe des kirchlichen Unterrichts in Verbindung mit der sonstigen Unterweisung in Schule und Kirche nachdenkt. 
Hier liegt auch der faktisch fließende Übergang zum 2. Abschnitt mit Predigten und Ansprachen. Die Schwerpunkte scheinen hier beim Propheten Jesaja und den Texten im Zusammenhang des Weihnachtsfestes zu liegen, aber auch die Apokalyptik kommt recht intensiv zu Wort.
An vielen Stellen dieses 1. Teils schimmert bereits das offensichtliche theologische „Herzensthema“ durch: das Verhältnis von Christen und Juden. 
Dem christlich-jüdischen Dialog ist darum der 2. Teil des Buches unter geschichtlichen und systematischen Gesichtspunkten gewidmet: Dieser Teil komprimiert das, was Hasselhoff über viele Jahre als evangelischer Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Essen und aktiver Förderer der christlichen Siedlung Nes Ammim in Israel öffentlich zur Sprache bringen wollte.
Im 1. Abschnitt dieses 2. Teils stehen geschichtliche Überlegungen im Vordergrund, die sich auf die Wurzeln und Entwicklungen zum Antisemitismus beziehen und angesichts der Belastungsgeschichte des Nationalsozialismus ein neues Verhältnis zum Judentum und die Solidarität mit Israel einfordern. Hasselhoff gehört darum zu den Wegbereitern des Synodalbeschlusses zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“ der Evangelischen Kirche im Rheinland von 1980, eine kirchliche Erklärung, die an theologischer Klarheit im Blick auf den völlig eigenen Heilsweg der Juden unübertroffen ist. Es ist ein Dokument, das endlich wagte, die Missionierung im Judentum konsequent auszuschießen. Es macht zugleich die Verantwortung des Christentums auf Grund der eigene Schuldgeschichte deutlich und eröffnet eine Begegnung auf bewusst derselben Ebene.
In diesen Dialog zwischen Juden und Christen, Deutschen und Israelis bezieht Hasselhoff  aber auch den Islam und das Konfliktfeld Palästina und den Nahen Osten mit ein. Sein Vortrag „Der Koran und die Juden“ (1993) ist der Versuch, den Islam von seinen Quellen her zu verstehen und die schon damals gängigen Islam-Klischees zu vermeiden. Mit seinen daraus abgeleiteten politischen Einschätzungen sieht er noch Möglichkeiten für einen (langen) Friedensweg im Nahen Osten. Viele seiner dort aufleuchtenden Hoffnungen sind allerdings inzwischen zerbrochen.
Ein Zitat aus dem bereits 1971 erschienen Ökumene-Aufsatz scheint m.E. die langfristigen Intentionen des Autors authentisch und dialogisch zu verdeutlichen (S. 315): „So richtig es ist, dass Ökumene sich am Ort verwirklichen muss (…), so wird man darauf achten müssen, dass nur da das Wort „ökumenisch“ seine rechte Verwendung findet, wo die bestimmte Absicht vorhanden ist, als Glieder der weltweiten Kirche in Solidarität mit allen Menschen zu sprechen und zu handeln“ (S. 315, Kursivsetzung von mir).
Es versteht sich von selbst, dass die in einem langen Zeitraum entstandenen Aufsätze und Vorträge eine gewisse Zeitbedingtheit widerspiegeln. Zugleich aber ist hier eine Sammlung eines theologischen und religionspädagogischen Weiter-Denkers entstanden. Er hat durch sein Engagement im christlich-jüdischen Dialog über die Ökumene der Konfessionen hinausgedacht und damit auch der Ökumene der Religionen wichtige Impulse gegeben.
Reinhard Kirste
Rz-Hasselhoff, 17.10.14  


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