Freitag, 30. November 2018

Das Vaticanum II und die universale Offenbarung --- interkulturelle Dialogprozesse in Afrika

Rodrigue M. Naortangar SJ

Offenbarung interkulturell

Die dogmatische Konstitution
 „Dei verbum“ im Dialog
mit dem Christus-Modell
von Fabien Eboussi Boulaga

Salzburger Theologische Studien
interkulturell - 20
Salzburger Theologische Studien - 60

Innbruck-Wien: Tyrolia 2018, 388 S.
--- ISBN 978-3-7022-3686-1 ---

Verlagsinformation
Ist die christliche Offenbarung universal?

Im Zeitalter der Globalisierung tritt die Frage, inwiefern dem Offenbarungsbegriff der katholischen Kirche Rechnung getragen und zugleich die kulturelle Pluralität berücksichtigt werden kann, immer tiefer in das theologische Bewusstsein ein. Der Verfasser ist der Meinung, dass der Offenbarungsbegriff erst in einem interkulturellen Dialogprozess universal formuliert werden kann, der „Katholizität“ nicht als Verbreitung einer kulturellen Tradition versteht, sondern als einen eschatologischen Horizont, in dem unterschiedlich kulturell geprägte Verständnisse von Offenbarung miteinander ins Gespräch gebracht werden. 
Der Verfasser setzt sich sodann für eine interkulturelle Ausrichtung des Offenbarungsverständnisses des Zweiten Vatikanischen Konzils ein, um daraus Erkenntnisgewinne für die katholische Kirche zu ziehen.
Dafür nimmt er das atypische Offenbarungsverständnis des kamerunischen Theologen und Philosophen
  Fabien Eboussi Boulaga (1934-2018) in Anspruch und verwendet es als Kontrast zur Offenbarungslehre des 2. Vatikanischen Konzils.

Zum Autor: RODRIGUE M. NAORTANGAR SJ, geb. 1979 im Tschad trat 1999 in die Gesellschaft Jesu (SJ) ein. Es folgte ein Studium der Philosophie an der Faculté de Philosophie Saint Pierre Canisius in Kinshasa/Kongo und der Theologie am Institut de Théologie de la Compagnie de Jésus (ITCJ) Abidjan in Abidjan/Elfenbeinküste.
2016 schloss er an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt/ Main seine Promotion zum Dr. theol. mit der hier vorliegenden Dissertation
 im Fach Dogmatik ab. Zusätzlich absolvierte er noch einen Masterstudiengang am Institut für Ethnologie der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität Frankfurt.
Seit 2015 lehrt Naortangar Theologie am Theologischen Institu der Gesellschft Jesu in Abidjan.

Vgl. auch zum Thema:

Offenbarung interkulturell



Donnerstag, 22. November 2018

Faszination und Religiosität virtueller Welten - Möglichkeiten für den Unterricht

Ulrich Vaorin / Christian Goos
Michael Landgraf:
Science-Fiction
im Religionsunterricht.
Materialien zu Film
und Literatur für Klasse 9-13

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
2018, 64 S., 28 Abb.
ISBN 978-3-525-70256-7

