Ricoldus
de Monte Crucis:
Tractatus seu disputatio contra Saracenos
et Alchoranum.
Tractatus seu disputatio contra Saracenos
et Alchoranum.
Edition
– Übersetzung – Kommentar
von Daniel Pachurka.
von Daniel Pachurka.
Corpus
Islamo-Christianum Series Latina 9.
Wiesbaden: Harrassowitz 2016, XLIX, 198 S.
Wiesbaden: Harrassowitz 2016, XLIX, 198 S.
Ausführliches
Literaturverzeichnis mit Indices + Appendices
zu den Suren, den Hadith-Sammlungen von
al-Buhari, Muslim, und Abū Dāwūd as-Sidschistānī
sowie den Taten Mohammeds
--- (zugleich Diss. Ruhr-Universität Bochum)
zu den Suren, den Hadith-Sammlungen von
al-Buhari, Muslim, und Abū Dāwūd as-Sidschistānī
sowie den Taten Mohammeds
--- (zugleich Diss. Ruhr-Universität Bochum)
--- ISBN 978-3-447-10711-2
--- Verlagsankündigung: https://www.harrassowitz-verlag.de/title_958.ahtml
--- Verlagsankündigung: https://www.harrassowitz-verlag.de/title_958.ahtml
Von dem humanistischen Gedanken des „Zurück zu den Quellen“ ist auch Martin
Luther geprägt. In diesem Kontext ist es darum hoch interessant, dass er die
Anti-Sarazenen-Schrift des Dominikaners Ricoldus gegen die Muslime und den
Koran 1542 selbst ins Deutsche übersetzte.
Neben allgemeinen
Hinweisen stellt der Autor den um das Jahr 1243 in Florenz geborenen
Ricoldus de Monte Crucis (Riccoldo da[di] Monte Croce) genauer vor: Dieser trat
nach seinem Studium der artes liberales
1267 in den florentinischen Dominikanerorden ein. Er wurde u.a. als Lektor nach
Pisa und Prato geschickt. Danach erfolgte die wichtige Zeit als Asienmissionar.
Er verbrachte zwölf Jahre im Vorderen Orient. Nach einer Pilgerreise ins
Heilige Land gelangte er auch in die Türkei und nach Persien, ehe er 10 Jahre
bei den orientalischen Christen in Bagdad blieb. Seine Rückkehr nach Florenz
erfolgte im Jahre 1300/1301. Er starb dort am 31.10.1320.
Pachurka geht nun
detailliert auf die Quellenlage der [bekannten] Werke des Ricoldus ein.
·
Peregrinatio =
Autobiografisches
·
Contra legem Saracenorum
·
Libellus ad nationes orientales
·
Tractatus
seu disputatio contra Saracenos et Alchoranum
·
Epistolae v commentatoriae de perditione
Acconis (zum Verlust Akkos für die Kreuzfahrer
1291)
Der
Verfasser geht in seiner Einleitung neben der Darstellung von Leben und Werk
des Ricoldus ausführlich auf das Werk des katalanischen Dominikaners Raymundus Martinus (Ramón Martí), der
von 1210/1215–1285/1290 lebte. Er hatte in seiner De Seta Machometi eine Reihe von Originalquellen zusammengestellt. Das
bedeutet, dass nicht nur seine anti-islamischen und antijüdischen Schriften für
die Späteren von Bedeutung wurden, sondern auch die von ihm vorgelegten
arabisch-islamischen Originaltexte. Martís ausgezeichnete Arabischkenntnisse
und Übersetzungen dieser Schriftzeugnisse waren für Ricoldus offensichtlich
eine wichtige Orientierung. Die von Martí und auch schon von Ramon Llull
benutzte mozarabische „Denudatio“,
eine anonyme Anti-Islam-Schrift aus dem 11. Jh. spielt für alle weiteren
Debatten geradezu eine Schlüsselrolle. Ricoldus bezieht sich – wie Pachurka
weiter ausführt – für seine „Confutationes“ gezielt auf diese Quellen sowie auf
den Koran, Hadith-Ausgaben (Buchari, Muslim u.a.) und die Prophetenbiografie des
Ibn Ishaq (jeweils in lateinischen Übersetzungen). Entsprechende Handschriften
lagen dem Dominikaner offensichtlich vor. Wichtig ist nun, dass Ricoldus bei seinen
Widerlegungen nicht nur den Namen der Sure und ihre Zählung angab, sondern bei
Zitaten auch eigenständig Zehner-Versgruppen (Dekaden) zusammenstellte.
So entsteht eine
Abhandlung mit Quellenzitaten, in der die erworbene Sachkompetenz allerdings
voll den apologetischen Zielen dienen muss.
Die klar gegliederte lateinisch-deutsche Fassung des Tractatus contra Saracenos durch
Pachurka erleichtert den Zugang zu bestimmten Themenkreisen, mit denen sich der
Autor dann in seinem Abschnittskommentar
(mit vielen Querverweisen) systematisch auseinandersetzt. Überblickt man
den Gesamttext, so ist die missionarisch-apologetische-polemische Tendenz des
Ricoldus zwar leitend, aber bei aller Polemik werden doch möglichst exakte
Gegenbeweise argumentativ hervorgebracht, und zwar mit Vernunftgründen- und Schriftbelegen.
