Leonard
Swidler: Dialogue for Interreligious Understanding.
Strategies for the Transformation of Culture-Shaping Institutions.
New York /London: Palgrave: Macmillan 2014, 212 S., Index
--- ISBN 978-1-137-47119-2 ---
Strategies for the Transformation of Culture-Shaping Institutions.
New York /London: Palgrave: Macmillan 2014, 212 S., Index
--- ISBN 978-1-137-47119-2 ---
Ausführliche Beschreibung
Mit
diesem Band verdeutlicht Leonard Swidler (geb. 1929), welche Ziele er von Anfang an verfolgte,
als er den interreligiösen Dialog zu seinem Forschungs- und Lebensschwerpunkt
machte. Der katholische
Theologe lehrt seit 1966 an der Temple University in Philadelphia (USA)
„Catholic Thought and Interreligious Dialogue). Er hat
nicht nur die renommierte Zeitschrift Journal of
Ecumenical Studies (zusammen mit seiner Frau Arlene) gegründet, sondern auch das Dialogue
Institute, dessen Präsident er seitdem ist, und das er derzeit in ein
internationales Netzwerk von Dialog-Instituten einbindet. Len Swidler
hat viele Bücher geschrieben bzw. mit
anderen Theologen und Religionswissenschaftlern herausgegeben. Als
Gastprofessor hat er an vielen Universitäten weltweit Vorlesungen gehalten und
tut dies immer noch.
Dieses Buch verbindet vieles von dem Bisherigen
im Sinne einer „hilfreichen Kombination“ von theoretischen Ideen und
praktischen Projekten (S. 3). Es ist ein Dialog über den Dialog. Das macht zugleich
den Reiz der hier vorliegenden Texte aus. Einige hatte Swidler schon früher
veröffentlicht. Sie sind nun teilweise überarbeitet und sollten als Einladung
für einen vertieften Dialog verstanden werden. Diesen beschreibt Swidler
zugleich als einen Weg, in dem kritisches Denken, emotionale Intelligenz und
sich gegenseitig anspornende Kooperation zusammenkommen. Die Texte aus diesem
Buch spiegeln darum die verschiedenen Aspekte von „deep dialogue“ und können
als dialogisch-biografische Bilanz verstanden werden, die sich aus 60 Jahren Arbeit
interreligiöser Begegnung ergeben haben. Daraus lassen sich für jede/n
Leitlinien ableiten, nicht nur, wie man/frau sich am besten auf die Begegnung
mit Menschen und Glaubensgrundsätzen anderer Religionen einlässt, sondern auch,
wie sich destruktive Diskussionsversuche vermeiden lassen.
Mehr zu Leben, Werk und Veröffentlichungen von Leonard
Swidler: http://religiositaet.blogspot.de/search?q=Swidler.
Den Dialog über den Dialog geht Swidler nun
als „virtue and way“ an, als
vertiefter Dialogs durch critical-thinking
with emotional intelligence und als „competitive
cooperation“ im Sinne des griechischen dia-logos
(bes. S. 35-46). Er gliedert die Texte dreifach: Hintergründe von Dialog und
Religion, Beschreibung der (theoretischen) Grundlagen und Folgerungen für die
Praxis. Den Schwerpunkten Tugend und Weg,
kritisches Denken, emotionale Intelligenz und wetteifernde Kooperation sind gewissermaßen
die Schwungräder, mit denen der tiefe Dialog Fahrt bekommt. In unterschiedlichen
Aspekten und Themenstellungen wie in konzentrischen Kreisen wird somit der
interreligiöse Verständnisweg beleuchtet.
Teil I: Allgemeiner Hintergrund und
Orientierungslinien
Im
Beitrag “What is Religion?” zeigt er, dass Religion authentisch im Zusammenhang
von „within me, between me and thee“ (S. 11) gelebt wird und so auch
Religionsvergleiche immer Respekt und Verständnisannäherungen gleichermaßen
beinhalten (sollten). Im Folgenden weitet er die dialogische Sichtweise
kosmisch aus – Dialog als Tanz, der Kopf, Herz, Hand, Heiligkeit d.h.
Menschsein in seiner ganzen Fülle einschließt. Der dialogische Weg geht von
der Differenz in die Konvergenz. Mit seiner Frage „What is Dialogue?“ und „Deep
Dialogue“ zielt er bereits auf Dialog als „two-way communication (S. 19).
Verschiedene Typen des Dialogs richten sich letztlich alle an der
Nortwendigkeit eines menschenwürdigen Miteinanders aus, das von der
gegenseitigen, kreativen Herausforderung lebt, was übrigens das Wort djihad in seiner ursprünglichen Bedeutung beinhaltet (S. 43). Hier
ist Swidler an einer seiner frühesten ethisch-religiösen Vermittlungsthesen (zuerst
1978) angelangt.
Der Dialog- Dekalog führt zu den Wesenselementen einer “pastoral education“ (S. 59):
Der Dialog- Dekalog führt zu den Wesenselementen einer “pastoral education“ (S. 59):
1. Be Open Within! – Sei offen in/zu dir selbst!
2. Attend! – Begleite achtsam!
3. Be Open Between! – Sei offen im “Zwischen”!
(d.h. immer unter Einbeziehung der „anderen Seite“)
(d.h. immer unter Einbeziehung der „anderen Seite“)
4. Be Honest and Trusting! – Sei ehrlich und
vertrauenswürdig!
5. Cultivate Personal Trust! – Pflege persönliches
Vertrauen!
6. Don’t Prejudge; Compare Fairly! Vor-urteile
nicht; vergleiche fair!