Unterrichtsentwürfe mit Texten, Quellen, Materialien und Lösungen

10 Einheiten für die Sekundarstufe I
und die Oberstufe

Science Fiction spielt in den Medien eine große Rolle. Viele Jugendliche sind begeistert von dem, was in den virtuellen Welten geschieht. So verwundert es nicht, dass diese Thematik im Religionsunterricht verstärkt aufgegriffen wird. Drei kompetente Autoren haben darum das vorliegende Heft entwickelt: Ulrich Vaorin, Diplompädagoge und Medienreferent des ev. Kirchenkreises Iserlohn, Christian Goos, Lehrer für Deutsch und Ev. Religion an einem Gymnasium in Hemer und Michael Landgraf, Leiter des Religionspädagogischen Zentrums der Evangelischen Kirche  der Pfalz in Neustadt-Weinstraße
Die Autoren möchten hier nicht nur Materialien und Unterrichtsentwürfe vorstellen, sondern Kompetenzen und Standards für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe I und II herausarbeitenDas geht bis dahin, dass sie Leitfragen und Aufgaben im Rahmen der Einheitlichen Prüfungsanforderungen im Abitur in der Sekundarstufe II (EPA) in die Arbeitsblätter einbezogen haben. 
So bietet dieses Materialheft angesichts der Fantasy-Themenfülle einen notwendigerweise ausschnitthaften Überblick zu Science-Fiction-Filmen und Science-Fiction-Literatur, aber  -  und das ist entscheidend: Die Grundsatzüberlegungen und Materialien sind "aufbereitet" für die Unterrichtspraxis. Darum werden bei der Darstellung wichtige Themenbereiche angesprochen, die zu den Schwerpunktthemen der entsprechenden Curricula gehören. Sie betreffen die Theologie einerseits und ethische Fragen andererseits.
Natürlich ist hier die Kreativität der Lehrenden gefragt, die die Materialien als Einstieg und Vertiefungsmedium einsetzen wollen. Von daher können die Schüler/innen sich leichter mit den Hintergründen und Intentionen, besonders der Filme bzw. der Serien orientierend beschäftigen. Ein gewisser Vorzug für die gemeinsame Unterrichtsarbeit könnte auch darin liegen, dass ein Teil der Schüler/innen die zu besprechenden Filme schon kennen. Das Besondere nun ist, dass in den Beiträgen die religiösen Komponenten des jeweiligen Films besonders hervorgehoben werden. Hier zeigt sich bereits, wie die "Macher" der Filme nicht selten auf literarische Vorbilder zurückgreifen bzw. in zuweilen eigenwilliger Tendenz die literarischen Vorlagen medial umsetzen.
Darum ist es ergänzend hilfreich, dass die Autoren neben den audio-visuellen Medien weitere literarische Beispiele herangezogen haben. So wird deutlich, dass eine beachtliche literarische Vielfalt die filmischen Transfers der Träume, Ängste und Zukunftsvisionen beeinflusst.

Der Inhalt des Heftes ist nun so aufgebaut, dass zuerst mögliche Zugänge im Kontext von  Science-Fiction und Religion im Blick auf die Sekundarstufe  Sek I/II bedacht werden und dann die jeweiligen Beispiele - gewissermaßen nach Themenfeldern sortiert folgen:



  • Akte X. Die unheimlichen Fälle des FBI: "I want to believe" als Schlüsselmotiv dieser amerikanischen Mystery- und Science-Fiction-Serie nutzt u.a. Verschwörungstheorien. Sie erlauben es, den Einfluss von Außerirdischen auf die irdischen Politiker "nachzuweisen". Damit gewinnt das Überirdische Raum, das letztlich auf Wissen verzichtet und im Glauben letztgültige Wahrheit findet.
     
  • Star-Trek. The Next Generation: Die Veränderungen im Menschenbild - der neue Mensch, eine Variante des Homunculus bei Goethes Faust, diese uralte (z.T. beängstigende) Vision  erlebt in Androiden und Roboter einen neuen Aufschwung. Dass sich dabei bisherige Gottesbilder verschieben und Gott sowohl im Mikrokosmos wie im Makrokosmos auch frag-würdige "Gestalt" annimmt, liegt auf der Hand. Es sind Ereignisse, die in unterschiedlichen Zeitrahmen sowohl Schöpfung wie Weltende thematisieren und versuchen, das Wesen des Menschlichen im Himmel zu orten. Dort wartet eine Art Christus-Messias auf seine Wiederkehr. Allerdings ist erstaunlich, wie wenig mystische Gottesverständnisse eine Rolle spielen. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass die Mystiker die Orientierung an den Bildern weitgehend hinter sich gelassen haben. "Die Religion blendet Roddenberry [der Drehbuchautor] zwar aus der Welt der Menschen größtenteils aus ... jedoch finden sich religiöse Ansätze bei zahlreichen anderen Spezies. Klingonen verehren Kahless, den größten Krieger, der im Jenseits wartet und eines Tages zurückkehren wird, um die Klingonen zu vereinen und zu erlösen. Die Bajoraner verehren Propheten ... Für Ferengi nimmt das Geld die Rolle einer Religion ein" (S. 8).
  • Real Humans - Echte Menschen -  Präsentation einer alternativen Realität
    Der Mitautor Ulrich Vaorin betont hier die deutlich anthropologische Ausrichtung und weniger die in anderen Serien stärker zur Sprache und ins Bild kommende Kampfmentalität. Er sieht eine Art "Bodenhaftigkeit", die sich auch bei Arrival zum Thema Fremdenhass zeigt und bei Star Trek mit eingebunden ist. Auch bei der
     
