Muhammad Sameer Murtaza:
Schalom und Salam - Wider den islamisch verbrämten Antisemitismus
Frankfurt/M.: info3-Verlag 2018, 160 S.
ISBN 978-3-95779-085-9
Schalom und Salam - Wider den islamisch verbrämten Antisemitismus
Frankfurt/M.: info3-Verlag 2018, 160 S.
ISBN 978-3-95779-085-9
Der Politik- und Islamwissenschaftler Muhammad Sameer Murtaza gibt eine sehr kompakte Darstellung zur Historie des
Verhältnisses zwischen Juden und Muslimen. Die Darstellung beginnt
(natürlich) bei den Auseinandersetzungen zwischen Mohammed und seinen
Anhängern einerseits und jüdischen Stämmen/Sippen andererseits in
Yathrib, dem späteren Medina. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzungen,
nämlich die Vertreibung der drei wichtigsten jüdischen Stämme unter
Tötung vieler erwachsener Männer, wird sehr unterschiedlich
interpretiert: Manche sehen hier einen Beleg für eine grundlegende
Grausamkeit von Mohammed und den Muslimen, andere erklären den Vorgang
mit einem (drohenden?) Vertragsbruch dieser jüdischen Stämme während
einer für Mohammed und seine Anhänger bedrohlichen kriegerischen
Auseinandersetzung mit den Mekkanern.
Das Problem: Es gibt praktisch keine zeitgenössischen verlässlichen Berichte. Alle bekannten Darstellungen sind ein Jahrhundert oder mehrere Jahrhunderte später entstanden, dann schon deutlich überlagert von politischen Interessen der Autoren. Die heute eigentlich gesicherte historische Unklarheit hindert die Scharfmacher der Gegenwart – jüdische, christliche und muslimische – aber nicht daran, die grausame Variante der Erzählung für ihre jeweiligen Zielsetzungen zu nutzen.
Das Problem: Es gibt praktisch keine zeitgenössischen verlässlichen Berichte. Alle bekannten Darstellungen sind ein Jahrhundert oder mehrere Jahrhunderte später entstanden, dann schon deutlich überlagert von politischen Interessen der Autoren. Die heute eigentlich gesicherte historische Unklarheit hindert die Scharfmacher der Gegenwart – jüdische, christliche und muslimische – aber nicht daran, die grausame Variante der Erzählung für ihre jeweiligen Zielsetzungen zu nutzen.
Historisch
belegt ist jedoch, dass andere (kleinere) jüdische Stämme weiterhin in
Medina gelebt haben und dass Juden in der islamischen Welt bis ins
letzte Jahrhundert hinein in aller Regel deutlich besser behandelt
wurden als in der christlichen Welt. Die Annahme einer besonderen
muslimischen Feindschaft gegenüber Juden (oder auch umgekehrt) seit
Mohammed ist deshalb sicher falsch. Der Koran mit seinen vielen
Anknüpfungen an das Alte Testament und der Anerkennung der jüdischen
Propheten gibt auch keine geeignete Grundlage für eine allgemeine
Judenfeindlichkeit im Islam. Wenn, sind die Vorgänge in Medina somit
eher auf einen Machtkonflikt zurückzuführen.
Die
eigentlichen Ursachen für die heute oft leider zu beobachtende
Feindschaft zwischen Israelis und Arabern sieht Murtaza im letzten
Jahrhundert, wesentlich zu verantworten auch von den westlichen Ländern
(besonders Briten und Franzosen), die Palästina in getrennten Gesprächen
Israelis und Arabern für die Zeit nach dem 1. Weltkrieg versprochen
haben. Murtaza sieht da einen tragischen Konflikt: Einerseits kann er
verstehen, dass die Israelis nach Jahrhunderten mit Pogromen in Europa
bis hin zur Shoa ein eigenes gesichertes Land haben wollen. Andererseits
hat er auch Verständnis für die Araber (übrigens Muslime und
Christen), die nach rund 2000 Jahren Siedlung in Palästina nicht recht
einsehen, warum sie nun die Zeche für die Fehler der europäischen
Christen zahlen sollen. Murtaza bringt einige Gedanken, wie beide Seiten
aus diesem tragischen Konflikt herauskommen könnten. Den Widerstand
dagegen sieht er vor allem bei den zionistischen und arabischen
Fundamentalisten, also auf beiden Seiten.
Das Buch liefert Hilfen, um diesen Scharfmachern und damit der Ausbreitung von Antisemitismus und Islamophobie entgegenzutreten. Ich kann das Buch sehr empfehlen, zumal es eine kompakte zusammenfassende Darstellung ist und eine klare Linie erkennen lässt.
Das Buch liefert Hilfen, um diesen Scharfmachern und damit der Ausbreitung von Antisemitismus und Islamophobie entgegenzutreten. Ich kann das Buch sehr empfehlen, zumal es eine kompakte zusammenfassende Darstellung ist und eine klare Linie erkennen lässt.
Der Autor: Dr. Muhammad Sameer Murtaza, geboren 1981 in Oberwesel am Rhein, studierte Islamwissenschaft mit Schwerpunkt Islamische Philosophie und Politikwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit 2010 ist er als erster Muslim externer Mitarbeiter der renommierten Stiftung Weltethos von Prof. Dr. Hans Küng. Dort forscht er zum jüdisch-muslimischen Dialog, über Gewaltlosigkeit aus den Quellen des Islam sowie über Gegenwartsströmungen im Islam, insbesondere zur Salafiyya. Seit dem Wintersemester 2016/2017 wirkt er auch als Lehrbeauftragter am Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück.
Ulrich Waas, Erlangen
Vgl. ergänzend:
Nefvel Cumart / Ulrich Waas: Orient und Okzident – die andere Geschichte.
Das Fremde als kulturelle Bereicherung.
Buchreihe der Georges-Anawati-Stiftung, Bd. 14.
Das Fremde als kulturelle Bereicherung.
Buchreihe der Georges-Anawati-Stiftung, Bd. 14.
Freiburg/Br. u.a.: Herder 2017, 240 S.
Matthias Künzel: Islamischer Antisemitismus
(bpb , 30.04.2020)
(bpb , 30.04.2020)
Alfred Schlicht: Judenhas im Islam
„O ihr Juden – die Armee Muhammads wird zurückkommen“
Dier WELT, 17.01.2024
„O ihr Juden – die Armee Muhammads wird zurückkommen“
Dier WELT, 17.01.2024
Wie neue Medien alte Verschwörungsmythen befeuern.
Ostfildern: Patmos 2019, 208 S., Glossar
Rezension: >>> hier
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