Dienstag, 28. April 2015

Wieder ins Gespräch gebracht - die Weisheit der Schamanen



Geseko von Lüpke: Altes Wissen für eine neue Zeit. 
Gespräche mit Heilern und Schamanen des 21. Jahrhunderts.
München: Kösel 2008, 429 S., Literaturhinweise, Internetkontakte
 
ISBN-10: 346634526X  ---- ISBN-13: 978-3466345267
 

Angesichts der weltweiten Krisensituationen im Blick auf den Hunger, das Klima, die Finanzen und ständig aufflammender Kriegsherde suchen viele Menschen nach alternativen Lösungen. So kommen Themen und Tendenzen wieder zur Sprache, die lange Zeit eher in den Esoterikzirkeln oder in der New Age-Bewegung beheimatet waren.


Darum ist es spannend, wenn ein Buch auf den Markt kommt, das mit Ernsthaftigkeit und Empathie Menschen vorstellt, die in einem weiten Sinne als Schamanen unserer Zeit angesehen können. Die mit nachprüfbaren Beweisen sich rechtfertigende Wissenschaft hat mit solchen aus vor-wissenschaftlichen und erfahrbaren Traditionen lebenden Menschen ihre Schwierigkeiten, aber der Physiker Hans-Peter Dürr, Träger des alternativen Nobelpreises, erinnert im Klappentext: „Wir brauchen schamanische Weisheit …, um wieder in Verbindung zur eigentlichen lebendigen Wirklichkeit zu treten. Ohne diese Rückbindung sind wir ohne Wurzeln und haben keine Zukunftschancen.“
Der Autor Geseko von Lüpke, promovierter Politologe und Ethnologe ist in den vorliegenden Gesprächen mit 17 Schamanen aus 16 Ländern der gesamten Welt mehr als seinen journalistischen Neigungen nachgegangen, und zwar bei allen Interviews letztlich unter der Leitfrage, wie wir die Welt verändern können, wenn wir das Wissen derjenigen bewusst aufnehmen und aktualisieren, die sich als Grenzgänger zwischen den „Bewusstseinswelten“ verstehen und daraus Kräfte des Veränderns und Heilens schöpfen – für sich und andere. Ob der Schamanismus in diesem Sinne als die Mutter aller Religionen anzusehen ist, bleibe allerdings dahin gestellt (S. 23-25).
Die vorgestellten Persönlichkeiten, viele Künstler, Ökologen und Heiler gleichzeitig, die teilweise auch in Europa durch Vorträge und Seminare bekannt geworden sind, kommen aus unterschiedlichen kulturellen und religiösen Traditionen und sind in ihren Antworten keineswegs gleichförmig, oft durch Lebensbrüche geprägt, manchmal auch nicht besonders tiefschürfend. Dennoch ist ein erstaunliches Kaleidoskop alternativer Denkweisen herausgekommen. Bei der Vorstellung seiner Gesprächspartner geht es von Lüpke darum, ein Kulturpotential sichtbar zu machen, das nicht verschleudert werden darf. Es geht schließlich um den Kosmos als Einheit, um ein erweitertes Naturverständnis, um die Kraft der Ahnen, des Weiblichen und des spirituellen Begleitens. Was bisher eher außerhalb Europas angedacht wurde, stellt von Lüpke auch an Beispielen Europas dar. Dabei wechseln archaische und moderne Überlegungen einander ab. Welche Zukunft der Schamanismus hat, versucht der Autor dann im Zusammenhang mit der „westlichen“ Wissenschaft, aber auch in den Wirklichkeitserfahrungen von Ekstase, Trance und anderen Bewusstseinszuständen zu verdeutlichen.