    Star-Trek-Voyager -Folge zur Frage nach Sterben und Tod  wird dieses "Menschliche" thematisiert. 
    "Die Serie beansprucht ja nichts anderes, 
    als die Wirklichkeit zu spiegeln und die aktuellen Fragen aus der literarischen/filmischen Distanz zu betrachten. So würde ich auch nicht ganz korrespondieren mit den ausschließlich
    "kampforientierten" Modellen der Erlösung in der Serienfolge. Während die Analyse
    sicher für Star Wars und Tribute von Panem zutrifft, sehe ich z.B. gerade bei
    "Arrival" und "Star Trek" eher spirituelle und an höheren Werten sich orientierende Angebote zur >Menschwerdung<" (Ulrich Vaorin). 
  • Arrival (nach der Kurzgeschichte "Story of Your Life") thematisiert im kosmischen Rahmen Lebenserfahrungen von Trennung und Wiederbegegnung, Angst und Hoffnung.
  • Die Tribute von Panem - Mockinjay 1 + Mockingjay2 :
    Der hier nur behandelte Teil 2 von Mockingjay zeigt, wie junge Leute gegen ein Menschen verachtendes System ankämpfen, um die Welt im Sinne einer besseren Moral zu befreien.
  • Star-Wars (Episode IX erscheint 2019):

    Star-Wars Kulissen in der tunesischen Sahara (Wikipedia)
    Hier werden alte Mythen und verschiedene Wesenselemente der fernöstlicher Religionen aktiviert, und zwar unter dem Schlüsselmotiv der Macht, die das Universaum durchdringt. Die helle und dunkle Seite wird durch die Kampfes-Geschichten der
    Jedi-Ritter für ihren Orden zum Ausdruck gebracht. Die christliche Kreuzzugsmentalität lässt grüßen, wird aber durch ein asiatisches Ganzheitsprinzip (im Sinne von Brahman bzw. des Chi) als Versöhnungskraft in die Balance einer letztlich kosmischen Harmonie gebracht. 
  • Battlestar Galactica (2004-2009): Was sich hier im Weltraum abspielt, ist letztlich eine Spiegelung religiöser Erd-Verhältnisse mit religiösen Absoluheitsansprüchen und Fundamentalismen, die potenzierte Gewalt erzeugen. Hier sind es von Menschenhand geschaffene Androiden, die gegen ihre Schöpfer Krieg führen und sie fast vollständig vernichten, ... bis schließlich eine kleine Gruppe von rechtzeitig (mit dem Raumschiff "Galactica") Geflohenen das Ruder doch noch herumreißen kann.
Die einzelnen Filme und Film-Episoden haben jeweilige Schwerpunkte in der Spannung von Bedrohung und Befreiung. Sie prägen m.E. jedoch alle Varianten des gesamten Genres der Science-Fiction-Filme. Da erleben die alten Mythen ihre Wiederauferstehung in neuen Gewändern. Die Eschatologie spitzt sich immer wieder apokalyptisch zu - und besonders gern militärisch fantasiereich. Bei allen kosmisch-dramatischen hochgefahrenen "actions"  bleiben aber Befreiung und  Erlösung die Leitmotive angesichts von Angst, Chaos und Bedrängung. 
Denn Heil und Erlösung in seelisch-mikrokosmischen und universal-makrokosmischen Zusammenhängen betreffen das Wesen des Menschen in seinem innersten Kern. Selbst hinter den wildesten Kriegsszenen wird nicht nur um kurzfristiges Glück gestritten, sondern letztlich um das Seelenheil des Menschen in all seiner Begrenztheit. Durch die Zuspitzung auf den klassischen Dualismus von Gut und Böse lässt sich ein Stück ewige Glücks-Hoffnung zwar im Film präsentieren, aber bereits im Alltag der Zuschauenden nicht verwirklichen.
Das Science-Fiction-Genre ist mit seiner oft kampforientierten Fantasie auf die Befreiungs- und Erlösungsbedürftigkeit des Menschen fokussiert. Damit macht es erstaunlicherweise präzise auf irdische Begrenzungen aufmerksam. Diese Zusammenhänge auch im Unterricht der Schule zu erarbeiten, erscheint ausgesprochen sinnvoll, gerade angesichts der Begeisterung vieler Jugendlicher für diese Film-Serien.

