Freitag, 20. Oktober 2017

Theologie der Befreiung - unaufgebbare Stimme für eine Reform der Kirche

Mit dem neuesten Band von interkulturell aus der Reihe der Salzburger Studien (STS) zeigt der Tyrolia-Verlag Innsbruck, wie wichtig es ist, die Theologie der Befreiung in ihrer kirchenpolitischen Entwicklung und (inter-) religiösen Bedeutung weiterhin im Gespräch zu halten und so auch gegenläufige Tendenzen abzuwehren.

Franz GMAINER-PRANZL/ Sandra LASSAK, Sandra /
Birgit WEILER, Birgit (Hg.):

Theologie der Befreiung heute. Herausforderungen – Transformationen – Impulse.
Salzburger Theologische Studien 57. interkulturell 18. 

Innsbruck-Wien: Tyrolia 2017, 577 S.
--- ISBN 978-3-7022-3577-2 ---


Der umfassende Band bildet eine Art Bestandsaufnahme und ist eine aktuelle Zwischenbilanz, die weitergehende Beachtung verdient.
Die kompetenten Autorinnen und Autoren beleuchten das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven. Dadurch entsteht ein facettenreiches Bild der Befreiungstheologie als Herausforderung für Kirche und Religion heute.

In der Verlagsinformation heißt es dazu:

Die „Theologie der Befreiung“ wird gegenwärtig von den einen für tot erklärt, von anderen mit einer gewissen Nostalgie hochgehalten, von vielen jedoch kaum wahr- und ernstgenommen. Der große Aufbruch der Befreiungstheologie, der spätestens seit der Dritten Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe 1968 in Medellín zu einer neuen Problemwahrnehmung in der kirchlichen Pastoral und in der theologischen Reflexion, vor allem aber zu einer neuen, befreienden Praxis der Glaubensverkündigung geführt hatte, scheint heute vergessen. Die enormen gesellschaftlichen Umbrüche und globalen Transformationen ebenso wie kirchenpolitische Entwicklungen haben neue befreiungstheologische Praxen hervorgebracht, die bisher kaum in die theologische Reflexion eingeflossen sind. Außerdem entstanden Basisbewegungen, Initiativen und Aufbrüche jenseits traditioneller Kirchen- und Gemeindestrukturen, die das Potential befreiungstheologischen Denkens auf unterschiedliche Weise umsetzten und auch weiterentwickelten – innerhalb und außerhalb kirchlicher Kontexte. Dieses Buch, an dem AutorInnen aus Europa, Afrika und Lateinamerika mitwirkten, macht deutlich, inwiefern Anstöße der Befreiungstheologie in unterschiedlichste gesellschaftliche Bereiche hineinwirken und sich mit Fragen der Wirtschaft, der Politik, der Globalisierung und Urbanisierung, der Ökologie und der Situation der Frauen auf kritisch-kreative Weise auseinandersetzen.


Entscheidende Grundlagenbeiträge
hatte bereits der Band
Deslocamentos geliefert: 


Franz Gmainer-Pranzl / Eneida Jacobsen (Hg.):
Deslocamentos - Verschiebungen theologischer Erkenntnis. Ein ökumenisches und interkulturelles Projekt.

Salzburger Theologische Studien 54.
interkulturell 16.
Innsbruck-Wien: Tyrolia 2016, 526 S.
--- ISBN 978-3-7022-3496-6 ---
Ausführliche Rezension: hier

Aus der Verlagsinformation: 
Mit dem Begriff „deslocamentos“, der im Portugiesischen eine spannende Bedeutungsbreite aufweist (von Verschiebung, Veränderung und Dislozierung bis hin zu Fortbewegung und Ausrenken eines Gelenks), bezeichnet der brasilianische Theologe Carlos Gilberto Bock erkenntnistheologische Verschiebungen, die aus gesellschaftlichen Transformationen resultieren. Die Pluralisierung, Differenzierung und Dezentrierung gesellschaftlicher Bereiche führt auch zu einer veränderten Art und Weise theologischer Erkenntnis, wie sich das am Beispiel der Befreiungstheologie zeigt. Diese „Verschiebungen theologischer Erkenntnis“ ... gaben den Anstoß für ein ökumenisches und interkulturelles Forschungsprojekt ... der lutherischen EST (Escola Superior de Teologia) in São Leopoldo im Süden Brasiliens und der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg ... Das Ergebnis dieser ökumenischen und interkulturellen Kooperation versteht sich als Ansatz für eine theologische Methodologie, die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen weltweit gerecht werden will. 
 
Die ebenfalls kürzlich erschienene, überarbeitete Habilitationsschrift von Stefan Silber
kann dazu als wesentlicher Grund-Baustein angesehen werden. Er erhielt für seine Arbeit auch den Erwin-Kräutler Preis der Katholischen Fakultät der Universität Osnabrück:
Stefan Silber: Pluraliät, Fragmente, Zeichen der Zeit. Aktuelle fundamentaltheologische Herausforderungen aus der Perspektive der lateinamerikanischen Theologie der Befreiung.
Salzburger Theologische Studien 58. interkulturell 19.
Innsbruck-Wien: Tyrolia  2017, 303 S.


Verlagsinformation
Dieses Buch widmet sich im ersten Teil der Weiterentwicklung und Rezeption der Theologie der Befreiung in der Zeit zwischen 1990 und 2017. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei jeweils auf der Aktualität und sich fortschreibenden Gegenwartsbezogenheit sowie der wachsenden Pluralität dieser Theologie. Der zweite Teil blickt aus der Sicht und Tradition der Theologie der Befreiung auf die Frage der Religionen und ihrer Pluralität. Dieser Themenbereich wird in der Gegenwart immer brisanter und wurde vor allem im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts von zahlreichen Befreiungstheologen bearbeitet. Der dritte Teil stellt sich – ebenfalls aus der Perspektive der Befreiungstheologie – den pluralen Entwicklungen der lateinamerikanischen Großstädte. Beide Themenbereiche, Religionen und Großstädte, werden als Zeichen der Zeit behandelt und stellen somit Herausforderungen für die Theologie dar; in beiden Bereichen wird gezeigt, dass die Theologie der Befreiung durch die prinzipielle Ausrichtung an der Option für die Armen über die besten Voraussetzungen verfügt, um diese Herausforderungen zu beantworten.

In diesen Themenkreis gehören m.E. ebenfalls die früher erschienenen Titel der Salzburger Theologischen Studien:


Weitere Informationen - Focus Lateinamerika: hier



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