Von Lüpke beginnt seine Gesprächsaufzeichnungen zum schamanischen Weltbild durch den „Ältesten“: Angaangaq Lyberth aus Grönland. Es folgt im Blick auf den Zusammenklang von Tradition und modernem Denken Don Oscar Miro-Quesada, ein Inka-Nachfahre. Dieser Zusammenklang führt im Blick auf die Natur zu veränderndem Handeln, verdeutlicht durch Konkretionen des mongolischen Schamanen und deutsch sprechenden Dichter Galsan Tschinag, dem nordamerikanischen Indianer-Ältesten und Heiler Manitonquat sowie dem schamanischen Heilkräuter-Erfahrenen aus dem peruanischen Amazonas-Gebiet Don Pedro Guerra Gonzales. Welche Kraft für die Gegenwart und für das eigene beratende und heilende Tun aus der Ahnenverehrung erwächst, machen der Südafrikaner Percy Konqobe, der Batak Morden Siragong aus Indonesien, der Westafrikaner Malidoma Somé und unter besonderer Berücksichtigung der weiblichen Kräfte die guatelmaltekische Maya-Priesterin Doña Eufemia Cholac Chicol, die sibirische Schamanin Nadja Stepanova, die koreanische Trance-Tanz-Schamanin Hi-ah Park und schließlich die Maori-Neuseeländerin Wai Turoa-Morgan deutlich.
Während die bisher angesprochenen Schamaninnen und Schamanen in ihre traditionale Kultur durchweg (noch) stark eingebunden sind und gleichzeitig viele von ihnen sich auch als Brückenbauer zur Moderne empfinden, wirkt das bei den europäischen SchamanInnen unterschiedlich. Sicher nehmen alle Genannten teilweise vergessene Traditionen wieder auf und bringen auch überzeugend wirkkräftige Beispiele ihres Tuns, dennoch aber muten die Begründungen der „heiligen Clowns“ aus England, Dusty Miller XIII. und Dusty Miller XIV. nicht nur in ihren Baum-Bezügen etwas weit hergeholt an. Ähnliches gilt für die bekannte Heide Göttner-Abendroth, die allerdings auch nicht als Schamanin, sondern als Kulturwissenschaftlerin vorgestellt wird. Die Gleichsetzung von schamanisch und matriarchal muss religionswissenschaftlich eigentlich nur als kühn bezeichnet werden. Anders dagegen der Sámi-Schamane Ailo Gaup aus Norwegen, dem man die unmittelbare Nähe zu den samischen Steinzeitwurzeln der angesprochenen Rituale unmittelbar glaubt. Gerade in der Verbindung von schamanischen, über viele Jahrhunderte transportierten Erfahrungen und der modernen Wissenschaft, besonders in Biologie, Medizin, Meteorologie dürfte ein Erkenntnisfortschritt liegen, auf den gegen Ende des Buches der Mexikaner José Lopéz Guído und der aus dem Südwesten stammende US-Indianer Jospeh Standing Eagle verweisen.
Geseko von Lüpke legt mit diesem „Gesprächswerk“ ein wichtiges Buch vor, weil meines Wissens noch nie so lange und intensive Gespräche mit so vielen Schamanen in einem überschaubaren Zeitraum von heute geführt wurden. Damit wird die Einordnung des Phänomens Schamanismus nicht leichter, aber gerade die SchamanInnen bezeugen mit ihrem Tun und ihren Ritualen die Verbindung von Mikrokosmos und Makrokosmus und damit eine tief gegründete Einheit des Kosmos, auf die sie im Sinne heilsamer Veränderung hinarbeiten. Auf Menschen dieser Kraft und Sensibilität – und sicher manchmal auch befremdenden Art – sollte um des Himmels und der Erde willen mehr gehört werden.
Dies  bestätigt  auch ein Spruch der Pueblo-Indianer:
Halte fest, was gut ist und sei es Handvoll Erde.
Halte fest an dem, was du glaubst und sei es ein Baum, der alleine dasteht.
Halte fest an dem, was du tun musst und sei es weit entfernt.
Halte fest am Leben, auch wenn es einfacher wäre, es loszulassen.
Halte fest an meiner Hand, auch wenn ich dich verlassen habe.
Reinhard Kirste
Rz-Lüpke, 14.02.09, bearb. 28.04.2015