Montag, 19. November 2018

Aspekte der Reformationsgeschichte in der ehemaligen Grafschaft Mark (aktualisiert)

Im Rahmen der Lehrerfortbildung erarbeitete 1988 eine Arbeitsgruppe zusammen mit dem Kreisarchiv des Märkischen Kreises und dem Stadtarchiv Iserlohn einen Band mit Dokumentationen und Nacherzählungen zu den Wirkungen der Reformation in der Grafschaft Mark. Diese Materialien sind besonders für Lehrerinnen und Lehrer in Geschichte, Politik und Religion gedacht.

Reformation zwischen Lenne, Volme und Ruhr. Reformationsgeschichte des Märkischen Kreises und seiner Umgebung an Beispielen.
Redaktion:
Reinhard Kirste, Rolf Dieter Kohl, Christa Schmitz 

Altena: Märkischer Kreis 1988, 238 S., Abb., Glossar, Literaturverzeichnis

 
Im Vorwort heißt es dazu u.a.:
"Wir hoffen, dass mit dieser Handreichung für den Unterricht Lehrer ermutigt werden, mit Schülern verstärkt die regionalgeschichtlichen Zusammenhänge der Reformationszeit aufzuarbeiten und ihre Wirkungsgeschichte bis in die Gegenwart zu bedenken. Gleichzeitig würden wir es begrüßen, wenn historisch interessierte Bürgerinnen und Bürger sich die Ergebnisse dieser Arbeit zunutze machen würden, um die geschichtliche Vielfalt in der ehemaligen Grafschaft Mark zu entdecken."


Inhalt:
1. Regionalgeschichte als Lernbereich - Einführung in das Projekt
2. Zur Reformationsgeschichte im Märkischen Kreis (Einführung)
3. - 9. Stadtbeschreibungen und Stadtgeschichten:
Iserlohn, Hennen, Altena, Menden, Meinerzhagen,
Lüdenscheid, Kierspe, Stift Herdecke

 


Eine vertiefte Orientierung auf die Kunst- und Architektur-Geschichte im Märkischen Kreis ermöglicht dieses 1983 erschienene Buch:

Ulrich Barth / Elmar Hartmann / August Kracht: Kunst- und Geschichtsdenkmäler im Märkischen Kreis. Veröffentlichungen des Heimatbundes Märkischer Kreis. Balve: Zimmermann 1983, 752 S., Abb., Glossar, Künstlerregister

Stadtbeschreibungen:
Altena, Balve, Halver, Hemer, Herscheid, Iserlohn, Kierspe, Lüdenscheid, Meinerzhagen, Menden, Nachrodt-Wiblingwerde, Neuenrade, Plettenberg, Werdohl


Eine systematische Aufarbeitung im Blick auf die relativ spät zur Wirkung kommende Reformation in Westfalen bietet der Kirchenhistoriker
und Spezialist für Westfälische Landesgeschichte:

--- Werner Freitag: Die Reformation in Westfalen.
Regionale Vielfalt, Bekenntniskonflikt und Koexistenz.

Münster: Aschendorff  2016, 383 S.  --- 
Details: hier   

--- Stefan Pätzold / Felicitas Schmieder (Hg.):
Die Grafen von der Mark.
Neue Forschungen zur Sozial-, Mentalitäts- und Kulturgschichte. Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, Bd. 41. Münster: Aschendorff 2018, 171 S., Abb.


Die Varnhagensche Bibliothek in Iserlohn mit ihren ca. 1500 Bänden zeichnet sich besonders durch ihre Bestände aus dem 15.-18. Jahrhundert aus; darunter sind auch frühe Drucke von Reformationsschriften.

   


Ein Stadtrundgang in Iserlohn






Samstag, 10. November 2018

Lernorientierungen: Die 4 Dimensionen der Bildung ---- The 4 Dimensions of Education (aktualisiert)




Charles Fadel / Maya Bialik / Bernie Trilling:

Die vier Dimensionen der Bildung: Was Schülerinnen und Schüler im 21. Jahrhundert lernen müssen 

Hamburg: ZLL21, 2017, 217 S. 