Dazu muss Ricoldus aber oft genug Koranzitate verkürzen oder Hadithe
uminterpretieren. Insgesamt entwickelt sich eine Art Themenpaket der
Widerlegung.
Ricoldus prangert in besonderer
Weise an: Mohammed war weder ein echter Prophet, noch ein Wundertäter, er
war ein Lügner und lasterhafter Mensch. Er hat auch das Gesetz nicht von Gott
empfangen. Seine Offenbarungen haben keinerlei göttlichen Ursprung. Die
koranischen Gesetze sind also falsch und christlich unwürdig. Der Koran ist von
der Wahrheit weit entfernt; dennoch:
selbst der Koran weist daraufhin, dass die Muslime zum Irrtum bestimmt sind. Dort
selbst steht schon, dass die Muslime an das Evangelium Christi glauben sollten
(S. 29). Von daher ist es eine üble Unterstellung, dass Juden und Christen ihre
heiligen Bücher verdorben hätten.
Das Ergebnis der gesamten Auseinandersetzung hat Pachurka m.E.
sehr schön im Zusammenhang von Kommentar-Abschnitt 369-370 ( = S. 128) zusammengefasst:
„Den Muslimen wird die Kompetenz bezüglich des Evangeliums abgesprochen, indem
die eigenen Kenntnisse als überlegen präsentiert werden … [Ricoldus] definiert
den Islam damit als Religion, die durch das Schwert verbreitet wurde
(cf. Comm 442-457 u. 508-511), wohingegen das Christentum durch Schwert oder den Tod nicht vermindert werden kann.“
(cf. Comm 442-457 u. 508-511), wohingegen das Christentum durch Schwert oder den Tod nicht vermindert werden kann.“
Für die
systematische Recherche und Forschungsarbeit erweisen sich die Indices und Appendices
zu den erwähnten und zitierten Suren,
den Hadith-Sammlungen von al Buchari, Muslim, Suanan Abu Dawud und Ibn Ishaqs Prophetenbiografie
mit Kurzzitaten wichtiger (gegenwärtiger) Forscher zum Thema und eigenen
Anmerkungen als besonders hilfreich.
Bilanz
Zur geschichtlichen Entwicklung und Verfestigung christlicher Vorurteile gegenüber dem Islam bietet das Buch einen wichtigen Verstehensbaustein. Hier lässt sich nämlich zeigen, wie eine innerlich oder äußerlich abwehrende Haltung gegenüber den Koran-Offenbarungen sehr schnell in rigorose Polemik abgleitet. Man könnte angesichts moderner Debatten sagen, es sind zum Teil sogar „Satanische Verse“. Eine solche Haltung prägt teilweise bis heute die Begegnung mit den Muslimen und dem Koran. Man fühlt sich in gewisser Weise sogar an Salman Rushdies gleichnamiges Buch [1988] erinnert. In diesem Roman werden bekanntlich neben dem Leben des Propheten Mohammed auch die umstrittenen Hintergründe der Sure 53,19f ausgebreitet. Frühere Koranfassungen zeigen dort noch Anklänge an die mekkanische Göttinnen-Trias und sind damit nicht streng monotheistisch.
Gerade weil die alten Polemiken zugleich die neuen sind, lohnt ein genauerer Blick in die apologetischen Strukturen christlich-theologischer Islamverständnisse. Ricoldus spielt hierbei eine beachtliche, allerdings äußerst problematische Rolle. Sie ist dank des Buches von Pachurka für alle Interessierten offenkundig.
Zur geschichtlichen Entwicklung und Verfestigung christlicher Vorurteile gegenüber dem Islam bietet das Buch einen wichtigen Verstehensbaustein. Hier lässt sich nämlich zeigen, wie eine innerlich oder äußerlich abwehrende Haltung gegenüber den Koran-Offenbarungen sehr schnell in rigorose Polemik abgleitet. Man könnte angesichts moderner Debatten sagen, es sind zum Teil sogar „Satanische Verse“. Eine solche Haltung prägt teilweise bis heute die Begegnung mit den Muslimen und dem Koran. Man fühlt sich in gewisser Weise sogar an Salman Rushdies gleichnamiges Buch [1988] erinnert. In diesem Roman werden bekanntlich neben dem Leben des Propheten Mohammed auch die umstrittenen Hintergründe der Sure 53,19f ausgebreitet. Frühere Koranfassungen zeigen dort noch Anklänge an die mekkanische Göttinnen-Trias und sind damit nicht streng monotheistisch.
Gerade weil die alten Polemiken zugleich die neuen sind, lohnt ein genauerer Blick in die apologetischen Strukturen christlich-theologischer Islamverständnisse. Ricoldus spielt hierbei eine beachtliche, allerdings äußerst problematische Rolle. Sie ist dank des Buches von Pachurka für alle Interessierten offenkundig.
Reinhard Kirste
Rz-Ricoldus-Saracenos,
25.11.17
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