Montag, 27. April 2015

Der säkulare Staat vor den Herausforderungen einer multireligiösen Gesellschaft



Joseph Marko / Wolfgang Schleifer (Hg.):
Staat und Religion.

9. Fakultätstag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz,
16. Mai 2014.
Graz: Leykam 2014, 305 S. --- ISBN 978-3-7011-0308-9 ---
Kurzrezension: hier 

Ausführliche Beschreibung
Als kontinuierliche Herausforderung, Chance und Spannungsfeld erweist sich das Verhältnis von Staat und Religion(en) in der modernen (säkularen) Gesellschaft. Mit der verstärkten Einwanderung von Muslimen in westliche Gesellschaften hat dieses Thema oft unerwartete, ungewöhnliche und für viele beunruhigende Perspektiven erfahren.
Von daher war der interdisziplinär angelegte 9. Fakultätstag der Juristischen Fakultät der Universität Graz der Versuch, Strukturlinien im komplexen Zusammenhang von Staat und Religionen aufzuzeichnen. Der Titel war bezeichnend: „100 Jahre Islamgesetz in Österreich. Scharia und säkularer Rechtsstaat – ein unlösbarer Widerspruch?“

In der Bilanz des Studientages heißt es: „Staat, Recht, Politik und Religion stehen seit jeher in einem untrennbaren Zusammenhang. Migrationsbewegungen führten in den letzten Jahrzehnten wieder zu einer Zunahme der politischen Bedeutung der Religionen und warfen eine Vielzahl brisanter Fragen auf. Welchen Umfang hat das Recht auf Religionsfreiheit? Wann kippt Meinungsfreiheit in Blasphemie? Wie begegnet die Arbeitswelt religionsspezifischen Thematiken wie (z.B.) religiösen Feiertagen? Inwieweit ist die Anwendung der Scharia durch österreichische Gerichte erlaubt?“
Damit thematisiert dieser Band zugleich das Thema der Religionsfreiheit. Das Attentat auf die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ am 7. Januar 2015 hat weitere Gewalttaten in asiatischen und afrikanischen Ländern sowie in Dänemark zur Folge gehabt. Immer wieder treten dadurch „der“ Islam und seine Rechtsverständnisse in den medialen Mittelpunkt. So ist es den beiden Herausgebern von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, dem Staats- und Verfassungsrechtler Joseph Marko und dem Rechts- und Translationswissenschaftler Wolfgang Schleifer zu danken, dass sie die Vielfältigkeit des Themas weit über die engeren juristischen Zusammenhänge hinaus durch diese Publikation einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.
Da die hier dokumentierte Konferenz durch Plenumsvorträge und Arbeitskreise geprägt war, hat sich eine vielfältige und doch klar strukturierte Themenübersicht ergeben, so dass man die Anstöße durch die Plenumsvorträge und die Ergebnisse der Arbeitskreise als wichtigen Baustein für eine interreligiöse Praxis werten kann.
I.  Die Themenfelder der Plenarveranstaltung umfassten sowohl aktuelle Entwicklungen des Religionsrechts als auch (unterschiedliche) Erfahrungen von Gerichten mit islamischem Privatrecht in Österreich (Richard Potz und Wilhelm Posch, Universitäten Wien und Graz). Die Einsichten in multikulturelle und multireligiöse Veränderungen der Gesellschaften Europas in Geschichte und Gegenwart sowie islamische-theologische Begründungen bieten genügend Möglichkeiten, keine religiöse Grenzen aufzurichten, sondern davon auszugehen, dass „die Erde Gottes keine Grenzen kennt“ (S. 65). Gerade religiöse Menschen sind von ihren Glaubensgrundlagen gehalten, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen (Christian Joppke und Ednan Aslan, Universitäten Bern und Wien). Angesichts der Elastizität liberaler Institutionen Europas kann man eigentlich davon ausgehen, dass mit den Religionen der Einwanderer wirklich fair umgegangen wird (S. 61). Der soziologisch orientierte Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner (Universität Wien) lenkte mit der Frage: „Wie säkular ist die österreichische Gesellschaft?“ wieder in das Alpenland zurück. Seine Ergebnisse im Blick auf veränderte Eheverständnisse bzw. Familienbilder nötigen gerade die katholische Kirche zu einer „Modernisierung“ (S. 78) trotz erheblicher Beharrungsversuche konservativer Kreise. Österreichische Umfrageergebnisse lassen sich unter Berücksichtigung jeweiliger Besonderheiten anderer Länder durchaus als typisch für West- und Mitteleuropa einschätzen. Schließlich gehören Partnerschaftsprinzip und Gleichberechtigung von Mann und Frau inzwischen zu den säkularen Basiswerten, wie besonders im Arbeitskreis über Familienkonzepte betont wurde.
II.  Die sieben Arbeitskreise (AK) repräsentierten die Vielfalt der diskutierten Beiträge. Hier seien nur einige Schwerpunkte herausgehoben, ohne auf die Impulsgeber im Einzelnen einzugehen. Im AK „Moderne Familienkonzepte, Familienrecht und Religion“ (1) standen neben Fragen der Rechtsgeschichte das islamische Familienrecht mit seinen praktischen Auswirkungen – gerade im Blick auf Österreich – im Zentrum. Dies wurde besonders beim Thema Jungen-Beschneidung deutlich. Das zeigt die Debatte um die Strafbarkeit dieses Eingriffs und die inzwischen geltende Rechtssicherheit in Deutschland seit 2013 (S. 110ff, Thomas Schoditsch, Universität Graz). Im Grunde noch heiklere Themen behandelte der AK „Blasphemie!