= Center for Curriculum Redesign (CCR)  und 
- Zentralstelle für Lernen und Lehren im 21. Jahrhundert e.V.
 --- Internet: www.ZLL21.de 

--- ISBN 978-3-9818942-0-2 ---

Was ist in den Schulen heute anders als vor 100 Jahren? Nicht viel!
Am gegenwärtigen Bildungssystem gibt es einiges zu kritisieren. Wir alle denken, dass Wissen über digitale Technologien und neue Zusammenhänge vermittelt werden muss. Bestehende Inhalte brauchen einen erneuerten Kontext und es gibt aktuelle Anforderungen an Lehrende und Lernende. 
 „Das Buch ’Die vier Dimensionen der Bildung’ bietet erstmals ein klares und praxistaugliches organisatorisches Framework für die Kompetenzen, die wir für dieses Jahrhundert brauchen.“ sagt Andreas Schleicher, Direktor für Bildung bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Herausgeber des Buches ist das Center for Curriculum Redesign (CCR). Dieses beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, was Schüler für das 21. Jahrhundert im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz und Robotik lernen sollen. Die deutsche Übersetzung erfolgte im Namen der ZLL21 e.V. – Zentralstelle für Lernen und Lehren im 21. Jahrhundert.
Das Buch beschreibt vier Dimensionen der Bildung, nämlich 
Wissen, Skills, Charakter und Meta-Lernen.
Bereits im Vorwort von Andreas Schleicher erhält man ein Verständnis dafür, warum es wichtig ist, die Inhalte der Bildung „neu zu denken“.
Früher konnten wir davon ausgehen, dass Schüler in der Schule für ihr gesamtes Leben vorbereitet wurden. Heute jedoch müssen wir sie dafür rüsten, sich mit zukünftigen Problemen zu befassen, die uns allen noch unbekannt sind. Momentan haben wir Lehrpläne, die immer umfangreicher werden. Dabei ist heute so viel an Wissen verfügbar, dass keiner mehr als nur einen Bruchteil davon lernen kann.
Das Buch wird als „ganzheitliches Curriculum’“ bezeichnet, welches verschiedene Bildungsziele „ausbalanciert und unter einem Dach vereinigt“. Es zeigt auf, wie neben den elementaren Fächern Raum für modernes Wissen geschaffen werden kann und wagt sich an die Beschreibung einer tief gehenden Neugestaltung.
Aufgrund der systematischen Herangehensweise erscheint dem Leser
plötzlich alles ganz klar:
Man überarbeitet Lehrpläne sukzessive und entfernt entbehrliche Einheiten. Wissenslandschaften werden definiert und übergeordnete Themen in traditionelle und moderne Wissensbereiche mit entsprechenden Lernergebnissen aufgegliedert. Die Autoren erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit ihrer Übersicht, sondern der Leser wird herzlich zu entsprechendem Feedback bezüglich möglichen zu ergänzenden fächerübergreifenden Wissensfeldern eingeladen.
Des Weiteren werden vom CCR Querschnitts-Themen definiert, die sich sowohl über moderne als auch durch traditionelle Fächer in verschiedenen Ländern und Kulturen ziehen.
Das Buch bietet zusätzlich den „CCR Wissens-Framework auf einen Blick“ mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es hier eine ständige Weiterentwicklung geben wird.
Das Buch macht Mut!
Weil hier endlich mal jemand anfängt, eine Struktur für etwas zu geben, was noch lange nicht fertig gedacht werden kann, da wir uns in einer ständigen Umgestaltung befinden.