7. Define Yourself – In Dialogue! – Definiere dich
selbst – im Dialog!
8. Treat Others Equals! – Behandle andere als gleiche!
9. Be Healthy Self-Critical! – Sei heilsam selbstkritisch!
10. Reach out, Pass over and Return! –
Geh hinaus, überschreite Grenzen und komm zurück!
Geh hinaus, überschreite Grenzen und komm zurück!
Teil II: Theoretischer Hintergrund
Hier
stellt Swidler Grundlagen des vertieften Dialogs vor, die eine segensvolle
Interaktion ermöglichen. Es sind Basisregeln für den interreligiösen und
interideologischen Dialog, die sich alle im Dialog- Dekalog konzentrieren und praktisch realisieren
lassen. Swidler spielt hier individuell, sozial und politisch beispielhaft
durch, was dieser „Deep-Dialogue Decalogue“ bewirkt und bewirken kann. Denn er
vermeidet destruktive und im Desinteresse verharrende Dialoge. Vielmehr wird gegenseitiges Lernen und
gegenseitige Verwandlung für Integration geleistet. Das ist durchaus machbar:
der Dialog-Dekalog wird aufgrund gegenseitiger Erfahrung zu einer Vision und
einem globalen Erwachen, das bisheriges Verhalten generell ändert. Es geht um die Einübung in neue Verhaltensweisen
(mit ganz praktischen Übungsbeispielen!). Daraus folgt die Erkenntnis, wie die
Werte der Anderen das Eigene bereichern und vertiefen und so eine
win-win-Situation für alle Beteiligten entsteht.
Teil III und
IV: Implikationen und mögliche Applikationen (Anwendungen)
In diesen „Praxisteilen“
setzt Swidler gewissermaßen sein Basiskonzept des „Deep Dialogue and Deep-Decalogue-Dialogue“ in Optionen und
Forderungen für die Kindererziehung und die Lehrerausbildung um, bis hin zu
einem konkreten „11 Stufen Studienprogramm“ und einem 32 Stunden-Seminar für
„Senior Executives“ (S. 185-192). Basis bildet ein Sieben-Punkte-Programm
für eine ganzheitliche Bildung und Erziehung (S. 99-102), die sich inhaltlich
auf die Weltethos-Erklärung bezieht. Leonard Swidler hat an der
Vorbereitung wesentlich mitgewirkt (S. 149-167) und die Erklärung weiter
überarbeitet (S. 169-175). Sie wurde zuerst im Rahmen des Weltparlaments der
Religionen in Chicago 1993 veröffentlicht:
http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/parlament_der_weltreligionen_750.htm
Die daraus abzuleitenden ethischen Folgerungen – heraus aus dem Zeitalter des Monologs, hin zu einem Zeitalter des globalen Dialogs – signalisieren für Swidler den Beginn einer neuen Achsenzeit. Eine verbindliche globale Ethik muss in die jeweilige Gesellschaft hinein transferiert werden und sich bis in die Gesetzgebung hinein auswirken. Es muss wirklich „Business in Dialogue“ geben, und zwar auf der Basis einer Humanität ohne Vorbedingungen. Hier erhofft sich Swidler ein „Global Dialogue Network for Ethical and Spiritual Values“, in das sich die führenden Köpfe der Welt aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft, aus Politik, Philosophie, Naturwissenschaften und Religionen einbringen sollten. Im Kontext einer dialogischen Spiritualität müssen ethische Standards festgelegt und implementiert und auch überwacht werden, um Gerechtigkeit zu ermöglichen (S. 169f).
Die daraus abzuleitenden ethischen Folgerungen – heraus aus dem Zeitalter des Monologs, hin zu einem Zeitalter des globalen Dialogs – signalisieren für Swidler den Beginn einer neuen Achsenzeit. Eine verbindliche globale Ethik muss in die jeweilige Gesellschaft hinein transferiert werden und sich bis in die Gesetzgebung hinein auswirken. Es muss wirklich „Business in Dialogue“ geben, und zwar auf der Basis einer Humanität ohne Vorbedingungen. Hier erhofft sich Swidler ein „Global Dialogue Network for Ethical and Spiritual Values“, in das sich die führenden Köpfe der Welt aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft, aus Politik, Philosophie, Naturwissenschaften und Religionen einbringen sollten. Im Kontext einer dialogischen Spiritualität müssen ethische Standards festgelegt und implementiert und auch überwacht werden, um Gerechtigkeit zu ermöglichen (S. 169f).
In seiner „Conclusion“ wünscht sich Swidler, dass die von ihm hier
bilanzierten Gedanken nicht nur visionär wirken mögen, sondern dazu führen,
dass viele Menschen diese miteinander im Sinne einer Global Business-Ethik teilen.
Sie ist eine von allen geschätzte Tugend und ein Lebensstil, der das Wort Dia-Logos wirklich verdient. Es wäre
sehr zu begrüßen, wenn dieses noch recht weit gespannte Netzwerk in den
nächsten Jahren enger geknüpft wird. Leonard Swidler hat dazu eine wichtige
Grundlegung geleistet. Angesichts all der brutalen Konflikte und des
unsäglichen Leids vieler Menschen wäre zu wünschen, dass sich viele Einzelne,
aber auch Städte und Staaten bewusst darauf einließen. Von daher erscheint es
geradezu dringend, dass dieses Buch auch in anderen Sprachen und bald in
Deutsch erscheinen könnte.
Reinhard Kirste
Rz-Swidler-Dialogue,
30.12.14
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