“ (2). Nicht nur Russland anlässlich der Aktionen der Gruppe Pussy Riot kam in den Fokus, sondern auch die Schieflage der Blasphemiegesetze in der Türkei zugunsten des Islam und gegen die anderen Religionen. Allerdings haben auch Europa und die USA angesichts von Redefreiheit und öffentlichem Protest Probleme. Das gilt für die sog. Hassprediger und Beleidiger im Zusammenhang mit dem Blasphemieverständnis, aber auch für öffentliche Proteste an Orten, die sich als Schauplatz besonders medienwirksam eignen. Die zurückhaltenden polizeilichen und strafrechtlichen Reaktionen, die das Kölner Domkapitel immer wieder bei Gottesdienststörungen zeigte, mögen hier als pragmatischen Lösungsansatz dienen. Das Thema Jungen-Beschneidung wurde schon im Rahmen des AK über Familienrecht angesprochen und tauchte wieder unter der Vorgabe des Selbstverständnisses der Gläubigen auf. Hier muss der nicht leichte Ausgleich zwischen Kindeswohl und Elternrecht getroffen werden. Den Schwerpunkt auf den Islam legte der AK „Religionsfreiheit im Strafrecht“ (3). Die Gerichte und Urteilsbegründungen der Richter stehen allerdings vor besonderen Schwierigkeiten, wenn es um die religiös begründete (Voll-)Verschleierung oder religiös bekräftigte Eidesformeln geht. Aber auch beim Zeugnisverweigerungsrecht von Seelsorgern einer Religionsgemeinschaft sind um der Strafaufklärung willen die Grenzen dieses Rechts besonders auszuloten. Am Beispiel einer Demonstration mit Djihad-Flaggen kommt die Typik für westliches Rechtsdenken zum Ausdruck: Es muss nämlich immer die anti-demokratische und ggf. auch terroristische Motivation nachgewiesen werden (S. 164).
Nicht minder schwierige Fragen hatte der AK „Staat Macht Religion – Religion Macht Staat“ (4) zu bewältigen. Die Wechselfälle dieser Spannungsbögen zeigt die Rechtsgeschichte. Sie wurde hier an Neuerungen im Staatskirchenrecht im Blick auf das neue „Israelitengesetz“ und im Kontext der (österreichischen) „Kirchenverträge“ verdeutlicht. Der AK „Verfassungsrechtliche und politikwissenschaftlichen Aspekte des Verhältnisses von Religion und Recht (5) zeigte die Zurückhaltung von Rechtsäußerungen in der Europäischen Union, wenn es um Religion geht. Das hängt damit zusammen, dass die EU keine eigene Religionsidee entwickelte. Und noch einmal taucht die Jungenbeschneidung auf, dieses Mal in europa- und völkerrechtlicher Perspektive, und zwar im AK „Religionsfreiheit“ (6), der unter dem Gesichtspunkt des Schutzbedürfnisses von Gläubigen dazu Entscheidungen und Tendenzen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg und internationales Recht in den Blick nahm. Weiter individuelle und gesellschaftliche Beispiele in diesem Kontext waren islamische Bekleidungsvorschriften und die Geltung der (kooperativen) Religionsfreiheit im Arbeitsrecht bis hin zu Feiertagsregelungen. Die letztere wurde erst im
AK „Religion/Religionsgemeinschaft/Kirche und Arbeitsrecht(7) verhandelt. Hier ging es länderspezifisch um Österreich und die Türkei mit Blick einerseits auf die Ausübung religiöser Praxis und andererseits um die „Erbringung einer Arbeitsleistung“ beim Arbeitgeber (katholische) Kirche oder einer anderen Religionsgemeinschaft. Weil Kirchen und Religionsgemeinschaften sehr stark durch ehrenamtliches Engagement geprägt sind, muss man u.U. das Verhältnis Arbeitgeber – Arbeitnehmer anders beurteilen als in säkularen Einrichtungen. Es muss allerdings auch bedacht werden, warum die Kirchen den Streik für ihre MitarbeiterInnen ablehnen.
 III.  Schließlich werden die Ergebnisse der Arbeitskreise im Buch zusammenfassend präsentiert. Die Stimmungslage in den recht facetteneichen und lebhaften Diskussionen ist offensichtlich durch herausragende Einführungen der AK-Referenten geprägt worden. Sie markieren recht unterschiedlich die keineswegs einfache Balance von demokratischem Staat und Religion(en) bzw. öffentlich wirkender Glaubenstradition. Im AK „Verfassungsrechtliche und politikwissenschaftliche Aspekte“ scheint mir das sehr schön auf den Punkt gebracht zu sein: „Es kann … weder um die Wiederaufnahme noch Zulassung vorneuzeitlicher religiöser Missionierungsversuche mit jeweils absolut gesetztem Wahrheitsanspruch noch um die Etablierung einer staatlich verordneten >Zivilreligion< gehen. Vielmehr bedarf es einer Ausgestaltung des Religionsrechts, das Religion im öffentlichen Raum weder aggressiv ablehnt noch >tolerant< ignoriert, sondern ein >religionsfreundliches Trennungskonzept< im Bewusstsein dessen verwirklicht, dass auch der liberal-demokratische Staat … nicht selbst die Werteressourcen generieren kann, die er für sein Funktionieren und damit das Zusammenleben der Menschen, die guten Willens sind, bedarf …“ (S. 290).
Bilanz: Mit der Aufbereitung der Ergebnisse aus dem 9. Rechtswissenschaftlichen Fakultätstag der Universität Graz ist der Spannungsbogen von Staat und Religion so abgeschritten worden, dass zum einen die verschiedenen Entwicklungen des Religionsrechts zur Sprache kamen; zum andern kann im Zusammenhang mit dem Islam für die Leser/innen manches Vorurteil über das islamische Recht und die Scharia positiv korrigiert werden. Insgesamt ist durch die Verbindung von Rechtstheorie und religiöser Praxis bei der Darstellung durch die Mitwirkenden faktisch ein Orientierungsbuch entstanden. Von hier aus bietet es sich an, auch weiter anstehende Fragen im Sinne einer Werteordnung zu lösen, die auf der Basis des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates steht und sich zugleich kompatibel mit religiös geprägten Rechtsvorstellungen zeigt. Insofern bietet dieses Buch wichtige Anreize für die weitere Ausgestaltung des Rechts in multikulturellen und multireligiösen Gesellschaften.