Die Publikation erklärt auch, wie Wissen und Fähigkeiten sich im Lernprozess gegenseitig verstärken. Etwas schade ist es, dass sowohl bei der Online-Version als auch bei der gedruckten Ausgabe viele Tabellen kaum lesbar sind. So zum Beispiel auch die hervorragende Übersicht der Skills Map auf Seite 125, welche die Überschneidungen von beiden Elementen beispielhaft deutlich macht. Es sind jedoch bei vielen Übersichten die entsprechenden Links angegeben, wodurch sich das Problem relativiert.
Das CCR konzentriert sich in seiner Erläuterung der Fähigkeiten auf die 4K-Skills:  Kreativität, kritisches Denken, Kommunikation und Kooperation/Kollaboration und bietet auf diesem Weg eine allgemein geforderte Vereinfachung zu diesem Thema, ohne jedoch bei den Einzelbeschreibungen auf die ausführliche Beleuchtung der jeweiligen Wichtigkeit für das 21. Jahrhundert zu verzichten. Sehr hilfreich ist auch die praxisbezogene Darstellung der Anwendungsmöglichkeiten von verschiedenen Lernaktivitäten. Fähigkeiten beziehungsweise Skills umschreiben unser Vermögen, Wissen sinnvoll zu nutzen.
Neben Skills und Wissen ist der weitere Begriff Charakter ein Bestandteil der im Buch beschriebenen Bildungsziele. Charakter ist nicht gleichzusetzen mit Persönlichkeit, sondern definiert sechs wesentliche Eigenschaften, die veränderbar sind. Auch hier gelingt dem CCR eine vereinfachte und trotzdem verfeinerte Darstellung, und es verzichtet gleichzeitig ganz bescheiden auf den Anspruch der Vollständigkeit, obwohl die Anzahl der aufgeführten Quellen sowie eine in 2014 durchgeführte Lehrerbefragung vermuten lässt, wie viel Arbeit in dieser Übersicht steckt.
Besonders schön sind die sich über das gesamte Werk erstreckenden Zitate. Das Kapitel über den vierten und letzten Begriff, nämlich das Meta-Lernen wird eingeleitet durch das Zitat:
 “Die Analphabeten des 21. Jahrhunderts werden nicht diejenigen sein, die nicht lesen und schreiben können, sondern diejenigen, die nicht lernen, verlernen und neu lernen können“- der Psychologe Herbert Gerjuoy zitiert von Alvin Toffler.
Hier wird das Thema Lernen lernen insbesondere unter dem Aspekt der Anwendung von Transferleistungen sowie der Reflexion über die Möglichkeiten zur ständigen Weiterentwicklung dargelegt.
Zum Schluss beschreiben die Autoren die Möglichkeiten einer Rückmeldung zwischen Schulen und staatlichen Stellen, um zu verdeutlichen, wie die Umsetzung der Bildungs-Neugestaltung erfolgen kann. Last but not least werden die Einsatzmöglichkeiten von digitalen Medien im Unterricht mit ihren Vor- und Nachteilen diskutiert.
Der letzte Abschnitt des Buches lautet: „Wir können uns keine größere Herausforderung und keine spannendere Reise vorstellen, als bei der Neugestaltung von Bildungszielen und Lernerfahrungen zu helfen, die alle Schülerinnen und Schüler auf ihre Zukunft vorbereiten und sie dazu befähigen, eine bessere Zukunft für uns alle zu schaffen. Wir haben die Hoffnung, dass Sie unsere Begeisterung teilen und mit uns an diesem Abenteuer teilnehmen wollen, das mit einer ganz einfachen Frage begann: Was müssen Schülerinnen und Schüler für das 21. Jahrhundert lernen?“
Meine klare Antwort: Aber natürlich bin ich mit Begeisterung dabei - das Werk ist eine Inspiration und praktische Unterstützung für alle, die sich mit dem Thema Bildung beschäftigen!

Anmerkung zur Religion im Kontext der 4 Dimensionen der Bildung
Eine Veröffentlichung speziell zu Fragen der religiösen Erziehung ist das vorliegende Buch nicht - es enthält aber eine Fülle von Anregungen für verschiedenste Publikationen.
Religiöse / ethische / philosophische Bildung würde ich unter einer der 4 Dimensionen, nämlich ‚Wissen‘ verorten. Insofern sind Aspekte dazu auch hieraus individuell ableitbar.


English version
What is different in schools today from 100 years ago? Not much!
There is a lot to criticize about the current education system. We all think that knowledge about digital technologies and new coherencies must be conveyed. Existing content needs a renewed context and there are current demands on teachers and learners.
The four dimensions of education.
What pupils need to learn in the 21st century,
by Charles Fadel, Maya Bialik, Bernie Trilling.
German translation by J
öran Muuß-Merholz.
--- ISBN 978-3-9818942-0-2 ---
„Four-dimensional education provides a clear and actionable first-of-its-kind organizing framework of competencies needed for this century. Its main innovation lies in not presenting yet another one-size-fits-all list of what individuals should learn, but in crisply defining the spaces in which educators, curriculum planners, policymakers and learners can establish what should be learned, in their context and for their future.”
Andreas Schleicher, Director of Education and Skillsm OECD
The book is published by the Center for Curriculum Redesign (CCR). Among other things, the CCR deals with the question of what students should learn for the 21st century in the age of artificial intelligence and robotics. The German translation was done in the name of ZLL21 e.V. - Zentralstelle für Lernen und Lehren im 21. Jahrhundert.
The book describes four dimensions of education,
namely
knowledge, skills, character and meta-learning.
Andreas Schleicher's foreword has already given an understanding of why it is important to "rethink" the contents of education.
In the past, we could assume that pupils in school were prepared for their entire lives. Today, however, we need to equip them to deal with future problems that are still unknown to us all. At the moment we have curricula that are becoming more and more extensive. Today there is so much knowledge available that no one can learn more than only a part of it.
The book is described as a "holistic curriculum" which "balances and unites different educational goals under one roof". It shows how space can be created for modern knowledge in addition to the elementary subjects and dares to describe a profound redesign.
Due to the systematic approach, everything suddenly becomes clear to the reader:
Curricula must be successively revised and dispensable units have to be removed. Knowledge landscapes are defined and superordinate topics are subdivided into traditional and modern knowledge areas with corresponding learning outcomes. The authors make no claim to the completeness of their overview, since the reader is cordially invited to give appropriate feedback regarding possible interdisciplinary fields of knowledge to be supplemented.
In addition, the CCR defines cross-cutting topics that cover both, modern and traditional subjects in different countries and cultures.
The publication also offers the "CCR Knowledge Framework" with the explicit indication that there will be continuous further development.
The book is encouraging!
Because here finally someone starts to give a structure for something that cannot be thought of as finished for a long time, while we are in a constant transformation.
The text also explains how knowledge and skills reinforce each other in the learning process. It is a pity that many tables are hardly readable in the online version as well as in the printed version. For example, also the excellent overview of the Skills Map on page 125, which illustrates the overlaps of both elements. However, the corresponding links are given for all overviews, which minimizes the problem.
The CCR concentrates on the 4K skills creativity, critical thinking, communication and cooperation/collaboration in its explanation of the abilities and offers in this way a generally demanded simplification to this topic, without abandoning the individual descriptions of the respective importance for the 21st century. Very helpful is also the practically oriented presentation of different learning activities. Skills describe our ability to use knowledge reasonable.
In addition to skills and knowledge, the term character is a further component of the educational goals described in the book. Character is not to be equated with personality, but defines six essential and changeable characteristics. Here, too, the CCR succeeds in providing a simplified and yet refined presentation, while at the same time modestly dispensing with the claim of completeness, although the number of sources listed as well as a teacher survey carried out in 2014 leads us to suppose that there is much work in this overview.
All quotations extending over the entire work are most notably.
The chapter on the fourth and last term, namely meta-learning, is introduced by the following quote:
 "The illiterates of the 21st century will not be those who cannot read and write, but those who cannot learn, unlearn and re-learn" - the psychologist Herbert Gerjuoy quoted by Alvin Toffler (translated from the German book).
The topic "learning to learn" is presented in particular under the aspect of the application of transfers as well as the consideration of the possibilities for continuous further development.
Finally, the authors describe the possibilities of feedback between schools and government agencies in order to clarify how the implementation of educational restructuring can take place.
Last but not least, the possible uses of digital media in teaching are discussed with their benefits and disadvantages.
The final section of the book states: "We cannot imagine a more challenging and exciting journey than helping to redesign educational goals and learning experiences that prepare all students for their future and enable them to create a better future for all of us. We hope that you will share our enthusiasm and want to join us in this adventure that began with a simple question: What do students have to learn for the 21st century?“ (translated from the German book).
My clear answer: Of course I am enthusiastic about it - the work is an inspiration and practical support for all those involved in education!

Note on religion in the context of the 4 dimensions of education
This book is not a publication specifically on questions on religious education - but it contains a plenty of suggestions for various publications.

I would include religious / ethical / philosophical education under one of the
4 dimensions, namely 'knowledge'. In this respect, aspects of this can also be derived individually.
Sabine Gessenich
Unabhängige Bildungsexpertin, Ingelheim


Mehr zur Rezensentin: 
--- https://lernberatung-ingelheim.de/
--- https://sabine-gessenich.com/




Rz-Fadel-4Dimensionen-Bildung, 05.11.18