Reinhard Kirste
Rz-Schleifer-Staat+Religion, 26.04.15


Freitag, 24. April 2015

Gotteshäuser der Religionen entdecken

Der Münsteraner Religionspädagoge Clauß Peter Sajak gibt dem interreligiösen Lernen seit Jahren intensive Impulse, besonders was die drei monotheistischen Religionen betrifft. Mit Unterstützung der Herbert Quandt-Stiftung hat er, zusammen mit zwei Pädagoginnen  (Ann-Kathrin Muth und Angelika Pantel) didaktisches Material herausgebracht:  
Trialogisch Lernen. Bausteine für interkulturelle und interreligiöse Projektarbeit (Seelze 2010).
Dem folgte das trialogische Praxisbuch: Kippa, Kelch, Koran. Interreligiöses Lernen mit Zeugnissen der Weltreligionen. (München 2010, Rezension: hier).
Zusammen mit Ann Kathrin Muth  entwickelte er Standards für das trialogische Lernen (Bad Homburg 2011), um so interkulturelle und interreligiöse Kompetenzen in der Schule zu fördern. Die inzwischen gemachten Erfahrungen werden nun weiter konkretisiert mit der Heftreihe "Lernen im Trialog", dessen erste Nummer auf die Gottesdienst- und Gebetsorte von Judentum, Christentum und Islam ausgerichtet ist. Studierende der TU Dortmund haben sich mit diesem Heft intensiv beschäftigt und die Möglichkeiten für den Unterricht bedacht:
Clauß Peter Sajak
(Hg. zusammen mit einem kompetenten Team aus der Schulpraxis und der Wissenschaft):
Gotteshäuser. Entdecken - Deuten - Gestalten. Sekundarstufen I und II.
Lernen im Trialog. Ein Projekt der Herbert Quandt-Stiftung. 
Paderborn: Schöningh 2012, 95 S., Abb., Bausteine, Anregungen
--- Ausführliche Beschreibung und Quintessenz: hier --- 

Die Bedeutung für die interreligiöse Lern-Praxis mit der klaren Schüler-Orientierung zeigt sich insbesondere in der Lernstruktur, nämlich Entdeckungen in den Gotteshäusern selbstständig zu machen, entsprechend zu vertiefen und weiter zu vermitteln. Gerade diese eigenständigen Lernmöglichkeiten der Schüler machen dieses Heft zu einer sehr empfehlswerten Unterrichtshilfe.

Schon 2011 hatte Sajak "trialogisches" Lernen in einem Praxisbuch konkret erarbeitet:
Clauß Peter Sajak: Kippa, Kelch Koran. Interreligöses Lernen mit Zeugnissen der Weltreligionen. Ein Praxisbuch. München: Kösel 2010, 287 S.  --- Rezension hier ---

Mit ähnlichen Intentionen und hilfreichen Praxisbezügen erschien übrigens 2005:
Christina Brüll / Norbert Ittmann / Rüdiger Maschwitz / Christine Stoppig:
Synagoge - Kirche - Moschee

Kulträume erfahren und Religionen entdecken.
München: Kösel 2005
--- Rezension hier ---